Christoph W. Bauer, Im Alphabet der Häuser

Was haben uns die Häuser zu erzählen, an denen wir täglich vorüber gehen? Können sie vielleicht helfen, den Blick zu öffnen für unsere Geschichte? Wie war das damals, als die großen Pestepidemien in Europa wüteten, oder zur Zeit des Nationalsozialismus - was berichten die Häuser Innsbrucks darüber?

In seinem neuesten Buch Im Alphabet der Häuser erzählt Christoph W. Bauer Stadtgeschichte und nimmt zugleich Stellung gegen die Blindheit, gegen die Gleichgültigkeit, die uns nichts mehr sehen lässt. Das Buch soll auch aufzeigen, wie man mit Geschichte umgeht und wie man Geschichte erzählen kann, ausgehend vom konkreten Ort, von der konkreten Person, eben vom konkreten Haus.

Besondere Bedeutung kommt hier den Menschen zu, denn sie verleihen der Geschichte ein Gesicht. Und so tauchen in dem Buch der Reihe nach Gesichter von Menschen auf, die es wirklich gab. Zum Beispiel den Orgelbauer Georg Gemelich, in dessen Haus 1611 die Pest ausbrach - welches Leid kam über die Familie, wie reagierten die Nachbarn, die Stadträte? Welche Aufgabe kam den Ärzten zu? Die Häuser geben Antworten darauf.

Häuser berichten von Schicksalen und Persönlichkeiten, von großen Ereignissen der Weltgeschichte und den kleinen eines unscheinbaren Lebens - auch erzählen sie von den dunkelsten Kapiteln der Geschichte. Und so ist ein ganzer Abschnitt des Buches der Zeit des Nationalsozialismus gewidmet, geht ein auf den Leidensweg des jüdischen Mädchens Ilse Brüll, auf das Schicksal der Familie Turteltaub und vieler anderer ehemals in Innsbruck beheimateter Juden.

Gerade solche Passagen machen das Buch auch für Schülerinnen und Schüler lesenswert. Nicht blanke Zahlen des Schreckens werden aufgezählt, sondern die Menschen und deren Schicksale, die viel zu oft hinter den Zahlen verschwinden, sichtbar gemacht.

Christoph W. Bauer, Im Alphabet der Häuser. Roman einer Stadt, m. 20 Abb.
Innsbruck: Haymon-Verlag 2007, 301 Seiten, 19,90 €, ISBN 978-3-85218-546-0

Reinhold Embacher, 03-04-2012