Johann Kapferer, Der zitronengelbe Omnibus

In jedem Kinderbuch steckt auch ein magischer Roman für Erwachsene, der von den Vorleserinnen heimlich aus dem Buch herausgestohlen wird, wenn die Kids eingeschlafen sind.

Johann Kapferer hat mit dem „zitronengelben Omnibus“ in Wirklichkeit einen handfesten Roman aus der Arbeitswelt geschrieben und gezeichnet. Held der Arbeit ist Albert, ein Schulbus-Chauffeur der pädagogischen Extraklasse. Seinen Omnibus kennt er in- und auswendig, er hat ihm den Namen Eberhard gegeben, und Eberhard gehorcht aufs Wort, wenn man die richtigen Pedale und Hebel drückt.

Albert bringt seine Schülerschaft nicht nur täglich pünktlich in die Schule, er weckt sie auch auf mit brauchbaren Lebensweisheiten und schreitet mit Mitgefühl ein, wenn es zu laut wird. An besonderen Tagen, wenn die Welt wirklich rund ist, erzählt er auch eine Geschichte.

Aber dann schlägt die Arbeitswelt unerbittlich zu. Das Kreuz vom Albert ist kaputt, irreparabel durchgesessen am Arbeitsplatz, millionenfach durchgesiebt von Schlaglöchern, die der Omnibus Eberhard nicht mehr richtig hat abfedern können. Albert wird in den Krankenstand geschickt und in der Firma wird modernisiert, statt des Oldies werden drei neue Busse angekauft.

Die Zeit ist brutal, wenn sie nicht vom Fleck rückt. Albert ist mittlerweile in Pension und staunt nicht schlecht, als eines Tages sein ehemaliger Arbeitskollege Eberhard am Abschlepphaken zur Verschrottung fährt.

Jetzt mobilisiert Albert aber die letzten Kräfte, stürzt zur Schredder-Anlage, wo einem ehemaligen Schüler gerade das Herz bricht, weil er Eberhard zerschnipseln soll. Mit vereinten Kräften wird der Omnibus freigekauft und im Garten aufgestellt, wobei er nach einer Rundumpflege wieder zitronengelb in die Gegend leuchtet.

Die Schüler vermissen schon lange die Lebensweisheiten und die Umsicht ihres ergrauten Chauffeurs. Jetzt tauchen sie wieder im Garten auf und horchen im alten Bus den jungen Geschichten zu, die Albert erzählt und erzählt. Denn ...

Einsamkeit ist etwas, das jeden von uns widerfahren kann. […] Sie macht vor niemandem halt. Sie klopft auch nicht an unsere Tür, sondern steht plötzlich mitten im Raum. (66)

Und die Moral von der Geschicht: einen guten Arbeitsmenschen verwirft man nicht! In der Härte der Arbeitswelt wirken vernünftige Geschichten beinahe schon wie ein Märchen, wenn etwas gut ausgeht, glaubt man es schon fast nicht mehr.

Johann Kapferer ermuntert die Erwachsenen, einen Sinn aus ihrem Tagwerk zu schöpfen, damit die Geschichte vom zitronengelben Omnibus glaubhaft bleibt, wenn sie am Abend vorgelesen wird.

Johann Kapferer, Der zitronengelbe Omnibus. Ill. v. Johann Kapferer, ab 6 Jahren
Zirl: Edition BAES 2016, 69 Seiten, 16,90 €, ISBN 978-3-9504186-0-6

 

Weiterführender Link:
Edition BAES: Johann Kapferer, Der zitronengelbe Omnibus

 

Helmuth Schönauer, 28-05-2016

Bibliographie

AutorIn

Johann Kapferer

Buchtitel

Der zitronengelbe Omnibus

Erscheinungsort

Zirl

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Edition BAES

Illustration

Johann Kapferer

Seitenzahl

69

Preis in EUR

16,90

ISBN

978-3-9504186-0-6

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Johann Kapferer, geb. 1962 in Hall in Tirol, lebt in Oberhofen.