Alexandra Keller, Schwarzbuch Agrargemeinschaften

Buch-CoverManchmal schafft es ein scheinbar kühles Sachbuch spielend, dass man als Leser doch etwas erregt wird und einem das Messer im Sack aufgeht, wie das im Volksmund heißt.

Im Schwarzbuch Agrargemeinschaften ist alles drin, was es als Zutaten für eine spannende Lektüre braucht, und schlimmer noch, es handelt sich um keine Fiktion sondern um ein Stück unter der Tuchent der Macht versteckte Tiroler Realität.

So ist alles vorhanden: kriminelle Energie, irdische Herrgottsgläubigkeit, Intrige, Geschichtsfälschung und handfeste Drohung gegen alle, die unter die Tuchent schauen.

Zu sehen gibt es ein abenteuerliches Stück sogenannter Bauernschlauheit. In den Fünfziger Jahren wurde unter Federführung des nachmaligen Landeshauptmannes Wallnöfer mit allerhand Tricks und schräger Kopfhaltung ein Großteil des Gemeindegrundes den Agrargemeinschaften überschrieben. Dabei wurde bewusst nicht zwischen Nutzung und Eigentum unterschieden. Plötzlich hatten ein paar Furchenadelige das halbe Land unter ihren Füßen und verkauften es zu überhöhten Preisen an die rechtmäßigen Besitzer, wenn etwa öffentliche Gebäude errichtet werden sollten.

Alexandra Keller beleuchtet die Vorgänge mit journalistisch scharfem Blick, sie legt einen historischen Abriss des Gemeindegutes vor und entlarvt die Argumente der Agrar-Fürsten anhand von Gutachten, Gerichtsurteilen und juristisch eindeutigen Aufsätzen.

Aber nicht nur die Geschichte der abenteuerlichen Grundübertragung lässt einem das patriotische Leserherz stocken, auch die Verzögerungstaktiken des Bauernbundes, der Agrarier und schließlich halber Stockwerke des Landhauses haben es in sich. Da wird gelogen, dass sich die Balken biegen, missliebige Beamte, die das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu Lebzeiten umsetzen wollen, werden in die Frühpensionswüste geschickt, Journalisten werden bedroht, Informationsveranstaltungen aufgemischt.

Allmählich scheint sich da und dort das Recht durchzusetzen, meint die Autorin, aber nach wie vor ist der Filz zwischen Bauernbund, Landhaus und Agraradel über die demokratischen Einrichtungen wie Gemeinde oder Gerichtsbarkeit gestülpt.

Als Leser versteht man zwischendurch, wie dieses System aus Landeshauptmann, öffentlich rechtlicher Rundfunk und hypnotisierter Beamtenschaft jahrzehntelang so reibungslos funktionieren kann. An manchen Tagen denkt man sich als Nichtbauer, dass man vom Herrgott verstoßen ist, denn die Agrarier haben sich im Zweifelsfalle auch den Herrgott unter den Nagel gerissen, und wo das nicht funktioniert, machen sie sich eben selber zum Herrgott!

- Ein sehr heißes Schwarzbuch!

Alexandra Keller, Schwarzbuch Agrargemeinschaften.
Innsbruck: Studienverlag 2009. 134 Seiten. EUR 14,90. ISBN 978-3-7065-4696-6.

 

Weiterführende Links:
Studienverlag: Alexandra Keller, Schwarzbuch Agrargemeinschaften

 

Helmuth Schönauer, 14-12-2009

Bibliographie

AutorIn

Alexandra Keller

Buchtitel

Schwarzbuch Agrargemeinschaften

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Studienverlag

Seitenzahl

134

Preis in EUR

14,90

ISBN

978-3-7065-4696-6

Kurzbiographie AutorIn

Alexandra Keller lebt als freie Redakteurin in Innsbruck und leitet seit 1998 das Politikressort des Nachrichtenmagazins ECHO.