Belletristik und Sachbücher

Rudolf Kraus, versvermessung

h.schoenauer - 25.04.2025

Rudolf Kraus, versvermessungLyrik wird gespeist aus einem Befinden, das als Ur-Ozean bezeichnet wird. Der Essayist Alexander Kluge vermutet von diesem Urzustand, dass er den Subjekten eine stabile Körpertemperatur vermittelt, die ungefähr bei 37 Grad liegt.

Rudolf Kraus rückt diesem poetischen Raum mit einer „Versvermessung“ auf den Leib. Dabei macht er sich die Fähigkeit von Lyrik zu Nutze, wonach diese gleichzeitig als Gesang, arithmetische Operation oder rhythmische Aktion auftreten kann.

Ein Blick auf die Gliederung dieser poetischen Masse lässt einen an einen „lyrischen Auszählreim“ denken:

Christian Kössler, Von Weltliteratur, Fabriken und gezähmter Wildnis

h.schoenauer - 23.04.2025

Christian Kössler, Von Weltliteratur, Fabriken und gezähmter WildnisWenn man ein gesamtes Leben als Biographie in einem Buch unterbringen kann, so müsste es auch möglich sein, einen gesamten Stadtteil zu einem Buch zu verdichten, indem man einen begeisterten Bewohner darin herumgeistern lasst.

Seit Jahren lässt die Wagnersche Buchhandlung in der Tradition sorgfältiger Geschichtspflege belesene Abenteurer durch die Stadtteile von Innsbruck pirschen, um darin Phantastisches zu entdecken und für die ahnungslosen Bewohner freizulegen.

Christian Kössler ist als Bibliothekar und Autor grotesker Geschichten prädestiniert für eine Erkundungsreise durch Mühlau, das sich als gebirgiger Stadtteil Innsbrucks wie ein Kind an die Nordkette klemmt.

Markus Köhle, Land der Zäune

h.schoenauer - 18.04.2025

Markus Köhle, Land der ZäuneHans schlägt einen Pfosten ins Erdreich und setzt einen kulturellen Claim in die Landschaft. Er ist jetzt eingemieteter Häuslbauer im Speckgürtel und hat sich erfolgreich einen Flecken Sprache, Gesinnung und Lebenssinn durch Umzäunung gesichert.

Markus Köhle schickt seinen Helden Hans in ein bodenständiges Abenteuer im Siedlungshotspot Unterbrombachkirchen irgendwo bei Wien. Als Bewohner einer eingezäunten Einfamilienburg durchlebt der selbst eingesperrte Zaunkönig einen intimen Zugang zur österreichischen Kultur, Politik und Denkweise. Alles ist geprägt von einem reinrassigen Flair an Mittelmäßigkeit.

Der Tod, Der Sterbinator – Ein Stehkalender

Andreas Markt-Huter - 14.04.2025

der tod, der sterbinatorMit zunehmendem Alter wird der Schreibtisch der Boomer und Beamten immer aufgeräumter. Letztlich bleibt nur ein Stehkalender übrig, der zu Ende geblättert ist.

Das Kunstprojekt „Sterbinator“ ist so ein kunstvoller Nachdenkimpuls, der das Memento mori als ein sinnliches Vergnügen angeht. In der Literatur gelten für gewöhnlich drei Kanäle als zielführend, mit dem Tod irgendwie klarzukommen, ohne gleich in eine Depression zu verfallen.

Sabine Schiffer, Medienanalyse

Andreas Markt-Huter - 11.04.2025

Sabine Schiffer, Medienanalyse„Ob Buch, Zeitung oder Internetformate: Medien informieren und manipulieren uns. In Zeiten von »Lügenpresse«-Vorwürfen bedarf es einer besonderen Verantwortung, um zur kritischen Auseinandersetzung mit Meinungsbildungsprozessen über Medien einzuladen. In diesem Buch wird es nicht primär um auffällige Fehlleistungen von Medien gehen, sondern um die gängige Konstruiertheit medial vermittelten Wissens mitsamt der möglichen Prägung von Vorstellungen.“ (S. 9)

Das Lehrbuch „Medienanalyse“ zeigt die verschiedenen Methoden und Techniken der medialen Aufbereitung von Informationen und Beiträgen in Printmedien, Rundfunkmedien sowie im Internet auf. Dabei wird erläutert, welche Wirkungen unterschiedliche Darstellungsmöglichkeiten auf die Rezipienten ausüben können und welche Möglichkeiten der Medienanalyse es gibt, um eine möglichst objektive Distanz zu den konstruierten Darstellungen zu erreichen und einen kritischen Blick auf die Fakten zu gewinnen.

