Die Tiroler Kulturservicestelle: Kultur an Tirols Schulen, Teil 1

Seit mehr als 35 Jahren bemüht sich die Tiroler Kulturservicestelle die Begegnung zwischen Künstlern und Schülern zu organisieren. Wurden zu Beginn lediglich 30 Veranstaltungen durchgeführt, so sind es heute mehr als 2.400 Veranstaltungen die jährlich an den Tiroler Schulen stattfinden.

Die Tiroler Kulturservicestelle geht auf eine Initiative des ehemaligen Landeshauptmannstellvertreters Dr. Fritz Prior aus dem Jahr 1974 zurück. In seinen Erinnerungen bemerkte er:

Es war während einer kulturellen Veranstaltung, als mir der Gedanke kam, in die Schulen aller Art mehr Kultur und Kunst zu bringen. So erklärte ich das Schuljahr 1974 / 75 für alle Tiroler Schulen zum Jahr der musischen Bildung.
Quelle: Hirn, Herz und Hand. 30 Jahre Tiroler Kulturservicestelle, S. 5

Diese ursprünglich zeitlich begrenzt gedachte Aktion erwies sich als dermaßen erfolgreich, dass mit der Tiroler Kulturservicestelle eine Einrichtung geschaffen wurde, die bis heute die Begegnung zwischen KünstlerInnen und SchülerInnen fördert und organisiert. Mit Hilfe der finanziellen Unterstützung des Bundes, des Landes und zahlreicher Sponsoren ist es gelungen, die Zahl der Veranstaltungen, die jährlich an Tiroler Schulen mit Künstlern stattfinden, innerhalb von 30 Jahren von 30 Veranstaltungen im Schuljahr 1974 / 75 auf 2280 Veranstaltungen im Schuljahr 2004 / 05 zu steigern.


Mag. Kurt Arnold (Bild links) betreut gemeinsam mit seiner Kollegin Mag. Johanna Kopp (Bild rechts) und seinem Kollegen Mag. Klaus Machajdik (Bild Mitte) die Kulturwünsche der Tiroler Schulen. Foto: Markt-Huter

Ziel ist die Förderung des Musischen als Gegengewicht zum Technisch-Rationalen. Dies soll vor allem durch die Begegnung von Kulturschaffenden mit Schülerinnen und Schülern im Rahmen des Unterrichts geschehen.

Gespräche und Diskussionen im kleinen, überschaubaren Rahmen sind daher wichtiger als Großveranstaltungen oder als reine Lesungen und Konzerte. Angesprochen werden Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen im ganzen Land Tirol, an Volks-, Haupt-, Sonderschulen und Polytechnischen Schulen, an den Berufsschulen, den Gymnasien, den Handelsschulen und Handelsakademien, an der HTL, den Schulen für wirtschaftliche Berufe, an den Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik und der Erzieherausbildung, den verschiedenen Kollegs und den Pädagogischen Akademien.
Quelle: Tiroler Kulturservicestelle

OStR. Prof. Mag. Hubert Außerlechner leitete die Tiroler Kulturservicestelle, die für die kulturelle Betreuung aller Tiroler Schulen zuständig ist, zwischen 1977 - 2008. Seither betreut der neue Leiter Mag. Kurt Arnold gemeinsam mit seiner Kollegin Mag. Johanna Kopp und seinem Kollegen Mag. Klaus Machajdik die Veranstaltungswünsche und Anliegen der Tiroler Schulen.

 

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Lesen in Tirol hat das Team der Tiroler Kulturservicestelle zum Interview gebeten und über die vergangene und laufende Tätigkeit der Einrichtung befragt.

Interview Teil 1

Lesen in Tirol: Was ist die Tiroler Kulturservicestelle und was sind ihre Aufgaben?

Kurt Arnold: Die Tiroler Kulturservicestelle ist eine Einrichtung beim Landesschulrat für Tirol, die seit dem Jahr 1974 besteht und deren Aufgabe es ist, Künstler an Schulen zu vermitteln. Wurden zu Beginn lediglich 50 Veranstaltungen im Jahr durchgeführt, so sind es heute ca. 2.400 Veranstaltungen im Jahr. Das bedeutet, dass heute in Tirol durchschnittlich 13 Veranstaltungen pro Schultag aus den Bereichen Literatur, Medien, Musik, Bildende Kunst, Theater, Film und Tanz stattfinden.


