Belletristik und Sachbücher

Clemens Berger, Paul Beers Beweis

h.schoenauer - 17.11.2005

Buch-CoverLiteratur dient oft der Aufklärung, sei es, dass vergangene Zeiten, die Kindheit oder das Leben am Lande erhellt wird, sei es, dass versteckte Kabel frei gelegt werden, welche zeigen, wie Schaltungen wirklich funktionieren und wie die Dinge im Leben wirklich zusammenhängen.

Im Roman "Paul Beers Beweis" geht es um all diese Dinge und so steht auf der Tagesordnung Aufklärung mit Esprit. Die Hauptfigur hat offensichtlich die erste Identität abgelegt und ist zu einem Helden wie aus dem Bilderbuch geworden. Im Leben gibt es manchmal diese Punkte, an denen man so gut wie alles verändern muss, also wird aus einem erfolglosen Urbewohner des Burgenlandes, der noch dazu täglich in der Zeitung steht, weil seine Frau auf seltsame Weise gestorben ist, ein arbeitsloser Fußballfan in Wien.

Nina Schröder, weißt du was schnee ist

h.schoenauer - 16.11.2005

Buch-CoverSüdtiroler Anthologien erkennt man leicht daran, dass sie meist auf ein Gedicht von N.C. Kaser antworten. Auch bei den frechen Weihnachtsgeschichten ist es so, die Zeile vom frisch gefallenen Schnee stammt naturgemäß aus einem Kaser-Gedicht.

Als Vorüberlegung zum Weihnachtsfest stellt Nina Schröder die These auf, dass wir alle an Mangel leiden und zu Weihnachten schließlich das Hochamt des Mangels stattfindet. Alles, was wir an Gefühlen, Konsum und Ideen das Jahr über vermissen, soll an diesem Fest rasch und flutschig nachgeholt werden. Kein Wunder also, wenn Weihnachten manchmal etwas unrund abläuft.

Gabriele Kögl, Mutterseele

h.schoenauer - 14.11.2005

k%C3%B6gl_mutterseele.jpgDas Leben der Erzählerin, einer Mutter von drei Kindern, ist gelaufen, viele Dinge sind abgelaufen wie die sprichwörtliche Sanduhr ihre Körner ablaufen lässt, und letztlich sind auch noch die Wünsche davongelaufen. Die Frau geistert mit sich selbst durch das steirische Hinterland, nicht einmal nach Graz wird sie noch kommen, weil man ja ein gutes Bezirkskrankenhaus ins Land gebaut hat, und da wird die Mutterseele wohl auch eines Tages sterben.

Die Gedanken gehen in losem Zickzack nach vorne und nach hinten, vom Blumenschmuck am eigenen Grab ausgehend geht es zurück in die Jugend, wo einst der Haustyrann gestorben ist, nachdem er alle im Haus schikaniert hat. Die Nachbarn beargwöhnen diesen Tod und sind neidig, dass dieser Tyrann gestorben ist, während sie den ihrigen noch pflegen müssen.

Otto Licha, Zuagroaste

h.schoenauer - 09.11.2005

Buch-CoverKalendergeschichten sind verlässlich, weil sie in prägnanter Form wieder kommen wie die Jahreszeiten, und sie sind aufregend wie die Monate, in denen sie geschehen.

Otto Licha hat quer über das ganze Jahr Geschichten ausfindig gemacht, in welchen sogenannte Zuagroaste einen Durchbruch oder Niederschlag in der neuen Umgebung erleben.

Hans Perting, Im Sechsten Arm

h.schoenauer - 07.11.2005

Buch-CoverEs gibt Jahre, die dicht sind. Und es gibt Jahre, die durchlässig sind. Immer wieder läutet diese Weisheit der Chronisten ein neues Kapitel in der Lebensgeschichte eines zum Katholizismus konvertierten Vinschgers ein.

