Ronald Zecha, Die Zukunft gewinnen
Bücher über das österreichische Schul- und Bildungswesen haben meist eine Kreissäge eingebaut, mit der sie in schrillen Tönen das Sujet zerschneiden und keinen Stein auf dem anderen lassen.
Umso bemerkenswerter ist der Zugang Ronald Zechas, der durchaus in die Zukunft blickt aber dabei nicht den Stab über die Gegenwart bricht. Es könnte doch sein, dass an unserem Bildungssystem etwas Gutes ist, meint er fast schon rebellisch sanft.
Österreich ist durchaus ein Bildungsland, das zeigt sich nicht nur an den Ressourcen, die seit Jahrhunderten aufgewendet werden sondern auch an den Veränderungen und „Nachjustierungen“, die das System immer wieder zukunftsfit gemacht haben. Ein historischer Abriss in Tabellenform zeigt, dass in Österreich ununterbrochen an der Bildung gearbeitet wird.
Eine zweite Tabelle zeigt die Menschen, die aktuell auf irgendeinem Bildungszweig sitzen, im ersten Anguck hat man dabei als Leser den Eindruck, halb Österreich verbringt seine Lebenszeit mit Bildung.
Ronald Zecha stellt schließlich zehn Forderungen in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Überraschend ist dabei, dass er nicht zwischen Schul- und Erwachsenenbildung trennt, immer wieder stellt er Vergleiche zwischen den beiden Systemen her und regt durchaus an, dass auch die Schule Bewährtes von der Erwachsenenbildung übernehmen könnte.
Die Haupt-Crux an der momentanen Bildungssituation ist die Vermischung von Training und Evaluation. Die Lehrperson, die eben noch ihr Letztes gegeben hat, um zu unterrichten und die Schülerin fit zu machen, muss oft noch in der gleichen Stunde überprüfen, was davon angekommen ist. Und diese Prüfungen haben fatale Folgen, denn längst ist ein Numerus clausus der Noten eingeführt, der schon in frühen Jahren das künftige Leben des Schul-Delinquenten bestimmt.
Überraschende Forderungen aus dem Zehn-Punkte-Programm sind etwa das Gender-Prinzip des Lehrkörpers, wonach wieder mehr Männer an die Grundschule müssen. Interessanterweise soll auch das Sitzenbleiben bleiben, aber sparsam angewendet werden. Wenn nämlich alle automatisch aufsteigen, verschiebt sich das Desaster bis zum Ende der Schulpflicht und wirkt sich dann umso dramatischer aus.
Ronald Zecha nimmt in seinen Maßnahmen auch das Umfeld in die Pflicht. Wenn es nichts zu lesen gibt, wenn zu Hause Bildungsnotstand herrscht und die Schule als Feindbild zelebriert wird, bleiben natürlich die Heranwachsenden auf der Strecke.
„Bildung ist mehr als Schule“ heißt so eine Erkenntnis, die angesichts der PISA-Wettrennen oft unter die Räder gekommen ist. Manchmal blitzt dabei das „Österreichische“ auf, nämlich dass die Deviation, das Abweichen von der sturen Vorgabe, durchaus dem Naturell unseres Landes und unserer kulturellen Verfassung entspricht.
Ronald Zechas Zukunftsbuch hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Zukunftsdeutern. Dadurch dass die Akteure mit Wertschätzung wahrgenommen werden, lässt sich auch in einer anregenden Atmosphäre diskutieren. Was nämlich, wenn das Österreichische Bildungssystem tatsächlich nicht blöd ist und es nur wir Österreicher die halbe Zeit nicht merken? - Zehn Zukunftsthesen, die sich vortrefflich auf das Büchereiwesen übertragen lassen!
Ronald Zecha, Die Zukunft gewinnen. Akte Bildung Österreich. Wie wir uns von ideologisch motivierten Debatten täuschen lassen. Was wir für die Bildung der Menschen tatsächlich tun können.
Wattens: Berenkamp 2014. 111 Seiten. EUR 16,50. ISBN 978-3-85093-313-1.
Weiterführender Link:
Berenkamp Verlag: Ronald Zecha, Die Zukunft gewinnen
Helmuth Schönauer, 18-02-2014