Belletristik

Olga Martynova, Von Tschwirik und Tschwirka

h.schoenauer - 29.04.2013

Lyrik ist für manche Literaturliebhaber der Inbegriff an Fiktion und Dichtung, für die pragmatischen Literaturproduzenten freilich oft das, was beim Dichten übrig bleibt.

Olga Martynova hat für ihren Roman „Sogar Papageien überleben uns“ die Phantasie dermaßen extrem ausgereizt, dass manche Teile nicht mehr im Roman Platz hatten. Diese von der Logik fortgesprengten Poesie-Kapseln sind schließlich neben einem Text über die Oberiuten und dem russischen Dichter Alexander Wwedenskij (1904-1941) als Gedichte von Tschwirik und Tschwirka in der Literatur gelandet.

Luis Stefan Stecher, Vorübergehend Bild, zu ebner Erde wohnend

h.schoenauer - 16.04.2013

Poesie entsteht nicht im Augenblick des Schwärmens sondern in der Disziplin über Jahrzehnte. Diese poetische Einschätzung gilt für Luis Stefan Stecher, für dessen fünfundsiebzigsten Geburtstag der Folio-Verlag eine mustergültige Sonett-Sammlung zusammengetragen hat. In zwölf Zyklen zu je zwölf Sonetten eröffnet sich somit die lyrische Welt des Jubilars.

Wie mannigfaltig konzentrisch die Motive komponiert sind, lässt sich am besten darstellen, wenn man die Themen der einzelnen Bildkreise ins Auge fasst. Reisebilder, Kindheitsbilder, Landschaftsbilder, Liebesbilder, Menschenbilder, Kunstbilder, Vexierbilder, Lebensbilder, Krankenbilder, Andachtsbilder, Weltbilder, Zeitbilder.

Hans Winkler u.a. (Hg.) Franz Held

h.schoenauer - 08.04.2013

Tut weniger saufen und statt dessen mein Buch subskribieren, vielleicht gibt’s doch noch einen Rausch.

Diese literarisch-patriotische Aufforderung des Schriftstellers, Aussteigers und Emigranten Franz Held zur Publikation seiner Gedichte zeigt bereits den skurril-realistischen Zugang, den der Autor gegenüber seinen Zeitgenossen und der Welt überhaupt an den Tag legt.

Toni Kleinlercher, Die Obdachlosen lesen Nietzsche

h.schoenauer - 20.02.2013

Wo immer man im öffentlichen Raum mit diesem Buch unterwegs ist, man wird als Leser gnadenlos angestarrt nach dem Motto, was haben die Obdachlosen mit Nietzsche zu tun.

Das Vermischen von scheinbar fixen Kultur-Vorgaben ist das Hauptanliegen von Toni Kleinlerchers „Takes aus japanischen Tagen“, die er als Vermächtnis seiner Japan-Jahre zusammengestellt hat.

Orhan Pamuk, Der naive und sentimentalische Romancier

h.schoenauer - 21.01.2013

Eine Faustregel der Literatur besagt, dass ein Roman erst dann gelungen ist und funktioniert, wenn es eine Theorie dazu gibt. Nun sind die Romane des Nobelpreisträgers Orham Pamuk längst Weltliteratur und seine Romane funktionieren auf allen Kontinenten der Erde, wenn man nur an sein grandioses Werk „Schnee“ denkt“.

Dennoch ist es aufschlussreich zu lesen, was der Meister im Zuge einer Poetik-Vorlesung in England über den Roman zu sagen hat.

Engelbert Obernosterer, Das grüne Brett vor meinem Kopf

h.schoenauer - 07.11.2012

„Schön, wie das Dorf mitsamt seinen Eigenbrötlern und Wichtigtuereien im blauen Dunst aufgeht. Für die Dauer der Gipfelrast ist der Bergfreund heraußen aus dem, was ihn sechs Tage lang beengt hat, steht erhaben über dem, was die im Tal Gebliebenen gegen die unsichtbaren Wände prallen lässt.“ (31)

Engelbert Obernosterer schickt seinen Beobachter durch das Leben einer Kleinstadt an der Peripherie des Landes. Dieser Erzähler hat durchaus ein Brett vorm Kopf, freilich ein grünes, das noch nicht ausgewachsen ist und sich vielleicht zu einem weiten Blick durchbohren lässt.

Ruth Weiss, A parallel planet of people and places

h.schoenauer - 22.09.2012

Beat-Lyrik kümmert sich nicht nur um die Geschlagenen und Verdroschenen, sie schaut auch im Schriftbild oft zerknittert, mehrphasig und unvollkommen aus.

Im anspruchsvollen Würdigungsband für Ruth Weiss werden daher die Texte im Faksimile dargeboten, ehe es eine Übersetzung von Jürgen Schneider gibt.

Franz Tumler, Nachprüfung eines Abschieds

h.schoenauer - 29.07.2012

Manchmal ist eine Erzählsituation so eindringlich, dass man von der ersten Zeile an im Text eingegraben nach einer Lösung sucht.

Eingegraben in Erinnerung ist die Grundkonstellation des Erzählers in Franz Tumlers „Nachprüfung eines Abschieds“ aus dem Jahre 1961. In einem Haus, das eine Ruine ist, sitzt der Beobachter im Keller, schaut ins Freie und die Erd-Kante verläuft dabei in der Höhe des Mundes draußen zur Straße zu.

Sepp Mall, Berliner Zimmer

h.schoenauer - 26.07.2012

Manchmal wird ein unverwechselbares Arrangement an Orten festgemacht. Neben bekannten Speisen, die sich nach einer Stadt nennen und dadurch in aller Munde sind, gibt es auch architektonische Feinheiten wie etwa den spanischen Balkon.

Was aber hat es nun mit Berliner Zimmer in Ein- und Mehrzahl auf sich?

Johannes E. Trojer, Werkausgabe

h.schoenauer - 08.07.2012

„So sind sie, die Germanisten. Zu Lebzeiten ignorieren sie dich, und dann kriechen sie zu dir und deinem Nachlass ins Grab.“

Angesichts des wunderbaren Schubers, in den Johannes E. Trojers Werkausgabe gesteckt ist, denkt man natürlich an diesen süffisanten Kommentar des Autors, Heimatkundlers, Zeitgeschichtlers und Literaturpädagogen. Vom schlechten Gewissen getrieben, wie die Zeitgenossen Johannes E. Trojer zu Lebzeiten behandelt haben, wenn er etwa mit der Kulturzeitschrift „Thurntaler“ mit einigen Exemplaren nach Innsbruck oder Wien gekommen ist, haben jetzt Fans eine berührend zeitlose Werkausgabe herausgebracht.