Lesen und Leseförderung in Tirol im Zeichen der PISA-Studie 2009, Teil 1

Wie immer man zur PISA-Studie auch stehen mag, eines scheint gewiss: sie rückt die Grundkompetenzen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften aber auch das Schulsystem als Ganzes regelmäßig in das Blickfeld der öffentlichen Wahrnehmung.

Genauso regelmäßig, wie die Studie alle drei Jahre vor Weihnachten der Öffentlichkeit präsentiert wird, werden auch ihre Ergebnisse von der Politik und den Medien unterschiedlich interpretiert. Lesen in Tirol hat bei den maßgeblichen Tiroler Bildungseinrichtungen über ihre Einschätzung der Lesekompetenz der Tiroler Schülerinnen und Schüler nachgefragt.

Den Beginn der Interviewreihe macht der Gründungsrektor der Pädagogischen Hochschule Tirol Univ. Doz. HR Mag. Dr. Markus Juranek, der den hohen Stellenwert der Vermittlung von Lesekompetenz bei der LehrerInnenausbildung an der PH-Tirol aufzeigt.

 

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Lesen in Tirol: Die Ergebnisse des aktuellen PISA-Tests haben den Tiroler Schülerinnen und Schülern für den Bereich der Lesekompetenz kein wirklich gutes Zeugnis ausgestellt. Was bedeutet dieses Ergebnis für die Ausbildung im Bereich der Kernkompetenzen bei den zukünftigen LehrerInnen?

Markus Juranek: Die PISA-Ergebnisse bedeuten für die Lehrer/innenausbildung, dass künftig verstärkt auf kompetenzorientierten  Unterricht gesetzt werden muss. Die Lehrer/innen brauchen das Handwerkszeug, um auf die von PISA offenbarten Schwächen reagieren zu können. Die Bildungsstandards sind eine wichtige Maßnahme in diesem Zusammenhang.

Um die Lesefähigkeiten zu verbessern, braucht es Maßnahmen, die die Leselust der Kinder fördern. In einer Zeit, in der das Buch mit zahlreichen elektronischen Medien konkurriert, ist das schwieriger als in früheren Zeiten. Die Ausbildung muss den Lehrer/innen beibringen, wie attraktive Leseangebote entworfen werden können.


Die Lehrer/innen brauchen das Handwerkszeug, um auf die von PISA offenbarten Schwächen reagieren zu können. Foto: Markt-Huter

Grundsätzlich ist Leseförderung nicht nur Aufgabe der Deutschlehrer/innen, sondern eine fächerübergreifende Notwendigkeit. Lesen ist eine Grundtechnik für schulisches Lernen - dies betrifft alle Fachgebiete - deshalb müssen sich auch Lehrer/innen aller Fächer mit diesem Thema beschäftigen.

Lesen in Tirol: Hatte der Wechsel der LehrerInnenausbildung von den Pädagogischen Akademien zu den neu errichteten Pädagogischen Hochschulen auch Auswirkungen auf die Lehrerausbildung für den Bereich der Lesekompetenz?

Markus Juranek: Der Wechsel der Lehrer/innenausbildung von den Pädagogischen Akademien zu den Pädagogischen Hochschulen hat  natürlich auch für die Lesekompetenz eine Bedeutung , da mit der Gründung der Pädagogischen Hochschulen eine höhere Qualität in der Lehrer/innenausbildung erreicht werden konnte.

Gerade hinsichtlich der Curricula hat sich sehr viel geändert. Lesen war früher im Bereich der Ausbildung kein Fach. Heute geht man in allen Bereichen, also auch im Lesen, von Kompetenzen aus. Die Lehrerin / der Lehrer lehrt nicht mehr nur ein oder mehrere Fachgebiete sondern die Kompetenz Lesen. Dafür braucht es die Fähigkeit, die Lesekompetenz an den Schulen entsprechend zu fördern.

Das betrifft natürlich nicht nur die Grundschule sondern alle Schultypen bis hinauf in die Sekundarstufe II, wo wir im Bereich der Berufsschullehrerausbildung ein ganz tolles Projekt zur Leseerziehung für die kommenden Berufsschullehrer haben.

PISA bleibt also nicht nur in der Grundschule stecken, sondern berührt alle Lehrerinnen und Lehrer in unterschiedlicher Form und Dichte. Gerade die Berufsschule wird, wie die PISA-Ergebnisse gezeigt haben, in ganz besonderer Weise gefordert. Es ist somit auch ein Ergebnis der Hochschule, dass diese Frage sehr breit gesehen wird.


