Johannes E. Trojer, Werkausgabe

„So sind sie, die Germanisten. Zu Lebzeiten ignorieren sie dich, und dann kriechen sie zu dir und deinem Nachlass ins Grab.“

Angesichts des wunderbaren Schubers, in den Johannes E. Trojers Werkausgabe gesteckt ist, denkt man natürlich an diesen süffisanten Kommentar des Autors, Heimatkundlers, Zeitgeschichtlers und Literaturpädagogen. Vom schlechten Gewissen getrieben, wie die Zeitgenossen Johannes E. Trojer zu Lebzeiten behandelt haben, wenn er etwa mit der Kulturzeitschrift „Thurntaler“ mit einigen Exemplaren nach Innsbruck oder Wien gekommen ist, haben jetzt Fans eine berührend zeitlose Werkausgabe herausgebracht.

Dabei entsprechen die vier Bände etwa den vier Haupt-Tätigkeiten des Künstlers und Wissenschaftlers. In den Bereichen Kulturjournalismus, Literatur, Zeitgeschichte und wissenschaftliches Arbeiten hat Johannes E. Trojer nämlich die jeweiligen Gebiete vom Rand her aufgerollt.

Von der Verfahrensweise und vom Stoff her gesehen mit der aktuellen Welt verbunden, hat Johannes E. Trojer den Standpunkt eines eingeschneiten und von der Umwelt kurzfristig abgeschnittenen Talkessels eingenommen wie in einer extremen Laborsituation.

  • Wie wirkt sich der Faschismus aus, wenn er Jahrzehntelang in einem Tal konserviert bleibt?
  • Wie renitent und resistent wird Literatur, wenn sie in einem entlegenen Lesebiotop zum Vorschein gebracht wird?
  • Wie lässt sich ein wissenschaftlicher Diskurs führen, wenn die entsprechenden Fachleute nur zur Sommerfrische ins Tal kommen?

Von der direkten Umgebung als Insider einer seltsamen Welt abgetan, von der Fachwelt wegen seiner Ausdauer und künstlerischen Standhaftigkeit mit Argwohn beäugt, hat Johannes E. Trojer letztlich Standards gesetzt, an denen sich hintennach gesehen eine ganze Generation aufgerichtet hat.

ich hänge mir ein bild auf / ich betrachte das mir aufgehängte bild / ich betrachte zuerst die vorderseite / ich betrachte sie in einem angemessenen abstand / ich achte auf den abstand / ich schätze den abstand zwischen mir und der vorderseite des bildes / ich sehe auf der vorderseite das glas / ich sehe das glas spiegeln / ich sehe jetzt das glas wie einen spiegel / ich sehe einen spiegel / ich sehe mich jetzt in einem spiegel […] (I/129)

In einer sorgfältigen Wiedergutmachung haben seine kulturellen Schülerinnen und Schüler jetzt den Trojer-Kosmos in einer Werkausgabe zusammengefasst. Wer sich davon ansprechen lässt, wird wochenlang darin lesen.

Johannes E. Trojer: Werkausgabe. Vier Bände im Schuber.
Innsbruck: Haymon 2011. EUR 49,90. ISBN 978-3-85218-671-9.

Bd.1: S. Unterweger: Sätze und Absätze. Der Literat und Kulturjournalist J.T.; 325 Seiten.
Bd.2: M. Kofler: J.T.: Zeithistorisches Gewissen eines Tales; 326 Seiten.
Bd.3: I. Fürhapter: Die Kulturzeitschrift Thurntaler (1977 - 1987). 646 Seiten.
Bd.4: I. Fürhapter: Johannes E. Trojers interdisziplinäre Arbeitsweise. 457 Seiten.


Weiterfürhende Links:
Haymon-Verlag: Johannes E. Trojer, Werksausgabe
Brenner-Archiv: Johannes E. Trojer

 

Helmuth Schönauer 19/01/12

Bibliographie

AutorIn

Johannes E. Trojer

Buchtitel

Werkausgabe. Vier Bände

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Haymon

Seitenzahl

1754

Preis in EUR

49,90

ISBN

978-3-85218-671-9

Kurzbiographie AutorIn

Johann Trojer, geb. 1935 in Außervillgraten, starb 1991 in Lienz.