Geschichte | Politik

Gerard Kanduth, lichtbilanz

h.schoenauer - 09.04.2025

Gerard Kanduth, lichtbilanzIn der Lyrik und in der Fotografie kommt es vor allem auf das Licht an. Beim ersten Einsetzen der Dämmerung lässt sich eine erste Bilanz ziehen: Wie war das Licht des Tages und welche Bilder hat es zugelassen?

Gerard Kanduth zieht mit seinem Gedicht- und Bilderband eine Lichtbilanz zum Tag, zum Aufflackern der Jahreszeit und wohl auch zum Abklingen-lassen der Alltagsrasanz. „an der schwelle / zwischen tag / und nacht / ziehst du / lichtbilanz // was und wieviel / hast du / gegeben / bekommen / genommen / gewonnen / verworfen / verloren // ist dein blick / klarer oder trüber / geworden“ (91)

Regina Hilber, Am Rande

h.schoenauer - 07.04.2025

Regina Hilber, Am RandeIn beinahe geheim überlieferten Lebenserfahrungen ist oft die Rede davon, dass die fettesten Gräser am Rande eines Feldes anzutreffen sind. Und auch im weiten Feld der Kultur gilt die Erfahrung, dass sich die essentiellen Dinge oft am Rand abspielen.

Regina Hilber wendet in ihren Essays „Am Rande“ ihr Augenmerk diesen Randzonen zu, die das genaue Gegenteil einer sogenannten Randnotiz sind. Sie stellt das jeweilige Thema in den Mittelpunkt authentischer Erfahrungen und entrückt es dadurch dem Rand. Ihre Essays sind nämlich „Versuche“ im wörtlichen Sinn, Reise- und Lektüreerfahrungen zu einem neuen Thema zu verschmelzen. Und wie bei ungewöhnlichen Versuchen üblich, ist auch der Leser dazu angehalten, seine Lektüre des Essays als offenen Versuch des Lesens zu betreiben.

Marie Theres Foidl, Erinnerungen der Marie Theres Foidl

h.schoenauer - 04.04.2025

Marie Theres Foidl, Erinnerungen der Marie Theres FoidlIm Jahr 1951 sitzt eine Mutter in St. Johann vor einem leeren Papierhaufen und beginnt mit dem Aufschreiben von Erinnerungen für ihren Sohn. Die Schreiberin ist Marie Theres Foidl vom Lacknerhof. Sie ist aus Deutschland zugezogen und will ihrem Sohn erklären, dass man auch eine interessante Lebensgeschichte haben kann, wenn man nicht aus Tirol stammt.

Bei autobiographischen Aufzeichnungen ist eine wesentliche Frage entscheidend: Was wird wie eingegrenzt und was wird weggelassen? Die Geschichte der Lacknerhofbäuerin spielt im Saarland, Ruhrgebiet und im Bonner Raum von 1900 herauf bis 1932. Sie endet mit einer vagen Andeutung, dass die Erzählerin in Innsbruck ihren Mann kennengelernt hat, den späteren Vater des angesprochenen Sohnes.

Rudolf Lasselsberger, Junihitze

h.schoenauer - 07.03.2025

rudolf lasselberger, junihitzeWas geschieht mit all den Nachrichten, die ununterbrochen aus dem Netz, TV und aus Zeitungen fallen? – Sie kondensieren zu Junihitze, die über ein Kippfenster zwischen dumpfer Wohnung und dampfender Terrasse hin und her schwebt. Sie macht den Helden schlaflos und schwindlig.

Der Held in „Junihitze“ von Rudolf Lasselsberger ist so geschafft, dass er die meiste Zeit als Doppelspitze auftreten muss. In einem dialektischen Set ähnlich Wladimir und Estragon in Samuel Becketts Warten auf Godot treten Franz und sein Ich auf, indem sie jeweils sich selbst in einem bestärkenden Monolog Seufzer, Abnormitäten und Störungen zuraunen.

Janus Zeitstein, Morphopoetische Rhapsodie

h.schoenauer - 24.02.2025

janus zeitstein, morphopoetische rhapsodieAuch für Bücher gilt: das Unerwartete macht oft die größte Freude. Janus Zeitstein stiftet mit seiner „Morphopoetische Rhapsodie“ einen Moment lang Verwirrung, um dann die Leser mit beinahe magnetischem Glücksversprechen ins Buchinnere zu ziehen.

Dabei dient der Titel als Programm: a) Rhapsodie als Genre für Bruchstückhaftes oder aus losen Teilen Zusammengeflicktes, b) morphopoetisch als freie Erscheinungsform der Poesie. Zusammengesetzt ergibt sich ein positiv geladener Begriff, der ähnlich einem Medikament schon durch das laute Ablesen seines Markennamens einen Heilungsprozess in Gang setzt.

