Helmuth Schönauer, Ich war ein Arschloch

Buch-CoverIst das ein Schas! steht am Anfang des neuen Romans von Helmuth Schönauer, der wieder schonungslos die Verhältnisse in Innsbruck und Tirol aufs Korn nimmt. En passant wird  bei einem kurzen Abstecher in die russische Republik Tuwa die Welt der Schamanen und Touristen sarkastisch unter die Lupe genommen.

Im Mittelpunkt des Romans steht Walter Aloh, Bewohner des Mitterwegs und Bibliothekar an der Tiroler Landesbibliothek in Innsbruck. Mit einem teils bissigen und teils wehmütigen, vor allem aber in viel Selbstironie verpackten Humor werden lokale Verhältnisse, Einrichtungen und Politiker gnadenlos bloß gestellt, die das Leben in der Provinz charakterisieren.

Auf seinem Weg zur Erkenntnis begleiten wir den Protagonisten Walter Aloh auf seinem Weg von seiner Wohnung zum Arbeitsplatz, in die Niederungen des bibliothekarischen Beamtenlebens in der Provinz und der Tiroler Politik und kommen schließlich sogar bis nach Tuwa, dem südsibirischen Gegenstück zu Tirol.

Warum fahr ich Arschloch nach Kysyl? Wer hat mich für dieses Wüsten-Dachl gegoogelt? Ist Sommer oder was? Muss ich Überstunden abbauen oder habe ich keine? Soll ich was Blödes anstellen oder kann ich Schamane werden? Ich hätte so gerne Kostenwahrheit. (S. 69)

Auch in der Welt der Schamanen läuft alles trivial ab, sodass der gelernte Tourist genau das erhält, was er braucht. Aber wie in Tirol die Jodler sind auch die Schamanen von Kysyl nur ein Schwindel, wo sich die Schamaninnen als Schauspielerinnen entpuppen und wo Schamanen jeden Hügel augenzwinkernd als heilig bezeichnen.

Walter Aloh zieht eine Bilanz seines bisherigen Lebens als Bibliothekar und kommt schließlich zur Erkenntnis: Ich war ein Arschloch und dass sich alles im Leben auf drei Weisheiten reduzieren lassen kann:

  • Der Sinn der Welt besteht in ihrer Erwärmung.
  • Das Leben ist trivialer, als wir alle glauben.
  • Pünktlich kommen, pünktlich gehen, nichts denken. (S. 58)

Alles was Anfangs Sinn macht, muss nachher wieder zerstört werden, was gelesen und geglaubt wurde, muss wieder vergessen werden. Und als Quintessenz nähert sich Aloh in Wittgensteinscher Anlehnung der letzten Erkenntnis: Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen des Arschlochs. Also ganz schlichte Inschrift: Ich war ein Arschloch. (S. 88)

Zum Abschluss bietet Schönauer allen mit Tirol und Tuwa weniger vertrauten Leserinnen und Lesern ein literarisches Glossar, in dem Personen, Orte und spezielle Begriffe zu Tirol und Tuwa erläutert werden.

Wer sich an der zottigen Ausdrucksweise im Roman anstößt, die schon lange zu Schönauers Markenzeichen gehört, wird mit dem Buch vielleicht seine Schwierigkeiten haben. Aber wenn die Welt und das Leben nur mehr verrückt spielen und einem jeglichen Sinn rauben, welche Sprache steht einem dann letztlich noch zur Verfügung? Der feine Humor mit derber Klinge. Und den beherrscht Schönauer meisterlich!

Helmuth Schönauer, Ich war ein Arschloch
Klagenfurt: Kitab-Verlag 2008, 15,00 EUR, 91 Seiten, ISBN 978-3-902585-07-03

 

Weiterführende Links:
Kitab-Verlag: Helmuth Schönauer, Ich war ein Arschloch
Wikipedia: Helmuth Schönauer

 

Andreas Markt-Huter, 29-08-2008

Bibliographie

AutorIn

Helmuth Schönauer

Buchtitel

Ich war ein Arschloch

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Kitab-Verlag

Seitenzahl

91

Preis in EUR

15,00

ISBN

978-3-902585-07-0

Kurzbiographie AutorIn

Helmuth Schönauer wurde 1953 in Innsbruck geboren und ist Verfasser zahlreiche Romane und Gedichtbände.