Dimitri Prigow, Moskau-Japan und zurück
Wenn ein ehemaliger Untergrund-Autor so großen Wert darauf legt, dass sein Roman „non-fiction“ ist, dann spricht daraus bereits eine gewisse Lebenserfahrung im Umgang mit der so genannten Wahrheit.
Vordergründig handelt es sich bei Dimitri Prigows Text um einen Reisebericht. Der Ich-Erzähler landet in Japan und hat den starken Wunsch, das alles niederzuschreiben. So gibt es einen Start, der schlicht ‚Beginn’ heißt und die Lebensweisheit aus der Sowjetunion für Jugendliche zusammenfasst: Wenn Schlägertypen auftauchen, sagt man einfach geht weg, und die Typen gehen weg.
Bei einem echten Leser ist das Auge immer schneller als der rezipierte Begriff, der skurrile Titel „Wettesser“ verleitet zu optischen Abgleitungen, Wettleser, Wettmesser, Wet-desert, alles schwingt mit, ehe es klar ist: Hier geht es um das Fressen.
Unter dem Papier, auf dem die Literatur gedruckt ist, tut sich offensichtlich eine ganz andere Welt auf, in der es von besessenen, papierenen und ausgeklinkten Menschen nur so wimmelt.
Die so genannte „00-Nummer“ eines neuen Verlages ist immer aufschlussreich, gibt doch das erste Buch so etwas wie ein Programm vor.
Vielleicht sind Kinder in Wirklichkeit Erlebnismonster und erleben sich, die Eltern und die fröhliche Kindheit als gigantisches Experiment skurriler Gegebenheiten.
Vielleicht sollte man manche Texte gar nicht zu tief lesen, damit sie ihren Tiefgang entfalten können. Peter Handkes Kali-Roman ist jedenfalls eine Geschichte voller Leichtigkeit, Logik, Märchenhaftigkeit und Zeitlosigkeit.
Vielleicht muss man die richtige Liebe immer kalt und unauffällig halten und an extremen Figuren festmachen, damit sie langfristig funktioniert. Nichts ist nämlich schwieriger, als im aufrechten Gang durch die Slalomstangen der Gefühle zu wandeln.
Wenn du geil ins Leben gehst, springt dich dieses ebenso geil an. – So etwa lautet die lebensfreche Grundbotschaft in Anne Marie Pirchers Haupterzählung „Rosenquarz“.
Die ersten Nachtöne beginnen zu schwingen, wenn man diesen Lyrikband wie im Daumenkino rasch durch die Finger flirren lässt. Es bleibt der Eindruck von Harmonie, die Texte sind in gesunden Portionen abgedreht, alle Gedichte haben einen kurzen Titel, so dass man fast von lyrischen Wikipedia-Einträgen zu angenehm Begriffen sprechen kann.
Das Sinnvollste von Graz ist der Droschl-Verlag. Er gibt unter anderem die Serie „Dossier“ heraus, worin versucht wird, österreichische Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ihrer Wahrnehmung je nach Notwendigkeit ins rotieren zu bringen oder zu stabilisieren.