LehrerInnen lehren nicht mehr nur ein oder mehrere Fachgebiete sondern die Kompetenz Lesen. Foto: Markt-Huter

Zusätzlich wird in diesem Bereich an den Pädagogischen Hochschulen auch mehr an Forschung betrieben als zur Zeiten der Pädagogischen Akademien. Die Ergebnisse der Forschung fließen in die Ausbildung ein.

Lesen in Tirol: Welche Lehrveranstaltungen gibt es, die sich konkret mi der Vermittlung von Lesekompetenz und Leseverhalten an SchülerInnen auseinandersetzen?

Markus Juranek: Wir haben zunächst einmal ganz konkret für alle DozentInnen nach dem Erscheinen der PISA-Studie eine Veranstaltung mit DDr. Haider, dem Leiter der PISA-Studie, durchgeführt, auf der die Ergebnisse vorgestellt worden sind. Aber auch die Institutsleiter behandeln das Thema mit ihren Teams und in der Fortbildung gibt es ein entsprechendes Team, das sich mit dem Thema PISA und Lesekompetenz entsprechend auseinandersetzt.

Bei den Lehrveranstaltungen, die sich auch mit der Leseförderung und dem Leseverhalten von SchülerInnen beschäftigen möchte ich auf folgende Zusammenstellung verweisen:

  

Hauptschule:

Linguistische und didaktische Grundlagen (Fachgegenstand Deutsch)

Die Studierenden werden befähigt:

  • Sensibilität für Aufgaben und Chancen eines zeitgemäßen Deutschunterrichts zu entwickeln
  • Grundlagenwissen im Bereich der Sprachnormen zu erwerben, zu vertiefen und zu erweitern
  • methodisch?didaktisches Grundlagenwissen als Voraussetzung für kompetenzorientierten Deutschunterricht zu verstehen
  • gemeinsame Lebenswelten über Sprache und Literatur zu gestalten
  • Lesen als selbstbestimmte, lebensbegleitende Tätigkeit zu sehen und für sich zu nützen

Sprache und Literatur im Wandel der Zeit (Fachgegenstand Deutsch)

Die Studierenden werden befähigt:

  • Sprache und Literatur in den Kontext der Zeit zu setzen
  • Unterricht im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und regionalen Gegebenheiten grundlegend zu planen und zu gestalten
  • Texte der Kinder? und Jugendliteratur altersgerecht auszuwählen und für den Unterricht aufzubereiten
  •  die eigenen Sprachfertigkeiten selbstkritisch zu reflektieren und weiterzuentwickeln sowie diese situations? und adressatenadäquat anzuwenden


An den Pädagogischen Hochschulen wird mehr Forschung betrieben als zu Zeiten der Pädagogischen Akademien. Die Ergebnisse der Forschung fließen direkt in die Ausbildung ein. Foto: Markt-Huter

  

Volksschule:

Modul Grundstufe SU?MA?DE?EN/Gebrauchsgrafik

Inhalte der Deutsch-Didaktik-Lehrveranstaltungen:

  • Grundlagen und Voraussetzungen für den Erwerb des Lesens und Schreibens im Anfangsunterrichts
  • Theoretische Grundlagen: Entwicklung von Lesekompetenz/ basale Lesefertigkeiten im Leselernprozess
  • Methoden für den Erwerb der Buchstaben?Laut?Korrespondenz
  • Phonologische Bewusstheit im weiteren und engeren Sinn
  • Methodisch?didaktische Bausteine für einen entwicklungsorientierten Unterricht

Textrezeption und Textproduktion

  • Schreiben als Prozess
  • Beurteilen, Bewerten und Überarbeiten von Texten
  • Lernstandsdiagnose: standardisierte und informelle Testverfahren zur Erhebung von Leistungsschwächen
  • Fördermaßnahmen für leseschwache Schüler/?innen
  • Beurteilung und Analyse von Kinderbüchern
  • Ausgewählte fachwissenschaftliche Grundlagen(Grammatik/Orthografie/Stilübungen)

 

 

  

Studiengangsübergreifende Lehrveranstaltungen

Sprachenvielfalt ? Diversität

Die Studierenden werden befähigt:

  • durch das Eintauchen in eine völlig neue Sprache Sensibilität für Aspekte und Zusammenhänge des individuellen
  • Spracherwerbs zu entwickeln
  • diese sprachliche Selbsterfahrung differenziert und in einer angemessenen Terminologie zu reflektieren
  • Empathie für Spracherwerbsprozesse von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu entwickeln

Legasthenie und Verhaltensstörungen

Das übergeordnete Bildungsziel ist die Sensibilisierung der Studierenden für die Bedürfnisse von Schülern mit Lernschwächen bzw. auffälligem Verhalten. Die Studierenden sollen insbesondere befähigt werden, ihre Rolle als Lehrende in der Begleitung von Schülern mit Lern? bzw. Verhaltensstörungen zu reflektieren, zu analysieren, dies unter besonderer Beleuchtung der Möglichkeiten der Prävention und Intervention aus pädagogischer Sicht.

