Im Brennpunkt: Die IG-Autorinnen/Autoren Tirol

An wen können sich Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Tirol eigentlich wenden, wenn sie zu rechtlichen oder sozialen Fragen Auskünfte benötigen? Erste Anlaufstelle ist die Interessengemeinschaft der Autorinnen Autoren Tirol, die seit 25 Jahren die Interessen der Tiroler Autorinnen und Autoren vertritt.

Begonnen hat alles 1971, als die Interessengemeinschaft Autorinnen Autoren (IG AutorInnen) als gemeinsame Verhandlungsdelegation österreichischer Schriftstellerverbände gegründet wurde.

1981 wurde die IG neu aufgebaut und als eigenständige Organisation eingerichtet, die sich seither für die Förderung und Wahrung der beruflichen, rechtlichen und sozialen Interessen der österreichischen Schriftstellerinnen und Schriftsteller einsetzt. Die IG AutorInnen umfasst österreichweit derzeit rund 3.400 Mitglieder und 70 Mitgliederverbände. Präsidentin der IG-AutorInnen ist derzeit die Schriftstellerin Renate Welsh, Vizepräsidentin und Vizepräsident sind Anna Mitgutsch und Peter Turrini. Als Geschäftsführer ist der Autor Gerhard Ruiss tätig.

Zu den Aktivitäten der IG-AutorInnen zählen:

  • Förderung und Wahrung der beruflichen, rechtlichen und sozialen Interessen der österreichischen Schriftstellerinnen und Schriftsteller - insbesonders Vertragspartnern und Behörden gegenüber
  • Generelle und individuelle soziale und rechtliche Beratung und Information
    Rechtsberatung und Rechtsschutz in vertraglichen Angelegenheiten und in allen Fällen von Zensur
  • Initiativen auf dem Gebiet des Steuer-, Sozial- und Urheberrechts
    Entwicklung und Begutachtung von für schriftstellerisches Arbeiten relevanten Gesetzen und generellen vertraglichen Regelungen
  • Gemeinschaftsausstellungen und -präsentationen österreichischer Kunst-, Kultur- und Autorenverlage auf den internationalen Buchmessen in Leipzig, Frankfurt sowie auf der österreichischen Buchwoche. Seit 2001 in Kooperation mit LiteRadio auch Buchpräsentationen, Lesungen, Diskussionen etc. am Buchmessenstand in Frankfurt, 2006 auch in Leipzig.
    >> Quelle: Literaturhaus: IG Autorinnen Autoren

In Tirol wurde sehr bald nach der Gründung der IG AutorInnen in Wien eine eigene Landesstelle, die IG-Autorinnen Autoren Tirol ins Leben gerufen. Lesen in Tirol hat den Präsidenten der IG Autorinnen Autoren Tirol, den Schriftsteller Elias Schneitter interviewt und ihn über die Aufgaben und Aktivitäten der IG AutorInnen Tirol sowie über die Entwicklung der Tiroler Literatur in den letzten Jahren befragt.

 

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Lesen in Tirol: Was ist die Interessengemeinschaft Autorinnen Autoren Tirol? Seit wann gibt es sie und was sind ihre Aufgaben?

Elias Schneitter: Die IG-AutorInnen ist eine Art Standesvertretung der Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Österreich. Gegründet wurde sie 1971 als gemeinsame Verhandlungsdelegation österreichischer Schriftstellerverbände. 1981 wurde die IG-AutorInnen als eigenständige Organisation mit derzeit rund 3.400 Mitgliedern und 70 Mitgliederverbänden neu aufgebaut, woran vor allem Gerhard Ruiss und Johannes Vyoral maßgeblich beteiligt waren. Auch in Tirol entstand auf Initiative von Walter Klier sehr bald nach der Gründung in Wien, wie in fast jedem Bundesland, eine Art Landesstelle.

Die IG-AutorInnen versteht sich als Serviceeinrichtung, deren Hauptaufgaben im Bereich berufständischer Fragen liegen. Sie unterstützt Autorinnen und Autoren z.B. bei rechtlichen Fragen wie Verwertungsrechte, Urheberrecht, Copyright oder bei Fragen zur Sozialversicherung für Autorinnen und Autoren u.a. Es stehen also nicht literarisch inhaltliche Themen im Vordergrund sondern hauptsächlich Themen, die mit der Tätigkeit von AutorInnen in rechtlicher, finanzieller und sozialer Hinsicht zusammen hängen.