Die Aufgabe der Tiroler Kulturservicestelle ist es, Künstler an Schulen zu vermitteln. Foto: Markt-Huter

Unsere Veranstaltungen finden an allen Tiroler Schulen, das heißt in allen Bezirken von der Volksschule bis ins Gymnasium, statt. Dabei ist es uns ein Anliegen, die verschiedensten kulturellen Bereiche abzudecken. Derzeit haben wir 250 Künstlerinnen und Künstler im Programm.

Lesen in Tirol: Was waren die Anfangsziele der Tiroler Kulturservicestelle?

Kurt Arnold: Die Anfänge der Tiroler Kulturservicestelle gehen auf das Jahr der musischen Bildung zurück. Fritz Prior, der damalige Landesrat für Kultur-und Schulwesen und amtsführende Präsident des Landesschulrats für Tirol wollte zu diesem Anlass Akzente setzen und hat Künstler aufgefordert, an die Schulen zu gehen. Nach dem großen Erfolg der Aktion hat man beschlossen, auch in Zukunft Veranstaltungen an unseren Schulen anbieten zu wollen. Im Laufe der Jahre ist das Ganze dann langsam immer mehr angewachsen.

Lesen in Tirol: Wie ließ sich die Zunahme der Veranstaltungen bewältigen?

Kurt Arnold: Für unsere Aufgabe im Tiroler Kulturservice steht uns insgesamt ein Dienstposten zur Verfügung, der auf drei Lehrer aufgeteilt wird. Außerdem steht uns eine Teilzeit beschäftigte Sekretärin hilfreich zur Seite.

Die finanziellen Mittel für die Veranstaltungen werden durch das Land Tirol und die Dienstposten durch den Bund zur Verfügung gestellt.

Lesen in Tirol: Wie erfolgt die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler und welche Fähigkeiten werden für einen Besuch an den Schulen vorausgesetzt?

Kurt Arnold: Die Künstler sollen in ihrem Bereich entsprechend ausgebildet sein. Musiker sollen z.B. eine abgeschlossene Musikschulausbildung vorweisen können, frei schaffende Künstler sollen sich bereits einen Namen oder entsprechende öffentliche Preise erhalten haben. Die fachliche Qualifikation ist das Eine, der Umgang mit den Schülerinnen und Schülern das Andere worauf wir großen Wert legen.

Wir erhalten für jede Veranstaltung einen Bericht von der Schule, aus dem wir rasch erkennen können, wie die Auftritte der jeweiligen Künstler angekommen sind und ob sie in der Lage gewesen sind, auf die Interessen der Kinder auch einzugehen. 90 % der Künstlerinnen und Künstler die sich bei uns um eine Teilnahme bewerben, unternehmen ihre Schulbesuche mit Freude.


Kulturveranstaltungen aus allen Bereichen der Kunst können mit Hilfe der Tiroler Kulturservicestelle jedes Jahr an den tiroler Schulen stattfinden. Quelle: Tiroler Kulturservicestelle

Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler erfolgt in verschiedene Richtungen. Wir selbst halten auf der Suche nach neuen Künstlern immer alle Augen und Ohren offen, um unser Programmangebot kontinuierlich aktuell zu halten und zu erweitern. Auf der anderen Seite gibt es aber auch die Künstler, die sich bei uns melden. Ein dritter Weg ist die Auswahl von Künstlern direkt durch die Schulen, die bei uns dann um finanzielle Unterstützung für Schulauftritte ansuchen. Wenn in solchen Fällen die Berichte gut sind, überlegen wir, ob wir die Veranstaltung im nächsten Jahr mit ins allgemeine Programmangebot aufnehmen wollen.

Lesen in Tirol: Stammen die meisten Künstler, die an den Schulveranstaltungen teilnehmen, aus Tirol?

Kurt Arnold: Wir versuchen natürlich einen großen Teil des Programms mit Tiroler Künstlerinnen und Künstlern abzudecken, weil allein schon die Spesen für den Aufenthalt der Künstler viel geringer sind. Wir haben aber auch schon zahlreiche Künstler aus dem Ausland im Programm, wie z.B. einen Musiker aus Kalkutta.

