Tirol

Aurelia Seidl-Todt, was so gut anfing

h.schoenauer - 19.01.2015

Halbsätze kommen den Lesern verführerisch entgegen, indem sie einladen, den Halbsatz zu vervollständigen nach Laune und Wissenstand.

Aurelia Seidl-Todt stellt so einen Halbsatz als Motto über ihren Gedichtband, „was so gut anfing“ zeigt schon das Lauernde, dass es vielleicht nicht gut ausgegangen ist oder dass schließlich etwas ganz anderes zum Vorschein gekommen ist.

Rudolf Alexander Mayr, Lächeln gegen die Kälte

h.schoenauer - 16.01.2015

Der Himalaya ist für uns Alpenmenschen an manchen Tagen etwas Vertrautes oder Mystisches, auf jeden Fall etwas Großes und Gigantisches. Diese Einschätzung hängt mit den Personen zusammen, die uns diese Himalaya-Geschichten vermitteln, mal sind es Abenteurer, dann religiöse Aussteiger, schließlich auch Performance-Künstler, die mit ihren Himalaya-Museen und Hochlandshows ihren Lebensunterhalt verdienen.

Rudolf Alexander Mayr besucht seit Jahrzehnten Nepal, den Himalaya und seine liebgewonnenen Sherpas. Er selbst hat nach einer Phase als Extrembergsteiger und einer Zeit als grüner Nichtflieger jetzt zu einer Ära der Aufarbeitung gefunden. Aus dem Besuch der alten Freunde sind zweiundzwanzig Geschichten entstanden, die vom Schicksal der ehemaligen Bergsteiger-Mithelden erzählen.

Ulrich Ladurner, Lampedusa

h.schoenauer - 09.01.2015

Eine Insel fordert die jeweilige Bevölkerung permanent heraus, denn obwohl man eine Insel theoretisch in Ruhe lassen könnte, wetzen sich an ihr immer Mythologien, Paradiesvorstellungen, militärische Überlegungen und touristische Übergriffe ab.

Ulrich Ladurner widmet in seinem Essay seine Aufmerksamkeit der Insel Lampedusa, zwischen Sizilien und Libyen gelegen ist dieses Eiland als sogenannte „Flüchtlingsinsel“ in aller Munde. „Was hier vor sich geht, sind keine Landungen sondern geordnete Rettungsmaßnahmen“, versucht eine Inselpolitikerin den Aufruhr in Bahnen zu lenken. (125)

Kurt Drexel, Klingendes Bekenntnis zu Führer und Reich

h.schoenauer - 28.12.2014

Bücher mit Lobeshymnen reißen die regionalen Größen einem Autor meist aus der Hand und busseln ihn ab, wenn aber Unerfreuliches in einem Aufklärungsband steht, beten viele, dass der Aufklärungskelch an ihnen vorübergehen möge.

Kurt Drexel nennt seine Analyse zur Verquickung von Nazi-Politik und Nazikultur nach einem Zitat des damaligen Gauleiters Franz Hofer „Klingendes Bekenntnis zu Führer und Reich“. Und weil im Untertitel nur etwas vom Reichsgau Tirol-Vorarlberg steht, hoffen die Südtiroler wieder einmal, dass sie nicht gemeint sind.

Reinhard Kocznar, Brandgeld

h.schoenauer - 22.12.2014

Geld hat ähnlich wie Wasser mehrere Aggregatszustände, es kann in seiner Veranlagung fest, flüssig und gasförmig sein. Wenn es seine Besitzer wechselt, wird es oft zu einem heißen Ding, zu Brandgeld eben.

Reinhard Kocznar beschreibt das kriminelle Treiben diverser Anleger in der Provinz anhand von heißem Geld, das als großer Bluff durch die Gassen der Provinzstadt Innsbruck verschoben wird.