Der Präsident der IG-Autorinnen Autoren Tirol Elias Schneitter stammt aus Zirl und ist Schriftsteller und Experte im Bereich des Versicherungswesens. Foto: Markt-Huter

 

Lesen in Tirol: Gibt es für AutorInnen eine eigene Versicherung?

Elias Schneitter: Es gibt eine Künstlersozialversicherung, die bei der Versicherungsanstalt der Selbständigen (SVA) angesiedelt wurde. Aus einem jahrelangen Kampf um die Versicherung für Künstler hat sich eine Art Notlösung ergeben, mit der die meisten SchriftststellerInnen nicht besonders glücklich sind. Das Hauptproblem liegt in diesem Fall bei der hohen Beitragsleistung. Bei den Selbständigen ist ein Mindestbeitrag für die Versicherung zu bezahlen. Dieser Mindestbeitrag ist relativ hoch. Oft passiert es, dass Schriftsteller mehr Beiträge bezahlen müssen, als sie überhaupt verdienen. Darum ist diese Lösung absurd.

Lesen in Tirol: Heißt das, dass sich ein Teil der Tiroler AutorInnen erst gar nicht versichern kann?

Elias Schneitter: Für Autoren, die finanziell besonders schlecht gestellt sind, bietet die Literar Mechana Zuschüsse für die Kranken- und Pensionsversicherung an. Einige SchriftstellerInnen die so wenig verdienen, dass sie nicht in die Einkommenssteuerpflicht fallen, haben nur die Möglichkeit über eine Mitversicherung oder sich freiwillig versichern zu lassen. Die Kosten für letzteres übernimmt bei so niederen Einkommen in den meisten Fällen die Littera Mechana.

Was bleibt, ist aber, dass die Sozialversicherungsfrage für SchriftstellerInnen eines der brennendsten Probleme darstellt. Es vergeht keine Sitzung der IG-AutorInnen, bei der nicht das Problem der Sozialversicherung thematisiert wird. Es ist eine merkwürdige Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet SchriftstellerInnen, die zu den großen Vorkämpfern für soziale Gerechtigkeit und die Einrichtung sozialer Systeme gehört haben, heute diejenigen sind, die aus dem sozialen System herausfallen, weil sie es sich nicht zu leisten vermögen.


Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet SchriftstellerInnen, deren Stand in der Vergangenheit besonders für soziale Gerechtigkeit eingetreten ist, sich heute das soziale System häufig nicht mehr zu leisten vermögen. Foto: Markt-Huter

 

Lesen in Tirol: Was sind weitere Aktivitäten der IG-AutorInnen Tirol?

Elias Schneitter: Die wichtigsten und aktuellsten Informationen und Neuigkeiten zu rechtlichen und sozialen Themen verschicken wir bei Bedarf über E-Mail an unsere Mitglieder. Außerdem erhalten alle vierteljährlich die Ausgabe der Zeitung der IG-AutorInnen aus Wien. In unregelmäßigen Abständen finden natürlich die Vorstandssitzungen statt und mindestens einmal jährlich gibt?s eine große Info-Veranstaltung.

Ein weiteres Serviceangebot erfolgt von Wien aus, wo für AutorInnen eine Theaterbörse verwaltet wird, wo sie ihre Theaterstücke einreichen können.
Dazu gibt es einen Katalog über sämtliche Neuerscheinungen des vergangenen Jahres sowie einen Katalog zum Verlagswesen, über Verlage, Autorinnen und Autoren sowie über sämtliche Theater und Filmproduktionsfirmen.

In Tirol organisieren wir derzeit vor allem literarische Veranstaltungen wie das Literarische Quartett, das sich am gleichnamigen Vorbild aus dem Fernsehen orientiert, wo laufend Neuerscheinungen u. a. von Tiroler AutorInnen vorgestellt werden.

Eine weitere Veranstaltung der AutorInnen Tirol ist die jährlich stattfindende Veranstaltung Dichterlesung und Frühlingsfest in Buch bei Jenbach. Die Gemeinde Buch wurde selbstverständlich nicht zufällig gewählt. Mehr als 20 Autorinnen und Autoren lesen hier seit mittlerweile fünf Jahren selbstgewählte Texte. Die Veranstaltung bietet den AutorInnen neben der Lesung die Möglichkeit zum Gedankenaustausch in angenehmer Atmosphäre. Begonnen hat alles damit, dass sich AutorInnen getroffen haben, um von 4 Uhr Nachmittags bis um 2 Uhr Nachmittags des nächsten Tages aus Karl May vorzulesen. Seither hat das AutorInnenfest den Ruf, immer auch ein wenig skurril und surreal zu sein.


