Cornelia Hermanns, Chinas Strategen
„Die chinesischen Kommunisten haben die Formel geprägt: Der Sozialismus chinesischer Prägung. Auf den folgenden Seiten soll der Sozialismus chinesischer Prägung für Nichtchinesen verständlich werden, China und sein origineller Kommunismus für Anfänger sozusagen, für Leserinnen und Leser, die nicht sinologisch vorgebildet sein müssen.“ (S. 9)
War die Volksrepublik China mit seinen 1,4 Milliarden Einwohner 1949 bei ihrer Gründung noch eines der ärmsten Länder der Welt, hat sich das Land seit den 1980-er Jahren sukzessive an seiner Industrialisierung und Modernisierung gearbeitet. Heute setzt China an die USA als führende Wirtschaftsmacht abzulösen. Ein guter Grund die Herrschaftsstrukturen und führenden Politiker des Landes seit seiner Gründung näher zu beleuchten.
Gleich zu Beginn wird klar, dass die Autorin China mit wohlwollender Bewunderung betrachtet und der meist kritisch bis negativen Berichterstattung der westlichen Medien ein ausgewogeneres Bild des politischen Lebens entgegenstellen will. Dazu werden die zentralen Unterschiede der politischen Systeme in China und im kapitalistischen Westen herausgearbeitet, die in der Formel „Washington Consenus versus Beijing Consensus“ seinen plakativen Ausdruck findet. Während für die USA die Wahrung der bürgerlichen und politischen Rechte des Menschen im Mittelpunkt stehen legt China den Wert auf die Wahrung der „wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte“ (S. 18), weshalb die individuellen Rechte eine zweitrangige Rolle spielen.
Nach einer Darstellung er Organisation des Staates und der Kommunistischen Partei als einziger Partei werden auch die Struktur des Landes und Rekrutierung der Parteimitglieder erläutert.
Der Hauptteil des Sachbuchs setzt sich historisch mit den fünf Führungsgenerationen in China seit der Machtübernahme der Kommunistischen Partei 1949 auseinander. Beginnend mit der Geschichte der ersten Generation, der kommunistischen Umstrukturierung der Gesellschaft und der Entwicklung eines „Sozialismus nach chinesischer Art“ unter Mao-Zedong, werden die Kurzbiographien der zentralen Protagonisten der Anfangszeit von Mao bis Liu Shaoqi vorgestellt.
Die zweite Generation in der Nachfolge Mao-Zedong setzt sich mit der beginnenden Modernisierung und Öffnung des Landes auseinander, die besonders mit dem Namen Deng Xiaoping verbunden wird. In der dritten Generation rund um Jian Zemin steht die Umsetzung einer sozialistischen Marktwirtschaft mit kapitalistischen Elementen im Mittelpunkt. Die vierte Generation unter Führung Hu Jintaos wird als Phase des Stillstands bewertet, in der die marktorientierten Reformen und die sozialen Standards stagniert sind und die Umweltschäden bedrohliche Ausmaße erreicht haben.
In der fünften und gegenwärtigen Führungsgeneration unter Xi Jinping stehen die wirtschaftlichen, gesellschaftliche und ökologischen Probleme ebenso im Zentrum der Politik, wie der weltweite Ausbau der Handelsbeziehungen und der Aufstieg zur Weltmacht, die zunehmend mit den USA in Konflikt gerät.
Cornelia Hermanns bietet interessante Einblicke in die politischen, gesellschaftliche und wirtschaftlichen Verhältnisse Chinas und zeigt die wesentlichen historischen Wendungen von der Machtübernahme der Kommunisten bis in die Gegenwart auf.
Ein informatives Sachbuch, das einen wohlwollenden Blick auf die positiven wie negativen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen des Landes wirft und hilft, gegenwärtige Ereignisse besser zu verstehen und einzuordnen.
Cornelia Hermanns, Chinas Strategen. Die Staatslenker von Mao Zedong bis Xi Jinping
Esslingen: Drachenhaus Verlag 2021, 296 Seiten, 29,60 €, ISBN 978-3-943314-11-3
Weiterführende Links:
Drachenhaus Verlag: Cornelia Hermanns, Chinas Strategen
Homepage: Cornelia Hermanns
Andreas Markt-Huter, 23-02-2022