Auszüge aus den Inhalten:

Praxisorientierte Beispiele für den Unterricht mit multisensorischem Ansatz mit Möglichkeiten für Offenes Lernen zum Erwerb von Vorläuferfähigkeiten für den Schriftspracherwerb sowie mathematischer Kompetenzen, Sprachwahrnehmungen , eine Grundlage für das Sprechen?, Lesen? und Schreiben, Unterrichtskonzepte und didaktische Ansätze zur Lernförderung

Aber auch in anderen studiengangsübergreifenden Fächern, wie z.B. IKT-Kursen (Kommunikation mit neuen Medien), werden Lesekompetenz und -verhalten und die dazugehörige didaktische Unterweisung unterrichtet.

 

 

Lesen in Tirol: Richten sich diese Lehrveranstaltungen zur Förderung der Lesekompetenz nur an zukünftige VolksschullehrerInnen oder sind diese grundsätzlich auch für HauptschullehrerInnen gedacht?

Markus Juranek: Wir haben das Thema Leseförderung als Basiskompetenz auch im Ziel- und Leistungsplan der Hochschule für alle Lehrerinnen und Lehrer ausdrücklich verankert. Dabei handelt es sich um die speziellen Schwerpunkte die sich die Hochschule selbst gesetzt hat und die dann entsprechend von der Ministerin abgesegnet werden. Im Vergleich zu den früheren Akademien werden auf den PH eigene Forschungsfelder betrieben. Wir haben gemeinsam mit der AK-Tirol ein Forschungsprojekt zur Lesekompetenz bei den Lehrlingen durchgeführt, aus der sich konkrete Forderungen ergeben haben, die wieder in der LehrerInnenfortbildung aufgegriffen werden.


Wir haben das Thema Leseförderung als Basiskompetenz auch im Ziel- und Leistungsplan der Hochschule für alle Lehrerinnen und Lehrer ausdrücklich verankert. Foto: Markt-Huter 

Es gibt, wie schon ausgeführt, sowohl studiengangsspezifische als auch studiengangsübergreifende Lehrveranstaltungen, die an die Alters- und Kompetenzstufe der Schüler/innen angepasst sind.

Im angesprochenen Ziel- und Leistungsplan 2011/12 sind auch folgende Vorhaben geplant:

Ganzheitliche Leseförderung in allen Fächern als Basiskompetenz für Individualisierung und Eigenverantwortung im Unterricht:

Angebote um Lesekompetenzförderung  in die Ausbildung aller Fächer zu implementieren.

  Meilenstein 1: Einrichtung einer Arbeitsgruppe (umgesetzt)
  Meilenstein 2: Verankerung der Leseförderung in den Curricula (umgesetzt)
  Meilenstein 3: TTT Fortbildung Leseförderung - Standards (alle Fächer)  (umgesetzt)
  Meilenstein 4: Interdisziplinäre Leseförderung als Wahlpflichtmodul/Freifach

Förderung der Lesekompetenz in der Berufsschule:

  • Analyse der Gründe für die mangelnde Lesekompetenz bei Berufsschüler/-innen
  • Entwicklung von Materialien und Strategien zur Förderung der Lesekompetenz
  • Analyse von bereits vorhandenen Materialien zur Förderung der Lesekompetenz

Lesen in Tirol: Wie halten sich die jeweiligen Unterrichtenden an der PH-Tirol im Bereich der Vermittlung von Lesekompetenzen auf dem aktuellsten pädagogischen Stand? Gibt es eine verpflichtende Weiterbildung?

Markus Juranek: Die Weiterbildung liegt im Verantwortungsbereich der Dozierenden selbst. Es werden jedoch zahlreiche Fortbildungsseminare angeboten.


Die PH stellt die Rahmenbedingungen zur Verfügung und die entsprechenden Kurse für die Fortbildung bereit. Foto: Markt-Huter

Es gibt einen Schwerpunkt im Sommerprogramm der Fortbildung Lesen als Basiskompetenz. Dort sind ARGEs eingerichtet, die sich mit vor allem mit dem Thema Schulbibliothek auseinandersetzen, aber auch z.B. das Seminar Under Cover 2011- Schüler/innen entdecken Textwelten. Auch sonst werden zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Lesen, Lesekompetenz und -verhalten angeboten.

