Peter Plaikner, Luis Durnwalder
Straßen nach Lebenden zu benennen und aktive Politiker in Büchern zu besingen, das sollten Tabus in einer funktionierenden Demokratie sein.
Nun sprengt gerade der Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder alle Vorstellungen einer politischen Person, so dass man eine Ausnahme machen kann, wird sich der Herausgeber Peter Plaikner gedacht haben, und hat sich auf dieses diffuse Wagnis eingelassen. Profis hätten wahrscheinlich nein gesagt.
Dabei macht Peter Plaikner seine Sache gar nicht so schlecht, er skizziert den Lebenslauf Luis Durnwalders, indem er jeweils die politische Weltlage dagegen spiegelt. So löst er den Krampf, dass sich in Südtirol seit Jahrzehnten alles um Luis dreht, wie ihn die Deutschen nennen, oder um Il Durni, wie er bei den Italienern heißt.
Zum anderen lässt er in Interviews Wendelin Weingartner, Hans Karl Peterlini und den in allen Belangen unverzichtbaren Reinhold Messner zu Durnwalder Stellung nehmen, wobei gerade die Einschätzung des Nord-Altlandeshauptmannes Weingartner zwischen den Zeilen schon einige Unebenheiten im Aktionismus des Gefeierten erkennen lässt.
Die inneren Reflexionen des Autors, seine starke Anbiederung an die TT, die offensichtlich das ganze finanziert hat, sowie seltsam lobhudelnde Darstellungen seiner Kollegen sind die Schwachpunkte dieser Society-Biographie.
Denn stellenweise liest sich Luis Durnwalder wie eine Seifenoper Bauer sucht Frau, der Landeshauptmann sucht sein Glück. Natürlich sind jede Menge gute Sager dabei, statt auf Facebook bei den Leuten, ich will die Leute in der Früh von vorne sehen, dann ersparen sie sich vielleicht untertags den Psychiater, mit 77 abtreten wäre eine gute Zahl, aber dann hätte ich vielleicht keine Freunde mehr.
In manchen Passagen, wie etwa im Umgang mit den Bauern, wie etwa in der fatalen Erinnerung an die "Erbwunde" Landes-Teilung lässt sich mit einem Mal das Wesen des Landeshauptmannes verstehen, weil man auch das Umfeld versteht, in dem er groß geworden ist und sich noch immer so gerieren darf.
Zwischen den Zeilen liest man dann auch so manche Botschaft für die Zukunft heraus, nämlich dass sich die Südtiroler durch den italienischen Faschismus nicht unterdrücken, wohl aber durch das Geld der Autonomie haben kaufen lassen. Und dass mittlerweile alle aus seiner unmittelbaren Umgebung aufgegeben oder ihn verlassen haben, dass viele nur noch warten, bis diese Epoche irgendwie zu Ende geht, steht ebenfalls verschlüsselt im Text. So gesehen ist das Unterfangen Peter Plaikners durchaus zu würdigen, in der Hauptsache bleibt das Buch freilich eine Pfeife auf der Medienorgel, die Luis Durnwalder täglich von sechs Uhr morgens bis Mitternacht spielt.
Peter Plaikner, Luis Durnwalder. Der Südtiroler und Europäer
Wien: Styria 2011 (= TT, styria premium), 201 Seiten, 19,90 €, ISBN 978-3-222-13347-3
Weiterführende Links:
Styria-Verlag: Peter Plaikner, Luis Durnwalder. Der Südtiroler und Europäer