Salomon Glauber hat in der Identitätsleere Südtirols nach 1918, als das Land zwischen Koma, Saint Germain, Italien und verblichener Habsburger Monarchie zu verschwinden droht, seine Konfession gewechselt, der Liebe willen. Als Jude ist er Katholik geworden, obwohl das irgendwie nicht geht, und auch Südtirol ist italienisch geworden, was scheinbar auch nicht geht.

Simone Schönett, Nötig

h.schoenauer - 23.10.2005

Buch-CoverNot, nötig, genötigt. - Irgendwo in diesem semantischen Umfeld spielt die Erzählung Simone Schönetts. Eine Frau, völlig unauffällig nach außen hin, übernimmt erotische Aushilfsdienste, um die eigene finanzielle Unterzuckerung und die sexuelle Not der Männer zu befriedigen. Mal sehen, heißt ihre Devise, die Kontakte werden über den Chat im Internet angebahnt.

Dann tauchen sie realiter auf, diese Phantomtiere aus dem sexuellen Netz. Wolf hat ziemlich ausgefallene Wünsche der Befriedigung, Zähmung und Erniedrigung, sein Samen liegt noch wochenlang im Magen, irgendwann gehen selbst die sexuellen Abzählreime aus dem Leim.

Stefan Lindl, Nackt

h.schoenauer - 22.10.2005

lindl_nackt.jpgStefan Lindl stellt in seinem Essay die Grundverfahren "Entdecken", "Belassen" und "Konkretisieren" vor.

Franziskus entledigt sich allen Schnickschnacks und trägt folgerichtig nur mehr die notwendigste Ausrüstung am Leibe, gerade dass die Vögel auf der Schulter Platz haben - ein Musterbeispiel für Entdecken des Wesentlichen. Auch das Reservat ist nichts anderes als eine Versammlung von Individuen, die auf ein wesentliches Kernmerkmal zurückgestuft sind. In einem seriösen Reservat leben Menschen in einer gemeinsamen nackten Wesenseigenschaft.

Peter Zilahy, Die letzte Fenstergiraffe

h.schoenauer - 19.10.2005

zilahy_fenstergiraffe.jpgDas Revolutionsalphabet ist für Leser ab fünf gedacht, weil patriotische Stimmung bereits in frühester Kindheit einsetzen muss. Die Gestalt des Textes ist ein in zwei Spalten gesetztes Lexikon, das zu ziemlich wahllos aufgerufenen Begriffen in Form von Zitaten, Verfremdungen und Übertreibungen Stellung nimmt.

Äußerer Anlass für das Erstellen und Anwenden dieses Lexikons sind die Belgrader Protestmärsche Belgrader Intellektueller gegen Milosevic in den Jahren 1996 und 1997. Man kann sich vorstellen, dass alle Äußerungen, die bei so einem Aufruhr fallen, einen Lexikon-Artikel, nach sich ziehen.

Jonathan Safran Foer, Extrem laut und unglaublich nah

h.schoenauer - 18.10.2005

Buch-CoverNeunjährige ticken anders, auch wenn sie frühreife Genies sind. In Jonathan Safran Foers Roman gibt es daher viele leere Seiten, Seiten mit nur einem Satz drauf, und Bilder, die auf den ersten Blick ziemlich verworren sind.

Extrem laut und unglaublich nah ist die Kurzbeschreibung für die generelle Wahrnehmung des neunjährigen Oskar Schell. Er trommelt sich wie in Günter Grass Roman als Oskar mit seiner Blechtrommel durch New York und sucht seinen Vater.

Heller / Erhard (Hrsg.), Das Hotel – die Mauer

h.schoenauer - 18.10.2005

Buch-CoverAusstellungen kommen aufs Abstellgleis, Bücher bleiben. Es ist also gut, wenn es zur Landesausstellung 2005 ein Buch gibt, das künftigen Generationen erzählt, was es einst in Galtür und Hall zum Schauen gegeben hat.

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