Lesen in Tirol: In Deutschland wurde nach der Veröffentlichung der schlechten Ergebnisse bei der PISA-Studie 2000, vor allem im Bereich der Lesekompetenz, die Forderung nach einem obligatorischen Modul für Lesekompetenz und lesepädagogische Kompetenz laut, das alle Lehrerinnen und Lehrer aller Fächer ablegen sollten. Halten Sie eine solche Forderung auch für die LehrerInnenausbildung in Österreich für sinnvoll?

Markus Juranek: Eine verpflichtende Fortbildung gibt es von Seiten der Hochschule nicht, auch wenn die Einführung eines verpflichtenden Moduls für Lesekompetenz eine Überlegung wert wäre. Es hat zwar jeder Lehrer die Aufgabe sich persönlich fortzubilden und die Pflichtschullehrer müssen Bspw. 16 Stunden Fortbildung im Jahr nachweisen, aber welche Fort- und Weiterbildung ist Angelegenheit der Schule und der Schulverwaltung. Die PH stellt die Rahmenbedingungen zur Verfügung und die entsprechenden Kurse für die Fortbildung bereit.

Auf der anderen Seite legen die Landesschulinspektoren großen Wert darauf, dass Lesen einen der Schwerpunkte im Bereich der Lehrerfortbildung darstellt. Zusätzlich finden mit dem Landesschulrat für alle Schulartenbereiche in jedem Semester Koordinationsrunden zum Fortbildungsprogramm der Hochschule statt, in denen das Lesen immer mit dabei ist.

Lesen in Tirol: Der PISA-Test lässt erkennen: je komplexer die Herausforderungen an das Lesen im Test waren, desto schlechter haben die getesteten SchülerInnen abgeschnitten. Was wird im Bereich der LehrerInnenausbildung unternommen, um den Schülerinnen und Schüler im Unterricht das eigenständige Anwenden und Umsetzen des Gelesenen besser vermitteln zu können?

Markus Juranek: Die Schüler/innen müssen zu mehr eigenständigem, problemlösungsorientierten Denken angeleitet werden. Dieser Herausforderung muss sich die Lehrer/innenbildung stellen, was in der Fachdidaktik auch passiert, so z.B. durch Umsetzung der Bildungsstandards oder Projektunterricht. In der letzten Zeit hat ein Umdenken stattgefunden - weniger rezeptives Lernen und mehr entdeckendes, problemlösendes Lernen. So kann sich die Lehrer/innenbildung natürlich nicht den Erkenntnissen der Hirnforschung verschließen. Wir stehen hier allerdings erst am Anfang einer Entwicklung und es wird noch eine Zeit dauern, bis sich messbare Erfolge einstellen.

 
Die Schüler müssen zu mehr eigenständigem, problemlösungsorientierten Denken angeleitet werden. Dieser Herausforderung muss sich die Lehrerbildung stellen ... Foto: Markt-Huter

Lesen in Tirol: Der Anteil der Leserisikogruppe bei den MigrantInnen liegt in Tirol mit ca. 60% relativ hoch, was auf mangelnde Deutschkenntnisse schließen lässt. Gibt es Programme bei der LehrerInnenaus- und -fortbildung, die der Problematik fehlender Deutschkenntnisse im Unterricht Rechnung tragen?

Markus Juranek: In der Sommerhochschule werden z.B. Seminare wie Individuelles Fördern hilft! - Effektive Leseförderung in Theorie und Praxis (1.-4. Schulstufe) oder Lesestandards einmal anders - Impulse für einen innovativen Leseunterricht angeboten.

Lesen in Tirol: Wie sollte sich die Ausbildung der LehrerInnen entwickeln, um in Zukunft bei der Vermittlung von Grundkompetenzen noch erfolgreicher zu sein?

Markus Juranek: Wie bereits angesprochen, sollte die Kompetenzorientierung im Mittelpunkt stehen. Die Schüler/innen müssen lernen sich durch selbsttätiges Handeln Kompetenzen anzueignen, denn wie auch Konfuzius schon meinte:

Sage es mir - Ich werde es vergessen!
Erkläre es mir - Ich werde mich erinnern!
Lass es mich selber tun - Ich werde verstehen!

