Aktuelle Buchtipps

 

Johann Kapferer, Die pfefferminzgrüne Lokomotive

h.schoenauer - 09.11.2019

johann kapferer, die pfefferminzgrüne lokomotiveDie Kids bekommen heutzutage alles an Information vorgesetzt, was sie für die Gier nach Konsum brauchen. Die Digitalisierung dient vor allem dazu, den Online-Handel schon bei den Kleinsten in Schuss zu halten. Sogenannte wahre Werte kommen kaum mehr vor, am ehesten noch in Kinderbüchern, die fast schon als Untergrundware gehandelt werden.

Johann Kapferer schickt mit seiner „pfefferminzgrünen Lokomotive“ ein fröhliches Kinderbuch auf die Reise. Der Titel ist schon freundlich, und das Herz geht gleich auf, wenn man den Namen der Lokomotive hört: Lotte! Lotte ist eine kuschelige E-Lok, die vom Lokomotivführer Heinrich jeden Tag aus der Remise geholt wird. Wahrscheinlich ist auch Heinrich irgendwie grün und ist somit als Grüner Heinrich eine echt literarische Figur.

Philipp Hager, Sextant-Sonaten

h.schoenauer - 08.11.2019

Bild: Philipp hager sextant_sonatenWenn dich Gedichte im Titel anspringen wie ein festliches Gedeck, senkst du die Stimme, speichelst ein und blickst gut gelaunt zu den Mitsitzenden am Tisch.

Philipp Hager hat mit Sextant-Sonaten ein Besteck ausgelegt, das die Leserschaft abenteuerlich aufmerksam stimmt, immerhin denken wir beim Sextanten an gesegelten Schiffsverkehr in ungesichertem Gebiet. Und Sonaten bringen ohnehin die Seele zum Klingen, da ist vielleicht noch kein Ton gefallen.

Harald Parigger, Land in Flammen

andreas.markt-huter - 07.11.2019

harald parigger, land in flammen„Oft hört man, der Dreißigjährige Krieg sein ein »Glaubenskrieg« gewesen. Vordergründig ist das richtig. Aber vor allem ging es um die Machtverteilung im sogenannten »Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation« und um die Vormachtstellung in Mitteleuropa.“ (S. 12)

Vor vierhundert Jahren brach in Mitteleuropa ein Krieg aus der dreißig Jahre währen sollte und dem ein großer Teile der Bevölkerung durch Krieg, Seuchen und Hungersnot zum Opfer fallen sollte. „Land in Flammen“ erzählt die Geschichte dieses Krieges am Beispiel eines Jungen, der von einem Leutnant als kleines Baby vor dem Hungertod gerettet wurde.

Sebastian Guhr, Die Verbesserung unserer Träume

h.schoenauer - 06.11.2019

bild sebastian guhr_die verbesserung unserer träumeEin utopischer Roman kann zeitlich und räumlich Lichtjahre entfernt sein, es wird in ihm doch die irdische Gegenwart erzählt, weil Autor und Leser nicht aus ihrer Haut können.

Sebastian Guhr schickt alle auf den lebensfeindlichen Planeten Rheit, wo einst einmal ausgewanderte Menschen eine Siedlung erbaut haben, die allen Widrigkeiten trotzt und Platz für die Träume schafft.

Martina Fuchs, Klarissa von und zu Karies

andreas.markt-huter - 05.11.2019

martina fuchs, klarissa von und zu karies„Gestatten, Klarissa mein Name. Klarissa Kamilla Klementine von und zu Karies. Sehr erfreut! Wir kennen uns gut, denn ich residiere bei euch. Genauer gesagt in eurem Mund. Ich bin ein Streptococcus mutans, gehöre also zu den kugelförmigen Bakterien.“

Die kleine Klarissa erzählt von sich unter ihrer Familie, den Bakterien, von denen allein im Mund eines Menschen so viel zu finden sind, wie es Sterne in unserer Galaxie gibt. Insgesamt kommen die Bakterien in einem erwachsenen Menschen auf ein Gewicht von ungefähr zwei Kilogramm.

