H. W. Valerian, Nicht zu glauben

Buch-CoverIm Alltag wird die Fügung „nicht zu glauben“ meist mit Kopfschütteln oder Seufzen unterlegt, eine Geschichte ist meist dann so richtig gut, wenn sie fast nicht zu glauben ist. Die unglaublichste Geschichte überhaupt ist freilich die Geschichte rund ums Glauben selber, sie ist tatsächlich kaum zu „derpacken“, wie man so im Volksmund sagt.

H.W. Valerian hat nichts anderes im Sinn, als mit den Mitteln der katholischen Glaubenslehre diese zu hinterfragen und ins Leere laufen zu lassen. – Ein wunderbares, intellektuell anregendes und sagenhaft spannendes Unterfangen!

In einem Land, wo letztlich alles derstunken und derlogen ist, darf auch der Autor nicht unter seinem echten Namen auftauchen, schließlich gibt es immer noch den subtilen Terrorismus in der Provinz, wo jeder Un- oder Andersgläubige sofort vernichtet wird. Valerian ist also ein Künstlername, wobei zu genießen ist, dass der römische Kaiser dieses Namens vor seiner Regentschaft von 253 – 260 n. Z. in den Provinzen Noricum und Raetien das Handwerk des Provinzmanagements von der Pike auf gelernt hat.

Unter dem Deckmantel des Pseudonyms heraus bombardiert der Autor in der Folge den Leser mit zwölf Giga-Briefen und einem Abspann.

Die weit ausholende Form der Reflexion ist gewöhnungsbedürftig, aber der süffisante Stil, mit dem die katholischen Pseudothemen eingekreist und schließlich ausgehebelt werden, ist bemerkenswert.

Freilich gilt auch für Valerian, was für alle Glaubensritter gilt. Wer schon was glaubt, wird bestärkt, wer nichts glaubt, glaubt weiterhin nichts, weil die Sache mit der Glauberei eben nicht logisch oder intellektuell vermittelt werden kann. So bleibt für den intellektuell aufgeschlossenen Leser ein Riesengenuss, sich das katholische Abendland einmal vorführen zu lassen und sein Versinken in den eigenen Argumenten zu beobachten.

  • Warum ist die Kirche gegen die Abtreibung aber für die Todesstrafe?
  • Warum haben die Menschen ähnliche Bilder vom Jenseits und besetzen diese manchmal religiös?
  • Warum entwickelt sich die Welt doch irgendwie passabel, obwohl ständig Menschen der Religion den Rücken kehren?
  • Warum sind Menschen in einem religiös durchtränkten Land um nichts besser als gottlose Menschen in einem aufgeklärten Gemeinwesen?

Valerian schält ununterbrochen pfiffige Fragen aus dem Lullebrei der Religion. Dabei zitiert er frisch und unverfroren aus den Bestsellern der Geistesgeschichte und diskutiert dialektisch einwandfrei und mitreißend. Die notwendigen Anspielungen und Seitenhiebe sind ironisch fein verfasst, etwa wenn sich herausstellt, dass der ehemalige Betreiber des Kirchenvolksbegehrens deshalb Landesschulinspektor geworden ist, weil beten eben doch was hilft.

Neben den Auffrischungen des eigenen Gemüts lernt man als Leser wieder jene Tugend aus vergangenen Zeiten, die das Leben aufregend machen: Diskutieren, dranbleiben, Dampf ablassen.

H. W. Valerian, Nicht zu glauben. Briefe an einen katholischen Freund.
Innsbruck: Limbus 2006. 376 Seiten. EUR 15,30. ISBN 3-902534-01-X.

 

Weiterführender Link:
Limbus-Verlag: H. W. Valerian, Nicht zu glauben

 

Helmuth Schönauer, 11-07-2006

Bibliographie

AutorIn

H. W. Valerian

Buchtitel

Nicht zu glauben. Briefe an einen katholischen Freund

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2006

Verlag

Limbus

Seitenzahl

376

Preis in EUR

15,30

ISBN

3-902534-01-X

Kurzbiographie AutorIn

H. W. Valerian (= Pseudonym), geb. 1950, lebt und arbeitet in Innsbruck.