Dan Jones, Kreuzfahrer

Andreas Markt-Huter - 05.11.2025

Dan Jones, Kreuzfahrer„Dies ist ein Buch über die Kreuzzüge: die Kriege, die christliche, päpstlich sanktionierte Heere gegen die vermeintlichen Feinde Christi und der Kirche von Rom im Mittelalter führten. Der Titel Kreuzfahrer beschreibt sowohl das Thema als auch meinen Ansatz. Im Mittelalter gab es lange Zeit kein Wort, um «die Kreuzzüge» so zu beschreiben, wie wir sie heute verstehen: eine Reihe von acht oder neun großen Expeditionen von Westeuropa ins Heilige Land, ergänzt durch eine Reihe weiterer, indirekt damit verbundener Kriege, die von den sonnenverwöhnten Städten an der nordafrikanischen Küste bis zu den kältestarren Wäldern des Baltikums geführt wurden.“ (S. 19 f)

Dan Jones erzählt in seiner Monographie „Kreuzfahrer“ die Geschichte der Kreuzzugsbewegung von seinen Voraussetzungen und Anfängen seit den 1060-er Jahren über den endgültigen Zusammenbruch des Königreichs Jerusalem im Jahr 1291 hinaus bis zum Abschluss der Reconquista in Spanien im Jahr 1492. Konzipiert ist das Buch als chronologische Aufeinanderfolge von Episoden von Personen, die an den Kreuzzügen auf verschiedenen Seiten, ober Männer oder Frauen, Christen oder Muslimen, beteiligt waren. Die daraus resultierenden unterschiedlichen Blickwinkel, machen den ganz besonderen Reiz der Darstellung aus.

Das erste von drei Kapiteln „Entscheidung durch Gottesurteil“ beginnt mit der Vorgeschichte der Kreuzzüge, die mit der Machtübernahme der Normannen und der Vertreibung der muslimischen Herrscher in Süditalien in den 1050-er Jahren. Bald darauf erfolgte der Übergriff auf Sizilien, das im Jahr 1091 endgültig erobert werden konnte.

Mit Spanien wird ein anderer Schauplatz beleuchtet, auf dem sich ebenfalls christliche und muslimische Herrscher gegenüberstanden, die um die Vorherrschaft auf der Halbinsel mit wechselseitigen Erfolgen rangen. Auslösender Moment für die Hinwendung der religiösen Auseinandersetzung war jedoch der Hilferuf des byzantinischen Kaisers Alexios I. Komnenos im Jahr 1095, der von den Seldschuken bedrängt wurde. Wie der Hilferuf in Westeuropa aufgegriffen und mit Unterstützung von Papst Urban II. verbreitet worden ist, behandelt ein eigener Abschnitt.

Die weiteren Abschnitte zeigen aus der Perspektive unterschiedlicher Persönlichkeiten der sich feindlich gegenüberstehenden Kontrahenten den weiteren Verlauf der Eroberung von Gebieten Kleinasiens, der Levante und schließlich der Eroberung Jerusalems im Jahr 1099.

Das zweite Kapitel „Das Himmelreich“ schildert den weiteren Verlauf der Errichtung christlicher Königreiche in der Levante, die Gründung des Ritterordens der Templer, mit dem Ziel die Pilgerwege zu schützen und die folgenden ständigen Auseinandersetzungen mit muslimischen Herrschern. Dabei stehen u.a. Protagonisten wie der norwegische König Sigurd der Jerusalemfahrer, Melisende, die Königin von Jerusalem oder Saladin, der die Macht in Ägypten übernahm und Jerusalem zurückeroberte, im Mittelpunkt der Darstellung.

Das dritte Kapitel setzt sich mit den vergeblichen Versuchen der Christen Jerusalem zurückzuerobern auseinander, schildert den dritten Kreuzzug mit dem englischen Richard Löwenherz im Mittelpunkt, dem es in Verhandlungen gelingt, für christliche Pilger einen freien Zugang nach Jerusalem zu erwirken. In der Folge wird die Rolle Venedigs für die weiteren Ereignisse in der Levante hervorgehoben und die Ausdehnung des Kreuzzugsgedankens auf die Ostseeregion und die Katharer und Albigenser in Südfrankreich, die als Häretiker verurteilt wurden. Das Aufkommen der Mongolen besiegelt schließlich das Ende der Kreuzfahrerstaaten. Der weitere Verlauf der Darstellung beschäftigt sich mit Ausgreifen des Deutschen Ritterordens nach Preußen und dem Ende des letzten muslimischen Reiches in Spanien. Ein Epilog zeigt die Einflüsse der Kreuzzüge auf die Gegenwart. In einem kurzen Anhang finden sich die Daten der wichtigsten handelnden Personen, eine Liste der Könige und Königinnen von Jerusalem zwischen 1099 – 1324 und der Päpste zwischen 1088 – 1334.

Mit „Kreuzfahrer. Der epische Kampf um das Heilige Land“ gelingt Dan Jones eine dramatische und lebendige Schilderung der Geschichte der Kreuzzüge und zeigt die Motive, Ziele und das Handeln der einzelnen Protagonisten anschaulich auf. Dabei werden die Handlungen ganz gegensätzliche Personen vorgestellt, die den Verlauf der Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten.

Ein ebenso lesenswertes wie informatives Sachbuch, das den verschiedenen handelnden Parteien und Blickwinkeln gerecht wird und diese zur Sprache kommen lässt. Die klare Struktur, die verständliche Darstellung und die wechselnden Perspektiven machen die Geschichtsmonographie zu einem ebenso unterhaltsamen wie spannenden und informativen Lesevergnügen.

Dan Jones, Kreuzfahrer. Der epische Kampf um das Heilige Land, übers. v. Heike Schlatterer / Karin Schuler [Orig. Titel: Crusaders. An Epic History of the Wars for the Holy Lands]
München: C.H. Beck Verlag 2025, 544 Seiten, 28 Abb. und 10 Karten, 37,95 €, ISBN 978-3-406-83426-4

 

Weiterführende Links:
C.H. Beck Verlag: Dan Jones, Kreuzfahrer
Wikipedia: Dan Jones

 

Andreas Markt-Huter, 13-10-2025

Bibliographie
Autor/Autorin:
Dan Jones
Buchtitel:
Kreuzfahrer. Der epische Kampf um das Heilige Land
Originaltitel:
Crusaders. An Epic History of the Wars for the Holy Lands
Erscheinungsort:
München
Erscheinungsjahr:
2025
Verlag:
C. H. Beck Verlag
Übersetzung:
Heike Schlatterer / Karin Schuler
Seitenzahl:
544
Preis in EUR:
37,95
ISBN:
978-3-406-83426-4
Kurzbiographie Autor/Autorin:
Dan Jones, Historiker und Journalist, wurde in Großbritannien und den USA durch historische Bestseller und Fernsehdokumentationen zur Geschichte der Frühen Neuzeit und des Mittelalters bekannt.

Heike Schlatterer, Amerikanistin und Historikerin, übersetzt historische Sachbücher und erzählende Literatur u.a. von Ibram X. Kendi, Naomi Klein, Jaron Lanier und Paul Theroux.

Karin Schuler studierte Latein und Geschichte in Tübingen und Bonn. Sie übersetzt seit 1993 Bücher über Geschichte, Politik, Archäologie, Religionsgeschichte, Ägyptologie und Kunst aus dem Englischen und Italienischen.