Alex Carey, Demokratie ohne Risiko

Andreas Markt-Huter - 29.10.2025

Alex Carey, Demokratie ohne Risiko„Seit sechzig Jahren werden in den USA Propagandatechniken entwickelt und eingesetzt, mit denen erreicht wird, dass der einfache Mann zwar der Zwangsherrschaft des politischen Despotismus zu entkommen vermag, aber dennoch in kontrollierbarer Weise im Dienste anderer Interessen als seiner eigenen steht.“ (S. 48)

„Demokratie ohne Risiko“ bietet eine Sammlung an zahlreichen unveröffentlichten Aufsätzen und Forschungsbeiträgen, die der australische Sozialpsychologe Alex Carey zur Rolle der Unternehmenspropaganda im 20. Jahrhundert verfasst hat. Im Zentrum der Untersuchung steht, mit welchen Mitteln Unternehmen, PR-Agenturen und politischer Eliten versuchen, die öffentliche Meinung in Demokratien für die Durchsetzung eigener politischer Interessen zu manipulieren.

„Teil I: Die Abschottung des amerikanischen Geistes“ geht zunächst der Definition von Propaganda und den Anfängen der Propaganda in Amerika nach. Dabei wird gezeigt, dass die Entwicklung demokratischer Rechte und Einrichtungen durch die zunehmende Bedeutung der öffentlichen Meinung der der Erhaltung von Privilegien und bestehender Machtverhältnisse entgegensteht. Während Diktaturen zu Gewaltmitteln greifen können, hat sich in Demokratien die Propaganda als erfolgreiches Machtinstrument etabliert, um die Interessen kleiner, aber mächtiger und finanzstarker Gruppen zu fördern.

In weiterer Folge wird die Zunahme der Demokratie im 20. Jahrhundert und das Wachstum der Konzernmacht sowie der Konzernpropaganda als Schutz vor der Demokratie näher beleuchtet. Dabei werden die Herausforderungen aufgezeigt, vor denen sich die Konzerne in den verschiedenen Zeitabschnitten rund um die beiden Weltkriege gestellt sahen, um den Einfluss demokratischer Entwicklungen auf die Wirtschaft zurückzudrängen. Dabei spielt die Missionierung des Volkes durch die Wirtschaft und die Amerikanisierungsbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine wichtige Rolle. Propaganda wird als Mittel der Massenmobilisierung etabliert, das billiger als Gewalt, Bestechung oder anderer Kontrollmöglichkeiten ist.

„Teil II: Export des Glaubens an die freie Marktwirtschaft“ zeigt die Ausbreitung der amerikanisch geprägten wirtschaftlich kontrollierten Demokratie in der westlichen Welt. Dabei mussten durch die kritischen öffentlichen Stimmen zum Vietnamkrieg neue Propagandainstrumente entwickelt werden, um die zunehmend elitenfeindlichen Stimmungen zum Schweigen zu bringen. Dazu gehörte in den USA auch die Ablehnung einer Arbeitsrechtreform und ein zunehmender Einfluss von Unternehmensinteressen auf das Bildungssystem. Neben den Entwicklungen in den USA zeigt Carey auch ähnlich verlaufende Entwicklungen in Australien auf.

„Teil III: Propaganda in den Sozialwissenschaften“ beschäftigt sich zunächst mit dem Zusammenhang von Sozialwissenschaften, Ökonomie und Gesellschaft und wie Unternehmen die Sozialwissenschaften benutzen, um die Wahrnehmung von Leistungen und Handlungen von Unternehmen für die Gesellschaft in ein positives Licht zu rücken. Dazu werden verschiedene Schulen, Theorien und Studien analysiert, die zu diesem Zweck entwickelt wurden.

Die zu einem schlüssigen Gesamtwerk zusammengestellte Sammlung wissenschaftlicher Aufsätze und Beiträge von Alex Carey, die er bis zu seinem Tod 1987 verfasst hat, zeigen, wie die verschiedenen Formen der Unternehmenspropaganda seit Beginn des 20. Jahrhunderts zunehmend demokratische Prozesse unterminieren konnten. Anhand zahlreicher Beispiele der geschichtlichen Entwicklung und der theoretischen Auseinandersetzung mit den verschiedenen Schulen von Propagandatechniken öffnet Carey den Blick auf meist verdeckte Manipulationstechniken der Gegenwart.

Ein überaus lesenswertes und tiefgründiges Sachbuch zum Thema „Demokratie und Manipulation“, das auch heute noch Relevanz für sich beanspruchen darf.

Alex Carey, Demokratie ohne Risiko. Wie Unternehmenspropaganda unsere politische Freiheit untergräbt, übers. v. Julien Karim Akerma [Orig. Titel: Taking the Risk out of Democracy. Corporate Propaganda versus Freedom and Liberty]
Neu-Isenburg: Westend Verlag 2025, 320 Seiten, 28,80 €, ISBN 978-3-86489-459-6

 

Weiterführende Links:
Westend Verlag: Alex Carey, Demokratie ohne Risiko
Wikipedia: Alex Carey
Wikipedia: Karim Akerma

 

Andreas Markt-Huter, 16-09-2025

Bibliographie
Autor/Autorin:
Alex Carey
Buchtitel:
Demokratie ohne Risiko. Wie Unternehmenspropaganda unsere politische Freiheit untergräbt
Originaltitel:
Taking the Risk out of Democracy. Corporate Propaganda versus Freedom and Liberty
Erscheinungsort:
Neu-Isenburg
Erscheinungsjahr:
2025
Verlag:
Westend Verlag
Übersetzung:
Julien Karim Akerma
Seitenzahl:
320
Preis in EUR:
28,80
ISBN:
978-3-86489-459-6
Kurzbiographie Autor/Autorin:
Alex Carey (1922 - 1987) war ein australischer Schriftsteller und Sozialpsychologe und lehrte an der University of South Wales. Seine Forschung zu Unternehmenspropaganda gilt als Pionierarbeit und sein Buch „Taking the risk out of democracy“, das posthum erschien, zählt heute zu den bedeutendsten Titeln in seinem Feld.

Karim Akerma ist ein deutscher Philosoph und Übersetzer.