Thomas Sautner, Das Mädchen an der Grenze
Kaum ein Begriff bedroht die Menschen so sehr wie eine Grenze. Ob im physischen Abwehrkampf gegen einen Maschenzaun oder in der psychischen Faszination eines Grenzgängers, immer reizt es die Menschen, diese Grenzen zu überschreiten.
Thomas Sautner stellt in seinem Roman vom „Mädchen an der Grenze“ eine zwie-sichtige, mehrschichtige Heldin vor. Malina ist ein höchst sensibles Mädchen, das schon beim ersten Ertasten der Welt auf ungewöhnliche Vorgänge stößt.
„Gab es wirklich ein magisches Tor irgendwohin, wo seine Eltern auf ihn warteten? Und wenn ja – wieso war es dem Gott Loki so wichtig, dass er trotz aller Pein durch Zeit und Raum und über die Grenzen der Wahrscheinlichkeit hinweg ein Trugbild von sich selbst schickte ...?“ (35)
Ein Dilettant hat für die Umstehenden immer etwas Komisches an sich, während er selbst im Innern vor Tragik zerbirst. Je höher das Thema, das von einem Dilettanten bestritten wird, desto witziger fällt das Scheitern aus.
„Wenn ich ein Buch wäre, würde ich jemanden auf der Straße bitten, mich mit nach Hause zu nehmen. Wenn ich ein Buch wäre, würde ich meine tiefsten und geheimsten Geheimnisse mit meinen Lesern teilen.“
„Quer durch die Geschichte zieht sich der Streit, wer in der Gesellschaft das Sagen haben soll. Ob in Antike, Mittelalter, 20. Jahrhundert oder heute: Immer wieder aufs Neue stellt sich die Frage nach der Macht im Staate und die nach der Gerechtigkeit. Sollen die Reichen, die »Experten«, die »Klugen« entscheiden – oder soll die Politik tatsächlich von allen bestimmt werden?“
„Wenn ich sterbe oder von den Isaacs entführt werde, muss jemand erfahren, was wirklich mit meinem Großvater passiert ist. Wo mein Großvater wirklich ist. Deshalb schreibe ich das Ganze hier auf.“ (6)
Hätte er sich 1972 nicht umgebracht, hätte er 2022 eines natürlichen Todes sterben können.
„Oh, das ist ja Mücke, der famose Flieger in seinem wandelbaren Fluggerät! Ein neuer Arbeitstag. Ich muss alle finden, die verloren gegangen sind!
Diese weiße Masse, die ständig in der Luft die Richtung wechselt, in alle Ritzen dringt und im Wind die unmöglichsten Skulpturen aufhäuft, ist auch für Psychologen ein metaphorisch höchst aufgeladener Stoff.
„Rufus hielt den Atem an. Konnte es sein, dass das Ding ihn verstand? Dass es seine Fragen wirklich begriff? »Verstehst du etwas, was ich sage?«, fragte Rufus. Das Wesen nickte noch einmal. Rufus hatte noch nie von einem Tier gehört, das Menschen versteht.“ (9 f)