Cornelia Hermanns, Von Kaisern und Barbaren

„Von Shanhaiguan am Gelben Meer bis nach Jiayuguan in der Wüste Gobi verläuft die Große Chinesische Mauer. Sie ist imposanter als alle Sieben Weltwunder zusammengenommen, sagte man in Europa schon, als noch kaum einer sie mit eigenen Augen gesehen hatte.“ (6)

Immer schon war China ein Land der Mauern, die um alle Städte, Dörfer, Stadtviertel, Quartiere und um jeden einzelnen Hof gezogen wurden. Und so schützte China auch seine Nordgrenze mit eine Mauer, die um 200 v. Chr. begonnen und im Laufe der Jahrhunderte immer weiter angewachsen worden war, um sich dem verändernden Grenzverlauf anzupassen.

Aber schon vorher, in der Zeit der streitenden Reiche hatten die rivalisierenden Fürstentümer in China ihre Gebiete mit Grenzmauern abgesichert. Nach dem Ende der Auseinandersetzungen ließ der siegreiche Kaiser Quin Shi Huangdi, von dem China auch seinen Namen ableitet, 214 v. Chr. mit dem Bau einer Mauer im Norden des Landes, als Schutz vor den Barbaren, beginnen. Überwacht wurde der Bau von General Meng Tian, der auch Befestigungsmauern aus der Zeit der streitenden Reiche in die Große Mauer mit einband.

So groß die Mauer, ist so groß war auch das Leid, das mit ihrem Bau verbunden ist und der zahllosen Menschen das Leben gekostet hat. Die Gefahren und das Leid schlagen sich auch im Theater und in der Literatur nieder, wie z.B. in der Geschichte der Meng Jiangnü, die ihrem Mann Winterkleidung bringen wollte, der aber bereits an Erschöpfung und Kälte gestorben war. Ihrer Tränen öffneten einen Teil der Mauer und gaben ihren Ehemann und die Skelette von Tausenden Verstorbenen frei, die ebenso eingemauert worden waren.

Die Gefahr aus dem Norden, mit der die Nomaden die Bauern entlang des Gelben Flusses bedrohten blieb über die Jahrhunderte beständig bestehen. So herrschte das Reitervolk der Xiongnu über ein riesiges zentralasiatisches Reich nördlich von China. Aber erst den Mandschu und später den Mongolen unter Dschingis Khan gelang es China zu erobern und die Große Mauer zu überwinden.

Der großen Mauer kam aber auch die Bedeutung zu, den Handel mit dem Westen entlang der Seidenstraße zu schützen. Auf Tontäfelchen und Bambusstreifen ist das harte, karge und gefährliche Leben der Grenzsoldaten am Rande der Taklamakan-Wüste dokumentiert, die Dienst an der Mauer zu leisten hatten. Aber auch in weiterer Folge spielte die Chinesische Mauer eine wichtige Rolle in der chinesischen Geschichte, wie im chinesisch-japanischen Krieg 1937. Seit 1987 zählt die Mauer zum Weltkulturerbe der Menschheit.

Cornelia Hermanns gelingt es mit großer Erzählkunst die Geschichte der Chinesischen Mauer im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende Revue passieren zu lassen und unseren Blick auf die verschiedensten Akteure zu lenken. Wir erleben die Anfänge des Mauerbaus unter dem ersten chinesischen Kaiser, den Verwalter des Mauerbaus, das Leid der Arbeiter, die Bedrohung durch die Steppenvölker aus dem Norden u.a. Wir erfahren aber auch über die Technik des Mauerbaus, die verwendeten Materialien, Transport und von der Arbeit der Bauarbeiter.

Hervorragend ergänzt werden die Sachinformationen durch schön gestalteten Illustrationen, die sich durch viel Liebe zum Detail auszeichnen und die Geschichte des Mauerbaus lebendig werden lassen. Auch die Zeichen- und Maltechnik ist der chinesischen Kunsttradition angepasst und rundet das schöne Gesamtbild des Jugendsachbuches ab, das aber nicht nur chinainteressierten jugendliche Leserinnen und Leser zu begeistern sondern auch Erwachsenen eine hervorragenden Einblick in die chinesische Geschichte und Kultur zu bieten vermag.

Cornelia Hermanns, Von Kaisern und Barbaren. Der Bau der Großen Chinesischen Mauer. Ill. v. Gregor Körting, 50 farbige Illustrationen und Fotografien, ab 12 Jahren
Esslingen: Drachenhaus Verlag 2012, 93 Seiten, 24,70 €, ISBN 978-3-943314-03-8

 

Weiterführende Links:
Drachenhaus Verlag: Cornelia Hermanns, Von Kaisern und Barbaren
Homepage: Cornelia Hermanns

 

Andreas Markt-Huter, 18-02-2016

Bibliographie

AutorIn

Cornelia Hermanns

Buchtitel

Von Kaisern und Barbaren. Der Bau der Großen Chinesischen Mauer

Erscheinungsort

Esslingen

Erscheinungsjahr

2012

Verlag

Drachenhaus Verlag

Illustration

Gregor Körting

Seitenzahl

93

Preis in EUR

24,70

ISBN

978-3-943314-03-8

Lesealter

Kurzbiographie AutorIn

Die Journalistin und Autorin Cornelia Hermanns wurde in Stuttgart geboren und lebt heute in Tübingen. Die promovierte Geschichtswissenschaftlerin hat China schon immer begeistert.<br />Der aus Dresden stammende Maler und Grafiker Gregor Körting lebt derzeit in Shanghai.