Im literarischen Quartett werden einem interessierten Publikum laufend Neuerscheinungen vor allem auch von Tiroler Autorinnen und Autoren vorgestellt und schmackhaft gemacht. Foto: Markt-Huter

 

Lesen in Tirol: Wer kann Mitglied der IG-AutorInnen werden?

Elias Schneitter: Grundsätzlich können sich alle, die sich als SchriftstellerInnen fühlen, für eine Mitgliedschaft bei der IG-AutorInnen anmelden. Es gibt keine Aufnahmekriterien zu erfüllen, wie es zum Beispiel bei der GrazerAutorinnen und Autoren Versammlung oder dem PEN-Club notwendig ist. Die IG-AutorInnen Tirol weist derzeit ungefähr 200 Mitglieder auf, österreichweit sind es knapp 3.000. Mitglieder haben vor allem den Vorteil aktuelle Informationen der IG zu erhalten.

Lesen in Tirol: Mit welchen Themen und Problemen war die IG-Autoren Tirol in der letzten Zeit befasst?

Elias Schneitter: Hauptthemen waren, wie bereits erwähnt vor allem soziale und rechtliche Themen. Aber auch die Rechtschreibreform war ein Thema, mit dem sich die IG in der letzten Zeit auseinander setzen musste. Was bedeutet die Rechtschreibreform für AutorInnen? Gerade im Schulbuchbereich hatte die Reform zur Folge, dass literarische Texte einfach in neuer Rechtschreibung umgeschrieben worden sind. Die IG-AutorInnen vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass literarische Texte in der Rechtschreibung bleiben müssen, in der sie von den SchriftstellerInnen geschrieben worden sind. Es gab z.B. einen Fall, wo in Schulbüchern Texte von Ernst Jandl in der neuen Rechtschreibung abgedruckt worden sind, was besonders krass wirkt, weil in der Lyrik Jandls natürlich auch das Schriftbild von Bedeutung ist.

Gerade der Bereich Schulbücher ist für AutorInnen ein besonders schwieriges Thema, weil es hier für die abgedruckten Texte keine Honorare gibt. Hier ist es der IG-AutorInnen gelungen, zumindest geringe finanzielle Abgaben für AutorInnen durch zu setzen. Die Tätigkeit der IG-Autoren hat sich seit ihrem Bestehen also durchaus als sinnvoll erwiesen und es ist gelungen, einige nicht unwesentliche Erfolge zu erzielen.


Literarische Texte sollen in der Rechtschreibung verbleiben, in der sie von den SchriftstellerInnen geschrieben worden sind. Foto: Markt-Huter

 

Lesen in Tirol: Wie viele Autorinnen und Autoren gibt es, die hauptberuflich von der Schriftstellerei leben?

Elias Schneitter: In Österreich gibt es ca. 200 bis 300 SchriftstellerInnen, die ausschließlichz vom Schreiben leben. Dazu gehören aber nicht nur SchriftstellerInnen aus dem Bereich der Belletristik sondern auch SachbuchautorInnen und VerfasserInnen wissenschaftlicher Werke.

Lesen in Tirol: Wie hat sich das literarische Leben in Tirol in den letzten Jahren entwickelt?

Elias Schneitter: Meiner Meinung lässt sich Tirol auf dem Gebiet der Literatur seit Ende der 70-iger Jahre als literarischer Geheimtipp bezeichnen. Am Anfang stand Felix Mitterer als Galionsfigur. Seither konnte sich eine breite und interessante Literaturszene entwickeln, wozu ich Namen wie Norbert Gstrein, Raoul Schrott, Hans Aschenwald oder Heinz D. Heisl nennen möchte, um nur einige zu erwähnen.

Durch die Veranstaltungen im Kulturgasthaus Bierstindl hat sich außerdem eine noch recht unbekannte literarische Szene entwickeln können, die überaus kräftige Lebenszeichen gibt. Als eine der großen Flagschiffe für die Tiroler Literatur möchte ich in diesem Zusammenhang den Schriftsteller und Bibliothekar Helmuth Schönauer und den früheren Leiter des Kulturgasthauses Bierstindl, Robert Renk, nennen, die sich jahrelang für die Tiroler Literatur eingesetzt haben.