Michael Dibdin, Im Zeichen der Medusa

h.schoenauer - 04.11.2019

bild michael dibdin im zeichen der medusaAls Information über ein Land sind Krimis nur eingeschränkt nützlich. Üblicherweise haben Krimi-Autoren nämlich kaum Arbeit mit der Recherche, sie googeln grob ein paar Ortschaften herunter und geben dem Helden ein paar sinnlose Aufgaben.

Der englisch-amerikanische Autor Michael Dibdin (1947-2007) hat längere Zeit in Perugia unterrichtet und bei dieser Gelegenheit elf Krimis über die entlegensten Teile Italiens geschrieben. So ist auch Südtirol zu einem Roman gekommen, der allerdings nur dünn in Bozen und in einem versteckten Militär-Tunnel in den Dolomiten spielt.

Joachim Friedrich, Galaktika

andreas.markt-huter - 02.11.2019

joachim friedrich, galaktika„»Die Galaktika ist einer der größten und modernsten Raumkreuzer der IU. Und sie ist sehr neu«, durch brach Paloma die Stille. »Etwas ganz Neues«, fügte sie dann noch hinzu und sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte.“ (S. 36)

Der elfjährige Tom wurde als Baby von seiner Mutter in einem Krankenhaus abgegeben und lebt nun in einem Heim für Waisenkinder. Lange Zeit war er der Meinung, dass seine Eltern ihn verlassen haben, weil er an beiden Füßen nur vier Zehen hat. Tom fühlt sich wohl im Waisenhaus, einmal, weil er Heimleiter Ecke nett findet, vor allem aber weil er im Mischlingshund „Salami“ einen neuen Freund gefunden hat.

Lydia Davis, Samuel Johnson ist ungehalten

h.schoenauer - 01.11.2019

bild davis samuel johnson ist ungehaltenUnverwechselbare Erzählerinnen liefern nicht nur Stoffe und Plots, sondern kümmern sich auch um jenen Tick, der diese Stoffe dann zu einer „Erzähl-Marke“ macht.

Lydia Davis arbeitet seit Jahrzehnten an ihren Stories, die mal ganz knapp an ein Tagebuch herangeführt sind, dann wieder als Zitat-Inseln für größere Werke angelegt sind, und die schließlich testen, ab wann die kritische Grenze einer Story erreicht ist, sodass sie als bloße Zeile in sich selbst zusammenbricht wie ein abgeglänzter Stern.

Rose Snow, Ein Augenblick für immer

andreas.markt-huter - 31.10.2019

rose snow, buch der lügenwahrheit.jpg„Auch heute noch wird Green Manor von den Nachfahren Winston Winterlys bewohnt – dessen unglückliche Geliebte des Nachts noch immer ihre Streifzüge durch die weitläufigen Gärten unternehmen soll. Vielleicht ist es aber auch der Geist von Sir Winterly selbst, der in seinem grünen Umhang über das Anwesen spukt und nach seiner verlorenen Geliebten sucht.“ (S. 8)

Die achtzehnjährige June Mansfield will ihr letztes Schuljahr bei ihrem Onkel in England verbringen, um nach einem Abschluss an der King’s School in Cornwall in Oxford Rechtswissenschaften zu studieren. Ihr Vater hat den Kontakt zu seinen englischen Verwandten abgebrochen, umso überraschter ist sie über den herzlichen Empfang, der ihr in Cornwall bereitet wird.

Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais, Briefe ohne Nadeln

h.schoenauer - 30.10.2019

beaumarchais_briefe ohne nadelnDie erotische Freizügigkeit wird oft als linearer Vorgang missverstanden, wonach die Gesellschaften jedes Jahr frecher werden müssten. In Wirklichkeit ist die Gegenwart oft ganz schön verklemmt, wenn man sie an wilden Epochen misst.

Eine Gesellschaft voller haptischer und genitaler Üppigkeit breitet sich in den höheren Kreisen des Ancien Régimes am Vorabend der Französischen Revolution aus. Unter anderem werkelt ein gewisser Beaumarchais als Erfinder, Schriftsteller und Lobbyist am Hof. Er ist der „Vater des Figaro“ und wird als solcher unsterblich in die Literaturgeschichte eingehen.