LERNUMFELDBEDINGUNGEN

Lernumfeldbedingungen.PNGÜber alle Schulstufen hinweg dürfen „Lernumfeldbedingungen“ keinesfalls vernachlässigt werden, da der sozioökonomische Hintergrund, spezifische Lebensbedingungen und Interaktionen in Familien einen nachhaltigen Einfluss auf das Lernen allgemein von Schülerinnen und Schülern haben. Diesen Einfluss können wir tagtäglich in unseren Klassen erleben.

20 % der Schülerinnen und Schülern am Ende der Volksschule und 28 % der 15/16-jährigen Schulabgänger beherrschen maximal Basiskompetenzen des Lesens bzw. sind nicht in der Lage, sinnerfassend zu lesen (Vogtenhuber et al., 2012).

Lesen ist DER Grundstein für das Lernen in allen Fächern und den Wissenserwerb und das berufliche Fortkommen nach der Schulzeit.

Bildungsferne Familien, Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status oder mit Migrationshintergrund wissen oft weniger über unser Schulsystem und die schulischen Inhalte Bescheid. Kinder aus diesen Familien erhalten weniger Unterstützung sowohl das Lernen betreffend als auch die Schulwahl, oft weil die Unterrichtssprache Deutsch nicht oder nur mangelhaft beherrscht wird (Vogtenhuber, Lassnigg und Bruneforth, 2012).

Überdurchschnittlich viele Kinder mit einer anderen Alltagssprache als Deutsch gehören zur Gruppe der schwächsten Leserinnen und Leser. Mangelnde Kompetenz in der Unterrichtssprache beeinflusst den Leseerwerb wesentlich. Das gilt auch für Kinder mit Deutsch als Erstsprache, deren Kompetenzen in der Unterrichtssprache unzureichend ausgebildet sind.

Kinder mit Verhaltensproblemen bzw. emotionalen Problemen haben oft Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb. Klicpera und Gasteiger-Klicpera (1993) haben in ihrer Wiener Längsschnittstudie beschrieben, dass z.B. hyperaktives Verhalten sich negativ auf den Leseerwerb auswirken kann, mehr Einfluss hat allerdings eine schwache Leseleistung auf das Verhalten. Schwache Leserinnen und Leser sind weniger beliebt und werden häufiger angegriffen. Dadurch können sich auffällige Verhaltensweisen verstärken (Schabmann, Landerl und Bruneforth, 2012).

Soziale Einflüsse, die sich auf den Schulerfolg negativ auswirken können, sind zum Beispiel

       Armut

  à weniger Zeit für Unterstützung der Kinder

  à in der Familie wird weniger gelesen/vorgelesen

  à es gibt weniger Bücher/Zeitschriften

  à Schriftsprache wird kaum verwendet

 

      Lebensbedingungen und Interaktionen in den Familien (sind weniger abhängig vom Einkommen als vom Bildungsstand der Eltern)

  à Leseverhalten in der Familie

  à Ausstattung mit Büchern/Zeitschriften

  à Vorlesen (Eltern-Kind-Interaktionen)

 

Stanovic (1986) beschreibt den sogenannten Matthäus-Effekt. Wenn es im Unterricht nicht gelingt, diese Nachteile, die die Kinder mit in die Schule bringen, auszugleichen, vergrößert sich der Leistungsunterschied zwischen den betroffenen Kindern und ihren Mitschülern im Laufe der Schulzeit (Schabmann et al., 2012).

 

Literatur:

Gasteiger-Klicpera, B., Klicpera, C., & Schabmann, A. (2006). Der Zusammenhang zwischen Lese-, Rechtschreib- und Verhaltensschwierigkeiten: Entwicklung vom Kindergarten bis zur vierten Grundschulklasse. Kindheit und Entwicklung, 15(1), 55–67. https://doi.org/10.1026/0942-5403.15.1.55

Schabmann, A., Landerl, K., Bruneforth, M. & Schmidt, B. M. (2012). Lesekompetenz, Leseunterricht und Leseförderung im österreichischen Schulsystem. Analysen zur pädagogischen Förderung der Lesekompetenz. In Herzog-Punzenberger, B. (Hrsg.). (2012). Nationaler Bildungsbericht Österreich 2012. 2: Fokussierte Analysen bildungspolitischer Schwerpunktthemen / Barbara Herzog-Punzenberger (Hrsg.).

Vogtenhuber, St., Lassnigg, L. & Bruneforth, M. (2012). Kontext des Schul- und Bildungswesens. Der sozioökonomische Hintergrund der österreichischen Schüler/innen. In Lassnigg, L., & Bruneforth, M. (Hrsg.). (2012). Nationaler Bildungsbericht Österreich 2012. 1: Das Schulsystem im Spiegel von Daten und Indikatoren / Michael Bruneforth & Lorenz Lassnigg (Hrsg.).

 Vogtenhuber, St., Lassnigg, L., Gumpoldsberger, H., Schwantner, U., Suchań, B., Bruneforth, M., Toferer, B., Wallner-Paschon, Ch., Radinger, R., Rieß C. & Eder F. (2012). Output – Ergebnisse des Schulsystems. In Lassnigg, L., & Bruneforth, M. (Hrsg.). (2012). Nationaler Bildungsbericht Österreich 2012. 1: Das Schulsystem im Spiegel von Daten und Indikatoren / Michael Bruneforth & Lorenz Lassnigg (Hrsg.).

Zielgruppe