Roman Santeler, Landecker Hefte

Buch-CoverManche Orte strömen schon in ihrem Namen den vollen Hauch der Verbannung aus. Es klingt nach Ende, Sackgasse, schroffer Geographie. Landeck ist so ein Ort voller Verbannung, nicht umsonst liegt auf seiner Schulter eine aufgedunsene Kaserne.

Roman Santeler nennt seine Gedichts-Einträge von der Peripherie schlicht Landecker Hefte, zwei davon hat er angelegt, Glückliche Zeiten und Silentium. Schon das erste Gedicht macht alles klar:

Letzte Ausfahrt: / Stanzer Tal, Paznaun, / Oberes Gericht. // Herr, / sei mir gnädig - / ich bin nicht Hiob. (15)

Da fährt das lyrische Ich ins Exil, weil es einen Kafka-gemäßen echten österreichischen Bescheid erhalten hat.

Bescheid // Also hierher / schickt ihr mich, / in diese gottverlassene Gegend // da ist niemand, der mich begrüßt, / kein bekanntes Gesicht. // Wie sich die Orte alle gleichen / am äußersten Rand liegen sie / wie Tomis und Woronesch // rundum die Berge / mit ihren ewig schneeweißen Hauben; / es gibt kein Entrinnen. (16)

Während sich der Inn eingräbt, weil er diese Gegend nicht aushält, kommen sich die Bewohner am ehesten am Gehsteig nahe. Dem lyrischen Ich bleibt nichts anderes übrig als zu staunen, über die Geographie, die Wortlosigkeit der Menschen und die Besonderheiten der Natur, der Fluss Sanna verschwindet etwa, kaum dass er aus dem Zusammenfluss von zwei Wahnsinnsbächen entstanden ist.

Und doch nennt sich der erste Teil ironisch "glückliche Zeiten". Offensichtlich lassen sich von außen Glückselemente einschleusen, wenn man geduldig ist: Die Liebe kann die Zeit in erträgliche Stunden der Sehnsucht zerkleinern und manchmal lässt sich auch eine innige Botschaft über einen Kranich verschicken.

Der zweite Teil hat das Silentium zum Programm, es gibt nach außen nicht mehr viel zu sagen, wenn man ins Innere der Worte gekrochen ist.

Nirgends // Hier / hast du / keine Bleibe // hier / hat die Erde / Risse // hier / findest du / leicht ein Grab. (75)

So wie die Gedichte begonnen haben, enden sie auch, klar, spitz, - ein Hammerschlag der Existenz. Roman Santelers Gedichte hämmern weiter, wenn man den Gedichtband schon zugeklappt hat. Es ist, als wäre man durch bloßes Lesen in dieses Landeck verstoßen worden. - Aufregend genau, ohne jeden falschen Jammer.

Roman Santeler, Landecker Hefte. Gedichte. Mit einem Vorwort von Walter Methlagl.
Bozen: Edition Raetia 2010. 91 Seiten. EUR 10,-. ISBN 978-88-7283-357-5.

 

Helmuth Schönauer, 24-09-2010

Bibliographie

AutorIn

Roman Santeler

Buchtitel

Landecker Hefte

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Edition Raetia

Seitenzahl

91

Preis in EUR

10,00

ISBN

978-88-7283-357-5

Kurzbiographie AutorIn

Roman Santeler, geb. 1949 in Schlitters, lebt in Telfs.