Sepp Kahn, Der Birnbaum schweigt

Buch-CoverVielleicht kann man die Gattung Bauernkrimi ausrufen, um Sepp Kahns wundersame Agrar-Bio-Orgie irgendwie zu beschreiben.

Der Fall lässt sich wie ein kitschiges Löwinger-Stück an. Der Lift-Theo ist in Frühpension gegangen und bewirtschaftet eine entlegene Hütte, dabei meditiert er viel, moderiert mit sich selbst das Aussteigerleben und legt eine satte Spur von Lebenswitz und Lebenserfahrung hin.

Als er schon früh am Abend im Bett liegt und auf eine theologische Sendung in Ö-Regional wartet, raschelt es ungemütlich und der ehemalige Schulkollege Lenz, ein ausgewachsener Bösewicht taucht auf.

Jetzt wirds ungemütlich, denn Lenz fordert Geld, weil er auf der Flucht ist. Das Gerücht geht um, dass er einmal einen Menschen ermordet hat und der Lift-Theo ist sich ganz sicher, dass Lenz ein Mörder ist. Erpressung, Abrechnung, brutale Aufarbeitung der Vergangenheit, abwechselnd schreien sich die beiden mit "du Hund du, du Sauhund" an.

Während anderntags der Lift-Theo zur Bank fährt, um für den Bösewicht das Geld abzuheben damit er ihn vielleicht diskret los wird, taucht seine Geliebte mit einer schönen Süßspeise in der Hütte auf und trifft Lenz, der sich dort versteckt hält. Es kommt zu einem unglücklichen Show-Down und die Geliebte verschwindet für immer in einer Schlucht.

Sehr zurückhaltend offensiv tritt auch der Dorfpolizist in Aktion, zusammen mit seiner Gattin entwickelt er die nächsten Strategien. Bei der Inspektion der ominösen Hütte tritt ein passables Blutbad ans Tageslicht. Lenz ist tot, der verwirrte Lift-Theo wird in die Psychiatrie eingewiesen.

Allmählich geht der Fall in die ortsübliche Normalität über. Der Polizist wird geehrt, dass sich die Brust biegt, Lift-Theo versucht aus der Psychiatrie rauszukommen und behauptet, das versteckte Geld im Birnbaum könne ihn entlasten, dass er seinen Widersacher nicht umgebracht habe. Aber der Birnbaum schweigt.

So stirbt Lift-Theo und wird neben dem bösen Lenz bestattet, was einen großen Wallfahreransturm auslöst, alle wollen das Grab der beiden wilden Hunde sehen.

Sepp Kahns Kriminalroman ist so ungebrochen kühn und griffig, dass man als Leser diesen Fall bei der ersten Lektüre kaum glaubt. Die Figuren treten oft in eine Ich-Perspektive und erzählen mit einem amputierten inneren Monolog, was sie jetzt denken, tun und vergessen werden. Manche Überlegungen sind hanebüchern pfiffig und dann wieder blumig mit voll-kitschiger Ausformulierung. Die Handlung zuckt zwischen Unwahrscheinlichkeit und glaubhafter Erinnerung hin und her, und das ist die beste Lesemotivation. Traut sich der Autor, noch eins draufzusetzen? Wie wahrscheinlich wird dann der erzählte Fall? Kann man so lange schwadronieren, bis der Krimi zusammenbricht?

Sepp Kahn dosiert seinen Roman professionell und hinterzündig. Alles könnte echt sein, vielleicht ist es aber auch nur gut erfunden. Jedenfalls hält Sepp Kahn seine Leser ordentlich auf Trab. Ein unbarmherzig wilder Bauernkrimi mit perfekt-ländlichem Charme!

Sepp Kahn: Der Birnbaum schweigt. Kriminalroman.
Innsbruck: Berenkamp 2007. 128 Seiten. EUR 14,50. ISBN 978-3-85093-223-3.

 

Weiterführende Links:
Amazon: Sepp Kahn: Der Birnbaum schweigt

 

Helmuth Schönauer, 22-01-2008

Bibliographie

AutorIn

Sepp Kahn

Buchtitel

Der Birnbaum schweigt

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Berenkamp

Seitenzahl

128

Preis in EUR

14,50

ISBN

978-3-85093-223-3

Kurzbiographie AutorIn

Sepp Kahn, geb. 1952 in Hopfgarten, ist Bauer und Autor in Itter.