Bernhard Aichner, Das Nötigste über das Glück

Buch-Cover

Der Romantitel verheißt schräg attraktiv jenes Glück, das oft Ratgeber anbieten.

Immerhin suggeriert er so etwas wie schnelle Hilfe, Reduktion auf das Nötigste und jede Menge Glück. Dahinter steckt freilich die aufregende Überlegung: Was braucht man wirklich zum Glück und wie könnte dieses ausschauen?

Bernhard Aichner läßt zu diesem Zweck den Obermeister des Glücks, den Hans im Glück, durch halb Europa reisen. Zum Glück braucht es folglich eine gute Partnerin, Bewegung, Aufbruchsstimmung, wenig Gepäck, regelmäßigen Sex und ein südliches Ziel.

Elvina ist die ideale Partnerin für alle Lebenslagen. Dabei hat sie schon einiges hinter sich, einige Verkehrsunfälle und einen längeren Aufenthalt in Gugging. Ihre spontanen Lebensausbrüche sind nicht nur für den Leser gewöhnungsbedürftig, auch ihre Mitmenschen sind nicht sehr amused, wenn sie eine heruntergehauen bekommen oder einen abrupten Denksturz über sich ergehen lassen müssen. Nur Hans wird durch sie glücklich, indem er sie wörtlich nimmt und sie sein läßt was sie ist, eine Person, die fast aus einem Kinderbuch gesprungen sein könnte.

Bernhard Aichner erzählt markant fotografisch. Die Sätze sind kurz und schmatzen wie alte Kameraverschlüsse, wenn eine schnelle Serie geschossen wird.

?Irgendwann kommt er nicht mehr zurück. Ich kann ihn nicht einsperren. Wollen Sie Eier. Anna, zwei Eier. Und noch Kaffee für die Dame. Und Fruchtsalat. Danke, Anna.? (69) ?

In diesem Knipsen der Erzählkamera gehen Gespräche, Beobachtungen und abgebildete Dinge in einander über.

Geschichten, die mit dem Glück zu tun haben, haben oft eine seltsame Logik der Wahrscheinlichkeit. So gibt es in diesem Roadmovie immer wieder Unfälle, entweder in der Erinnerung oder beim Autostoppen, die Reise geht nämlich alles andere als glatt vonstatten. Glatt freilich läuft zu jeder Zeit die sexuelle Entspannung ab. ?Der Vibrator summte. Und der Dildo steckte in Hans? Hintern.? (79) Dem Glück kann offensichtlich nachgeholfen werden.

Die 53 Sequenzen des Romans laufen wie Gutenachtgeschichten über den Kontinent. Bei jedem Umblättern könnte es schon vorbei sein mit dem Glück oder es trifft vielleicht erst auf der nächsten Seite ein. Allmählich entsteht eine eigenartige Geschwindigkeit. Einerseits schlagen die Sätze wie in einem Stierkampf Marke Hemingway auf die Glückssuchenden ein, andererseits ist jede Menge Zeit vorhanden, so dass man eigentlich nichts mehr zu sagen braucht. Und dann noch das schöne Ende, ganz Realitätsmärchen.

?Hans zog eine Bestellung aus dem Fax. Doppelstegplatten. Elvina lag im Bett
und übersetzte die Bedienungsanleitung für einen Entsafter. Elvinas Zehen wackelten. Hans nahm sie in seinen Mund.? (96)

Bernhard Aichner, Das Nötigste über das Glück. Roman.
Innsbruck: Skarabaeus 2004. 96 Seiten. EUR 14,-. ISBN 3-7082-3152-X.

 

Helmuth Schönauer, 10-10-2004

Bibliographie

AutorIn

Bernhard Aichner

Buchtitel

Das Nötigste über das Glück

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2004

Verlag

Skarabaeus

Seitenzahl

96

Preis in EUR

EUR 14,-

ISBN

3-7082-3152-X

Kurzbiographie AutorIn

Bernhard Aichner, geb. 1972, lebt in Innsbruck.