Das Neue Lernen muss die Individualität der Schüler/innen und die Eigenmotivation der Schüler/innen erfassen und nützen. Die Lehrer/innen der Zukunft werden nicht mehr ausschließlich frontal unterrichten, es wird eine Entwicklung weg vom mechanischen Auswendiglernen geben und hin zu fächerübergreifenden Unterrichtsformen, in denen der/die Lehrer/in nicht mehr im Mittelpunkt des Unterrichts steht, sondern die Schüler/innen in ihrer Neugierde und ihrem Erfahrungssammeln adäquat begleiten. - Und das müssen die Studierenden in der Lehrer/innenausbildung lernen.

Unsere Curricula der Lehrer/innenausbildungen sind bereits neu gestaltet worden. Einzelfächer wurden zu Modulen zusammengefasst - so kann die Orientierung am Kompetenzlernen einfacher vorgenommen werden und die Lesekompetenzen in vielen Bereichen fächerübergreifend behandelt werden.

Lesen in Tirol: Besteht bei der Leseförderung im Bereich der pädagogischen und didaktischen LehrerInnenausbildung derzeit eine Zusammenarbeit zwischen der PH-Tirol und der Universität Innsbruck?

Markus Juranek: Es gibt in den verschiedenen Hauptfächern Teams zu den Bildungsstandards, so auch in Deutsch für HS und AHS. Dort ist eine Dozentin vertreten, die sowohl an der PHT in der Fortbildung als auch an der Uni tätig ist. Diese Synergie kann optimal genützt werden.


Das Neue Lernen muss die Individualität der Schüler/innen und die Eigenmotivation der Schüler/innen erfassen und nützen. Foto: Markt-Huter

Der gesamte Entwicklungsprozess zu den PädagogInnen neu, der gerade von der Vorbereitungsgruppe unter Prof. Schnieder ausgearbeitet wird, sieht den verstärkten Ausbau der Vernetzung zwischen den tertiären Bildungseinrichtungen vor. Von der PH aus suchen wir, wo immer es wirklich möglich ist, die Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck, da wir als Hochschule natürlich nicht alles neu aufbauen können und gerade die Grundlagenwissenschaften primäre Aufgaben der Universitäten sind.

Begonnen haben wir die Kooperation mit einem Fachdidaktikzentrum im naturwissenschaftlichen Bereich, aber die Forschungsfragen des Lesens gehören natürlich auch dazu. Dabei betrachten die Pädagogischen Hochschulen das berufsorientierte Forschen als ihre Kernaufgabe, weshalb gerade das Lesen ein schöner Betätigungsbereich der Forschung der Hochschule sein kann. Die Verknüpfung mit der Universität für weitergehende Themen, die über das berufsorientierte hinausgehen, scheint mir klar und selbstverständlich.

Lesen in Tirol: Welche Bedeutung hat die PISA-Studie für den Bildungsbereich?

Markus Juranek: Das Thema Lesekompetenz ist sicherlich durch die PISA-Studie in den Medien und der Bevölkerung bewusst gemacht worden. Die PISA-Studie ist aber nicht allein der Anstoß dafür, dass das Thema Lesekompetenz wieder breit in der LehrerInnenaus- und -fortbildung verankert ist.

Diese PISA-Hysterie ist für mich und viele die in der Lehrerausbildung arbeiten ein kleine Katastrophe, weil es den Eindruck erweckt, dass wir eine Studie benötigen, um mit dem Nachdenken anzufangen. Das stimmt, so wie ich es beobachte, einfach nicht. Das soll keine Kritik an der Studie sein, sondern vielmehr an der Art und Weise wie damit umgegangen wird. Wenn sich bereits jetzt alle zu fürchten beginnen, weil in zwei Jahren wieder eine PISA-Studie erscheint, dann passt etwas nicht.

Klar ist aber auch, dass die Daten der Studie ganz wichtige Grundlagen darstellen, um sich in einer wissenschaftlichen Einrichtung damit in aller Ruhe und Gelassenheit sowie der entsprechenden Ernsthaftigkeit zu beschäftigen und für die Lehrerfortbildung oder den Schulunterricht entsprechend umzusetzen.

Lesen in Tirol: Vielen Dank für das Interview!

(Das Interview wurde am 26.5.2011 geführt.)

 

>> Lesen und Leseförderung in Tirol im Zeichen der PISA-Studie 2009, Teil 2

>> Lesen und Leseförderung in Tirol im Zeichen der PISA-Studie 2009, Teil 3

>> Lesen und Leseförderung in Tirol im Zeichen der PISA-Studie 2009, Teil 4

 

Andreas Markt-Huter, 29-09-2011

 


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