Nora Frisch / Qi Wenig, Der Admiral des Kaisers
Im Juli 1405 übernimmt ein Eunuch das Kommando über einen gewaltige Flottenverband: Mit über 250 reich beladenen Schiffen mit fast 30.000 Mann an Bord sticht Admiral Zheng He zu einer Expedition in See, die ihn um die halbe Welt führen wird. (7)
Der chinesische Admiral Zheng He gilt als einer größten Seefahrer der Menschheit, der knapp 100 Jahre vor Christoph Kolumbus riesige Expeditionen Richtung Westen geleitet hat, die ihn bis nach Afrika führten. Beinahe völlig aus dem Gedächtnis der Geschichte verschwunden, rückt der große Seefahrer in China und anderen asiatischen Ländern wieder in das allgemeine Gedächtnis zurück. Bei sind gilt Zheng He und seine Entdeckungsreisen weitgehend unbekannt.
In den Kapiteln „Die chinesische Seefahrt zur Zeit der Mongolenherrschaft (1300 bis 1368)" und „Die neu Dynastie der Ming“ werden die Vorgeschichte und die gesellschaftlichen Voraussetzungen beschrieben, die den Entdeckungsreisen Zheng Hes zugrunde lagen. Mongolische Unterdrückung und ihre Vertreibung, Hungersnöte durch Überschwemmungskatastrophen sowie die Errichtung einer neuen kaiserlichen Dynastie, an deren Beginn zahlreiche Hinrichtungen standen prägten das politische und gesellschaftliche Leben dieser Zeit.
Während die Mongolen stets mit dem Festland verbunden geblieben sind, betrachten die neuen Herrscher das Meer als Möglichkeit, ihre Herrschaft und Macht auszudehnen. Kaiserliche Diplomatenschiffe beginnen den privaten Kaufleuten im Seehandel Konkurrenz zu machen, gleichzeitig wird das Ziel verfolgt den „Barbaren“ die chinesische Weltordnung zu vermitteln.
Kaiser Yongle (1402 – 1424) der zu Beginn seiner Herrschaft 20.000 Anhänger seines Vorgängers hinrichten ließ, gilt auch als großer Bauherr und Kulturförderer. Sein größtes Projekt war aber der Bau einer gewaltigen kaiserlichen Schatzflotte. Dabei beeindruckt nicht nur die große Anzahl an Schiffen, sondern auch deren Größe.
Manche Schätzungen gehen von einer Schifflänge bis zu 140 Meter aus, andere wieder glauben, dass die Länge zwischen 65 – 80 Meter betragen haben dürfte. Gesichert ist, dass auf den Dschunken 1.000 Seeleute und Soldaten und 300 Passagiere Platz fanden. Organisiert und überwacht wurde der Bau der Flotte von Zheng He, den der Kaiser zum Admiral der künftigen Flotte ernannt hatte.
Auf insgesamt sieben Reisen zwischen 1405 bis 1433 bereist Zheng He mit seiner Schatzflotte das Chinesische Meer und den Indischen Ozean. Bereits seiner erste Reise führt in zu den Philippinen, nach Borne, ins Land der Khmer, nach Java, Sumatra, Ceylon und an die Südspitze Indiens. In den folgenden Fahrten werden Nordindien, der Golf von Hormuz, Südarabien und die Küsten Kenyas und Tanzanias erreicht.
„Der Admiral des Kaisers“ erzählt die bei uns wenig bekannte Geschichte der chinesischen Handels- und Entdeckungsreisen zu Beginn des 15. Jahrhunderts, einer Zeit in der auch in Europa mit Heinrich dem Seefahrer die ersten Erkundungen entlang der afrikanischen Küste ihren Anfang nehmen. Wir erleben dabei eine hochstehende Kultur, die auf hohem Niveau und unter staatlicher Lenkung gezielt und für eine bestimmte Zeit ihre Erkundungen in ferne Weltregionen unternimmt.
Das Sachbuch bietet einen überaus lesenswerten und informativen Einblick in einen bemerkenswerten Abschnitt der chinesischen Geschichte und Kultur. Dabei wird unser eurozentristische Blick auf die Geschichte der Welt gehörig relativiert und ein neuer Blick auf eine überaus hochstehende und alte Kultur im Osten geöffnet. Das bibliophile Sachbuch mit seinen klaren, verständlichen Texten, seinen zahlreichen künstlerisch beeindruckenden Illustrationen und seinem anschaulich gestalteten Kartenmaterial kann allen an Geschichte oder an China interessierten Leserinnen und Lesern unbedingt weiter empfehlen werden.
Nora Frisch / Qi Wenig, Der Admiral des Kaisers. Die Abenteuer des Eunuchen Zheng He, ill. v. Gregor Körting, ab 12 Jahren
Esslingen: Drachenhaus Verlag 2012, 142 Seiten, 25,50 €, ISBN 978-3-943314-01-4
Weiterführender Link:
Drachenhaus Verlag: Nora Frisch / Qi Wenig, Der Admiral des Kaisers
Andreas Markt-Huter, 12-05-2015