Irene Heisz, Tirol – hoch hinaus und tief verwurzelt

h.schoenauer - 19.12.2014

Tirol ist an manchen Tagen eine so große Sache, dass dafür das Alphabet nicht ausreicht. Wenn dann auch noch Emotionen, Zuneigung und Neugierde dazu kommen, ist das Alphabet restlos aufgebraucht.

Irene Heisz und Julia Hammerle lassen keinen Zweifel aufkommen, dass sie fröhlich-grotesken Motiven auf der Spur sind, in den Empfehlungen schwingt immer auch die Aufforderung mit, sich diese Sachen mit eigenen Sinnesorganen zu geben, dabei richten sich diese Empfehlungen genauso an Einheimische wie an Durchreisende.

Andrea Drumbl, Die Vogelfreiheit unter einer zweiten Sonne

h.schoenauer - 17.12.2014

Die Vogelfreiheit ist ein zweischneidiges Schwert, zwar ist optisch auf den ersten Blick alles eitler Sonnenschein, aber noch vor dem Horizont sind Fallen und dunkle Wolken aufgebaut.

Andrea Drumbl wählt bewusst einen barock-komplizierten Titel, denn ihre Figuren denken die griffigen Bilder aus Kindheit und Glückskunde zu Ende und kommen dabei an den Abgrund der Schönheit. „Die Vogelfreiheit unter einer zweiten Sonne, weil die erst scheint zu schön“ führt hinein in jenes Gebiet, wo das Oberflächliche an seine Grenzen kommt und der Tiefgang von was auch immer beginnt.

Brigitte Trieb, Arbeiten / Works 2004-2013

h.schoenauer - 10.12.2014

Im Kunstbetrieb getraut sich das betrachtende Subjekt heutzutage oft nicht mehr zuzugeben, dass es von einem Bild berührt wird ohne intellektuelle Zwischenschaltungen.

Brigitte Trieb schafft es mit ihren Arbeiten auf Anhieb, mit klaren Themen, Farben und einer sub-pathetischen Ironie den Betrachter zu beeindrucken. Das erste Gefühl ist, hier handelt es sich um mega-naive Malerei ohne Schnörkel. In den Bildern ist fast immer eine Ampel zu sehen, die die entsprechende Gefühlslage freigibt, alle anderen Farben für Gebüsch, Bäume, Landschaft oder Kleidung haben sich dieser Seh-Ampel unterzuordnen.

Otto Tremetzberger, Nelson Mandela hatte vielleicht eine schöne Zeit auf Robben Island

h.schoenauer - 08.12.2014

Das pure Gefängnis ist letztlich ein Zeitloch, in das der Gefangene gestürzt wird.

Otto Tremetzberger beginnt seine Erzählung mit einer beinahe religiös idyllisierten Erlösungssequenz. Nelson Mandela ist auf Robben Island eingesperrt und hat jeden Zeitbegriff verloren. Die Vergangenheit ist in Gestallt von alten Zeitungen um den Abfluss gewickelt, die Nachrichten, die Zeit und die ausgerissene Zeitung sind ins Unermessliche entrückt.

Herbert Rosendorfer, Martha. Von einem schadhaften Leben

h.schoenauer - 05.12.2014

In entlegenen Landstrichen herrschen unabhängig von den jeweiligen Regierungen in den Zentren völlig autarke Geister, die in ihrer Hilflosigkeit von den Bewohnern Dämonen genannt werden.

Herbert Rosendorfer stellt in seinem letzten, beinahe vollkommen fertig gewordenen Roman „Martha, Von einem schadhaften Leben“ eine kluge These auf. Während wir in der Geschichtsschreibung immer von politischen Regimen und Quell-erfassten Protagonisten sprechen, regieren in der Peripherie oft ganz andere Mächte. Im Südtiroler Vinschgau sind dies die steinernen Mächte, die unbeirrt von der jeweils gültigen Landessprache ihre Untertanen in der Kunst des Überlebens unterweisen.