Peter Plattner, Herman Ein verschüttetes Leben

Buch-CoverDas Leben ist letztlich wie verschüttete Milch, man kann es nicht mehr rückgängig machen. Herman jedoch, ein Künstler aus Fiktion und Blut, verschüttet tatsächlich sein Leben, indem er vom dritten Stock in die Tiefe springt, Farbtuben in den Händen.

Unten angekommen zerplatzt er in den Farben, das Blut mischt sich spektakulär authentisch mit dem Indigoblau und Sonnengelb. Herbeigeeilte Künstler kratzen alles zusammen und machen daraus ein Kunstwerk.

Peter Plattner erzählt in zwölf Episoden vom Schicksal eines Künstlers, der vom Kunstbetrieb auf die Schaufel genommen wird, diesen aber seinerseits mit Aktionen ad absurdum führt. Künstler wird er, weil er eine übergroße Mutter hat, die ihn in Affenliebe zerdrückt. Schon als Schüler entdeckt er seine Spezialität, wenn man sich an den scharfen Kanten der Schulhefte die Finger wund reißt, lassen sich mit dem Blut schöne Kunstklekse gestalten.

Bereits bei der Pubertät ist klar, dass aus Herman ein Künstler wird, er hat nämlich nicht nur frühe sexuelle Erfahrungen mit Frauen, er ist bei Bedarf auch durchaus homosexuell unterwegs. Meistens werden die Geschlechtspartnerinnen und -partner zu Mäzenen, die das Glück des Künstlers im wahrsten Sinne des Wortes in die Hand nehmen.

Immer wieder müssen die Wohnorte gewechselt werden, eine Inspirationsreise nach Venezuela beispielsweise stellt sich als pure Flucht heraus.

Der Höhepunkt dieser Weltkarriere ist als Antipode in Linz angesiedelt, wo ein skurriler Professor diskret zwischen Kunst und Provinz hindurch wedelt. In einer WG in Linz taucht dann auch der Ich-Erzähler kurz auf, er misst sich mit Herman, dem Genie, in einem Kochwettbewerb.

Und im Sinne eines Rondos kommt am Schluss noch einmal der Fenstersturz zum Vorschein, jetzt ist das Leben wirklich verschüttet und abgerundet.

In einem kurzen Nachspann besprechen die Freunde des zu Tode Gestürzten die Sachlage und schütteln bei einem Bier den Kopf.

Peter Plattner lässt seinen Anti-Helden durch alle Sümpfe, Klischees, Rituale und Marketing-Auftritte der gegenwärtigen Kunstgeschichte gehen. Hermans Leben läuft dabei wie am Schnürchen ab, bis er selbst von der Rolle ist. Zu diesem Zweck wählt Peter Plattner eine sehr sachliche Darstellung, je mehr die Figur zum Genie auskristallisiert, umso kühler wird der Ton der Beschreibung. Und in all diesen Kapiteln sieht sich der Leser widergespiegelt, sei es als Kunstsammler, als Hobbymaler oder als schlichtes Kind, das von einem großen Leben träumt und dabei verschütt geht.

Peter Plattner, Herman. Ein verschüttetes Leben.
Neckenmarkt: novum 2008. 147 Seiten. EUR 15,90. ISBN 978-3-85022-191-7.

 

Weiterführende Links:
Novum-Verlag: Peter Plattner, Herman. Ein verschüttetes Leben

 

Helmuth Schönauer, 15-04-2008

Bibliographie

AutorIn

Peter Plattner

Buchtitel

Herman. Ein verschüttetes Leben

Erscheinungsort

Neckenmarkt

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

novum

Seitenzahl

147

Preis in EUR

15,90

ISBN

978-3-85022-191-7

Kurzbiographie AutorIn

Peter Plattner, geb. 1971 in Inzing, lebt in Wien.