Klaus Machajdik: Vor allem im Bereich der Literatur kommen viele Autorinnen und Autoren aus dem Tiroler Raum, der selbstverständlich Südtirol mit einschließt. Es sind aber natürlich auch sehr viele Literaten aus anderen österreichischen Bundesländern, aus Deutschland und der Schweiz in unserem Veranstaltungsprogramm zu finden. Was auffällt ist, dass gerade unter den teilnehmenden Schriftstellern sehr viele Preisträger - bis hin zum Staatpreis - anzutreffen sind.

Lesen in Tirol: Legen sie für die Schulveranstaltungen den Schwerpunkt überwiegend auf den Bereich Kinder- und Jugendautoren?

Klaus Machajdik: Wir haben natürlich einen Schwerpunkt bei den Kinder- und Jugendautoren, weil wir unsere Veranstaltungsangebot sehr stark an den Bedürfnissen des Pflichtschulbereichs ausrichten und weil sich unsere Hauptpartner zahlenmäßig vor allem im Volks- und Hauptschulbereich befinden.


Vor allem im Bereich der Literatur kommen viele Autorinnen und Autoren aus dem Tiroler Raum, der selbstverständlich Südtirol mit einschließt. Foto: Markt-Huter 

Lesen in Tirol: Gelingt es, alle Tiroler Bezirke gleichmäßig mit dem Veranstaltungsprogramm zu bedienen?

Kurt Arnold: Es besteht zwar in allen Bezirken ein reges Interesse an den Veranstaltungen, in der Praxis hat es sich hingegen als schwierig erwiesen, Randbezirke gleich intensiv mit Veranstaltungen zu versorgen wie z.B. Innsbruck, das einfach zentraler gelegen und viel leichter erreichbar ist.

Wir bemühen uns aber dennoch auch Lienz, Reutte u.a. Regionen so intensiv wie möglich mit Veranstaltungen zu versorgen. In der Praxis hat es sich aber gezeigt, dass vom Raum Innsbruck aus Schulen für Künstler am besten erreichbar sind.

 

>> Zum 2. Teil des Beitrags Die Tiroler Kulturservicestelle: Kultur an Tirols Schulen

 


 

Die Liste der internationalen, österreichischen und Tiroler Künstler, die für eine Begegnung mit Schülerinnen und Schülern gewonnen werden konnte, ist beeindruckend und kann im Folgenden nur Auszugsweise wiedergegeben werden:

Veranstaltungen 1975 - 1990

1975
Helmuth Schinagl, Paul Flora, Maria Luise Habicher, Auguste Lechner

1976
Karl Lubomirski, Hans Peter Niss, Hermann Kuprian, Dora Czell

1977
Hugo Bonatti, Max Engel, Otto Grünmandl, Anni Kraus

1978
Erika Mottl, Jutta Schutting, Herwig Seeböck, Hans Weigel

1979
Marianne Schönbeck, Hans Haid, Ingrid Planatscher, Laszlo Szelenyi

1980
Elfriede Ott, Gunter Schneider, Gertrud Fussenegger, Griseldis Hofer

1981
Alois Schöpf, Lisl Ujvary, Alois Brandstetter, Humbert Fink

1982
Felix Mitterer, Renate Welsh, Brigitte Mumelter, Manfred Chobot

1983
Christine Nöstlinger, Lene Mayer-Skumanz, Helmuth Schinagl, Käthe Recheis

1984
Friedericke Mayröcker, Adolf Muschg, Franz Sales Sklenitzka, Peter Turrini

1985
Norbert Gstrein, Maria Luise Habicher, Fritz Molden, Tiroler Ensemble für Neue Musik

1986
Heino Fischer, Barbara Frischmuth, Monika Frühling, Wolfgang Bauer

1987
Herbert Prikopa, Peter Ratzenbeck, Alpenländische Volksmusik, Lina Hofstädter

1988
Cheikh-Afro-Dance, Lotte Ingrisch, Gottfried von Einem, Barbara und Jacques Loneux

1989
Angelika Ladurner, Anton Pelinka, Reiner Schiestl, Ursula Voigt

1990
Michael Köhlmeier, Ingrid Kötter, Kirsten Boie, Hans Augustin

 

Weiterführende Links:
Tiroler Kulturservice im Landesschulrat für Tirol

 

Andreas Markt-Huter, 23-04-2010

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