Thomas Sautner, Pavillon 44

h.schoenauer - 21.02.2025

thomas sautner, pavillon 44In der Bezirksstadt Gmünd klettert am Friedhof ein Nackter auf das Dach des Mausoleums und wartet auf seine Abführung. Die freiwillige Feuerwehr breitet zur Vorsicht das Sprungtuch aus, aber der Held lässt sich manuell retten und wird nach Wien in die Psychiatrie gebracht, wo alsbald die Diagnose fällt: „Der Nackte am Friedhof war irr.“ (23)

Thomas Sautner schickt im Roman „Pavillon 44“ seine Helden an die Kante ihrer jeweiligen Welt und lässt sie dann über die Klinge der Erkenntnis springen. Diese drei Welten sind: Roman, Psychiatrie, Politik.

Christoph Janacs / Ludwig Laher / Gerhard Ruiss, O du mein Österreich

h.schoenauer - 19.02.2025

christoph janacs, o du mein österreichWo gibt es die schönste Nationalhymne der Welt? – In Spanien. Dort hat die Hymne keinen Text und wird umso inniger gesummt. Unter dem typisch süßlichen Titel „O du mein Österreich“ gehen ein Übersetzer, ein Germanist und ein Urheberrechtsspezialist (Janacs / Laher / Ruiss) der Frage nach, wie zeitgemäß die Bundeshymne und die einzelnen Landeshymnen noch sind. Bei dieser Gelegenheit kommt auch das „Politisch Unbewusste“ an die Oberfläche der Analysen, denn jede Hymne trägt eine geheime Botschaft in sich, die beim Absingen gerne verschluckt wird.

Im Vorspann wird auf den besonderen Charakter der Hymne hingewiesen. Im Griechischen ist ein besonderes „Tongefüge“ gemeint, das erhabene Stimmung evoziert. Bei der Bildung der Nationalstaaten ist es daher sinnvoll, mit Hymnen zu arbeiten, die ein besonderes Gefühl der Identität erzeugen sollen.

Martin Hanni, Oh! Südtirol

h.schoenauer - 17.02.2025

marrtin hanni, oh! südtirolSeit man gewisse Orte vor lauter Touristen nicht mehr sieht, müssen sich Reiseführer als sogenannte „inside Guides“ an die Einheimischen wenden. Diese reagieren mit einem verwunderten Oh!, wenn sie auf die eigene Lebenswelt zurückgeführt werden. Martin Hanni wendet sich mit seinem Reiselesebuch „Oh! Südtirol“ vor allem an die Einheimischen, die im Gewusel touristischer Prosperität sich inzwischen an den Rand der Gesellschaft gedrängt fühlen.

Um dem allgegenwärtigen Over-Tourismus ein wenig Paroli zu bieten, werden die beiden strategischen Abwehrmechanismen Südtirols vorgestellt. Reinhold Messner empfiehlt pragmatisch, die Hotspots des Landes von jeglicher Aufmerksamkeit zu entkoppeln, sodass sich der Tourismus entzerrt. Mariedl Innerhofer empfiehlt in literarischer Manier, dass die Touristen das Geld als Schutzgebühr für die Natur schicken sollen, selbst aber dem Land fernbleiben, um es nicht durch Massenauflauf zu zerstören.

Johann Hinrich Claussen, Gottes Bilder

andreas.markt-huter - 05.02.2025

johann hinrich claussen, gottesbilder„Selten kann man sich so fremd fühlen, wie beim Besuch eines Museums mit alten christlichen Bildwerken. […] Deshalb versucht dieses Buch, eine Art Ausstellung zu gestalten. Sie besteht aus zwölf Sälen, die einen Weg von den Anfängen durch die wichtigsten Epochen bis zur Gegenwart anbieten und einen Überblick über wesentliche Formen, Gattungen, Motive und Themen zu geben.“ (S. 15)

Johann Hinrich Claussen lässt in seinem Buch die Leserinnen und Leser wie durch eine Ausstellung mit zwölf Sälen wandeln, in denen christliche Kunst am Beispiel exemplarisch ausgewählter Gemälde und Darstellungen von ihren Anfängen bis in die Gegenwart vorgestellt und detailliert erläutert wird.

Susanne Schröter, Der neue Kulturkampf

andreas.markt-huter - 24.01.2025

susanne schröter, der neue kulturkampf„Woke Ideologien entstammen den Universitäten. Dort sind sie entstanden, dort werden sie gelehrt, angeeignet und erprobt. Professoren, Instituts- und Fakultätsleitungen, ja selbst ganze Präsidien werden von woken Aktivisten und ihren akademischen Unterstützern vor sich hergetrieben. Diese geben vor, im Namen von Gerechtigkeit, Humanität und Weltoffenheit zu agieren und sich dem Kampf gegen Diskriminierung verpflichtet zu fühlen. Tatsächlich geht es um die Durchsetzung einer totalitären Ideologie, die weder gerecht noch human ist.“ (S. 13)

Susanne Schröter setzt sich mit gesellschaftlich ideologischen Strömungen auseinander, die zunehmend das politische Leben und den menschlichen Alltag berühren und ihre Vorstellungen und Forderungen durchzusetzen versuchen. Das Sachbuch „Der neue Kulturkampf“ bietet dazu eine kompetente und verständliche Analyse der Grundlagen und Ziele „woker Bewegungen“.