Gerard Kanduth, lichtbilanz

h.schoenauer - 09.04.2025

Gerard Kanduth, lichtbilanzIn der Lyrik und in der Fotografie kommt es vor allem auf das Licht an. Beim ersten Einsetzen der Dämmerung lässt sich eine erste Bilanz ziehen: Wie war das Licht des Tages und welche Bilder hat es zugelassen?

Gerard Kanduth zieht mit seinem Gedicht- und Bilderband eine Lichtbilanz zum Tag, zum Aufflackern der Jahreszeit und wohl auch zum Abklingen-lassen der Alltagsrasanz. „an der schwelle / zwischen tag / und nacht / ziehst du / lichtbilanz // was und wieviel / hast du / gegeben / bekommen / genommen / gewonnen / verworfen / verloren // ist dein blick / klarer oder trüber / geworden“ (91)

Regina Hilber, Am Rande

h.schoenauer - 07.04.2025

Regina Hilber, Am RandeIn beinahe geheim überlieferten Lebenserfahrungen ist oft die Rede davon, dass die fettesten Gräser am Rande eines Feldes anzutreffen sind. Und auch im weiten Feld der Kultur gilt die Erfahrung, dass sich die essentiellen Dinge oft am Rand abspielen.

Regina Hilber wendet in ihren Essays „Am Rande“ ihr Augenmerk diesen Randzonen zu, die das genaue Gegenteil einer sogenannten Randnotiz sind. Sie stellt das jeweilige Thema in den Mittelpunkt authentischer Erfahrungen und entrückt es dadurch dem Rand. Ihre Essays sind nämlich „Versuche“ im wörtlichen Sinn, Reise- und Lektüreerfahrungen zu einem neuen Thema zu verschmelzen. Und wie bei ungewöhnlichen Versuchen üblich, ist auch der Leser dazu angehalten, seine Lektüre des Essays als offenen Versuch des Lesens zu betreiben.

Marie Theres Foidl, Erinnerungen der Marie Theres Foidl

h.schoenauer - 04.04.2025

Marie Theres Foidl, Erinnerungen der Marie Theres FoidlIm Jahr 1951 sitzt eine Mutter in St. Johann vor einem leeren Papierhaufen und beginnt mit dem Aufschreiben von Erinnerungen für ihren Sohn. Die Schreiberin ist Marie Theres Foidl vom Lacknerhof. Sie ist aus Deutschland zugezogen und will ihrem Sohn erklären, dass man auch eine interessante Lebensgeschichte haben kann, wenn man nicht aus Tirol stammt.

Bei autobiographischen Aufzeichnungen ist eine wesentliche Frage entscheidend: Was wird wie eingegrenzt und was wird weggelassen? Die Geschichte der Lacknerhofbäuerin spielt im Saarland, Ruhrgebiet und im Bonner Raum von 1900 herauf bis 1932. Sie endet mit einer vagen Andeutung, dass die Erzählerin in Innsbruck ihren Mann kennengelernt hat, den späteren Vater des angesprochenen Sohnes.

C. H. Huber, das schicksal ein schwarzes krokodil

h.schoenauer - 02.04.2025

C. H. Huber, das schicksal ein schwarzes krokodilDas Krokodil frisst dem Kasperl aus der Hand, wenn ängstliche Kinder zusehen. Außerhalb der Bühne frisst es freilich alles, woran Menschen hängen – die entlegene Kindheit, den hübschen Körper, die geliebten Angehörigen.

C. H. Huber umkreist in fünf Zyklen die Areale der Verluste, in die jeder Mensch während des Lebens hineingetragen wird. Mit straffen Überschriften werden Trauer und Melancholie auf den Punkt gebracht: Check | schlaf & schlaf | übers jahr | sommer . dennoch | schwarzes krokodil oder requiem für eine tochter.

Eckhard Meineke, Studien zum genderneutralen Maskulinum

Andreas Markt-Huter - 31.03.2025

Eckhard Meineke, Studien zum genderneutralen Maskulinum„Ob es eine ‚grammatisch männliche Personenbezeichnung‘ gibt, ob Genus überhaupt etwas mit Sexus zu tun hat, und wenn ja, in welcher Weise, ob nur eine sprachhistorisch veraltete, in der Gegenwart missverständliche Benennung grammatisches Geschlecht aus der protowissenschaftlichen Zeit der Grammatikbeschreibung des Deutschen zu weitreichenden, gesellschaftlich polarisierenden Irrtümern führt, ist dabei die Frage. Die folgende Darstellung geht in ihrem Verlauf darauf ein.“ (S. 10)

Die Diskussion rund um das „genderneutrale Maskulinum“ der deutschen Sprache in der Gegenwart hat mittlerweile, über das akademische Milieu hinaus, in breiten Teilen der Gesellschaft ein Echo gefunden. Ursache dafür dürften die damit verbundenen gesellschaftspolitischen Forderungen sein, die zunehmend kontrovers und emotional diskutiert werden.