Wenn man sich die literarische Produktion der letzten Jahre in Tirol betrachtet und sie mit der anderer Bundesländern vergleicht, gibt es meiner Ansicht nach Grund genug stolz auf unsere AutorInnen zu sein. Was mir in Tirol ganz besonders gefällt ist, dass es bei uns unglaublich viel literarische Besonderheiten zu entdecken gibt. Ich liebe z.B. Literatur von Leuten, von denen noch niemand etwas gehört hat und über die noch keine Kritiker ein Urteil gefällt haben, das einen als Leser beeinflussen könnte. In Lesungen habe ich z.B. Inge Mascher gehört, die unglaublich tolle Lyrik verfasst oder Hermann Grabner, der einen Krimi in der homöopathischer Dosis von einer Seite Länge verfasst hat oder ein Peter Vonstadl von einer selten gewordenen Originalität und Qualität.

In Tirol hat sich auch im Verlagswesen in den letzten Jahren ein sehr positives Umfeld für AutorInnen entwickelt. Es gibt Verlage wie den Skarabäus-Verlag, den Haymon-Verlag, den Kyrene-Verlag, die sich sehr für ihre AutorInnen engagieren. Aber auch Innsbrucker Buchhandlungen wie die Wagnersche, Wiederin u.a. bemühen sich sehr um Tiroler AutorInnen.


Es gibt Grund genug auf unsere einheimischen Autorinnen und Autoren stolz zu sein. Gerade in Tirol gibt es unglaublich viele literarische Besonderheiten zu entdecken. Foto: Markt-Huter

 

Lesen in Tirol: Was erwartet junge Menschen, die sich für ein Leben als SchriftstellerInnen entscheiden unter anderem auch in finanzieller Hinsicht? Wo liegen die größten Probleme?

Elias Schneitter: Die Situation bei den Stipendien für junge AutorInnen würde ich in Österreich durchaus als gut bezeichnen. Wer sich aber für den Weg des Schriftstellers entschließen möchte, sollte sich das sehr gut überlegen. Ich selbst schreibe seit mehr als 25 Jahren und habe während dieser Zeit sehr viele Kolleginnen und Kollegen zugrunde gehen sehen. Selbstverständlich geht jeder Mensch seinen eigenen Weg und trifft jeder Mensch seine eigenen Entscheidungen. Ich persönlich würde aber davon abraten, sich auf ein solches Wagnis einzulassen.

Ein Schriftsteller produziert im Gegensatz z.B. zu einem Fußballer etwas, was im Grunde zunächst niemanden interessiert. Der finanzielle Aufwand des Schreibens ist zwar sehr gering; braucht man zum Schreiben doch nicht mehr als einen Stift und ein Blatt Papier. Die Probleme beginnen, sobald der Text veröffentlicht werden soll, wenn es gilt, jemanden zu finden, der ihn publiziert. Unbekannte AutorInnen müssen sich häufig von Anfang an in die Rolle von Bittstellern begeben. Sie werden zunächst von niemandem gebraucht Für viele SchriftstellerInnen, die besonders sensibel sind, erweist sich das Literaturgeschäft als so hart, dass nicht wenige daran scheitern. Am Literaturmarkt gibt es keine Gerechtigkeit! Am Ende zählt nur, ob sich ein Buch verkaufen lässt oder nicht.

Vieles vom Leben großer Schriftsteller wie z.B. James Joyce, Robert Musil u.a. wurde meines Erachtens übermäßig romantisiert. Wer genauer hinschaut, kann feststellen, dass ihr Alltag auch nicht gerade besonders lustig war, vor allem was deren finanzielle und psychische Situation betrifft.

Die besten Voraussetzung, um als Schriftstellerin oder Schriftsteller leben zu können, sind wahrscheinlich eine große Erbschaft oder einen reichen Mann oder eine reiche Frau zu heiraten oder einen Haupttreffen beim EURO-Lotto zu landen. Aber dann wäre man wahrscheinlich mit dem Ausgeben des Geldes so beschäftigt, dass man keine Zeit mehr zum Schreiben hätte. Allen Tiroler Autorinnen und Autoren möchte ich aber ganz im Sinne von Helmuth Schönauer wünschen: Haltet alle durch!

Lesen in Tirol: Vielen Dank für das Interview!

 

Informationen über Stipendien und die dazu nötigen Anforderung gibt es auf der Homepage der IG-Autoren im weiterführenden Link!

 Für Informationen und Unterstützung im sozialen Bereich bietet die Homepage der Literar-Mechana im weiterführenden Link wichtige Auskünfte.


 

Weiterführende Links:

 

Andreas Markt-Huter, 29-05-2006
ergänzt: 23-11-2007

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