Klaus Rinner, Dr Stegers Herzensverdruss in sechs Tagen

Buch-CoverHerzensverdruss löst eine recht melancholische Stimmung aus und ist ein Mittelding zwischen Weltverdruss und Herzinfarkt.

Dr. Steger biegt als Ich-Erzähler seine Tage herunter mit dem Gefühl der Selbstverachtung, als Leser begleiten wir ihn sechs Tage lang, und jeder Tag liegt schwer auf dem Gemüt des Helden. Als Rechtsanwalt streunt Dr. Steger durch seine Fälle und stolpert zwischendurch über sich selbst.

Es beginnt mit einem Nachbarschaftsstreit, ein Bauer kämpft um ein Wegerecht, lästige Details liegen im Weg, die Bäuerin versucht mit landwirtschaftlichen Naturalien die Laune des Rechtsanwaltes zu heben, aber Dr. Steger hängt der Fall beim Hals heraus, er notiert sich das Wichtigste und flüchtet leicht angewidert wieder in seine Kanzlei.

Die Arbeit versaut einem den ganzen Tag! (22)

Das einzig Aufregende sind an solchen Tagen die Wetterlkapriolen, langsam taucht Föhn auf und leuchtet das Hirn mit seiner blauen Firmament-Birne matt-blau aus. Am Gericht spielen sich Tragödien ab, die Angeklagten sitzen lammfromm vor dem Richter, während diverse Plädoyers mehr oder weniger versiert vorgetragen den Anwälten aus dem Mund tröpfeln.

Kreditüberziehung, sexuelle Anmache, Rosenkrieg, alles läuft nach einem strengen Ritual ab, für Dr. Steger gibt es einen kurzen Lustgewinn, als er seinen Mandaten vom Vorwurf der sexuellen Belästigung frei kriegt, dafür tunkt man diesen Mandanten an anderer Stelle ordentlich ins Schmalz, wie das in der Sprache der Verurteilungen heißt.

Die Fälle tröpfeln lustlos dahin, während die Seele Richtung Herzensverdruss wandert. Auch ein erotisches Intermezzo ist nicht dazu angetan, gute Stimmung oder gar Lebenslust zu erwecken. Nach einem elendslangen Abendessen mit sinnlosem Gequassel geht es schließlich zur Sache, aber es entsteht nichts Brauchbares daraus, das Schäferstündchen verschafft nur kurzfristig etwas Erleichterung.

Das war also nun die neue Weiblichkeit! [...] "Ja Kruzitürken!" verlor ich nun endgültig die Fassung. "Was ist denn an diesem Dr. Lippmann so Besonderes? Beherrscht er etwa die Kunst, mit der Vorhaut zu schnalzen?", rief ich erbost. (96)

Der Ich-Erzähler frettet sich lustlos von Tag zu Tag, manchmal scheint die Zeit einfach den Geist aufzugeben und stehen zu bleiben. Die Erotik ist am nächsten Tag genauso verschwunden wie der Lichtblick in einem Fall vom Vortag. Manchmal flüchtet sich Dr. Steger in eine schwülstige Sprache und verwechselt alles, die Dame des Herzens spricht er mit juristischen Floskeln an, das Plädoyer verfällt zu einem alltäglichen Statement, eine private Erinnerung an die Studienzeit gerät zu einem Fachvortrag.

Die Tage liegen schwer auf dem Herzen und würgen jede Lebenslust ab, der Held zählt die Tage herunter, bis ihm die Finger an der Hand ausgehen. - Klaus Rinners Roman ist eine sarkastisch melancholische Alpen-Melange voller juristischer Fallstricke. Selten einmal ist der Beruf des Rechtsanwaltes zu ernüchternd aufgehellt worden.

Klaus Rinner, Dr. Stegers Herzverdruss in sechs Tagen. Roman.
Innsbruck: Kyrene-Verlag 2008. 105 Seiten. EUR 13,90. ISBN 978-3-900009-45-8.

 

Weiterführender Link:
Kyrene-Verlag

 

Helmuth Schönauer, 29-09-2008

Bibliographie

AutorIn

Klaus Rinner

Buchtitel

Dr Stegers Herzensverdruss in sechs Tagen

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Kyrene-Verlag

Seitenzahl

105

Preis in EUR

13,90

ISBN

978-3-900009-45-8

Kurzbiographie AutorIn

Klaus Rinner, geb. 1955 in Innsbruck, ist Rechtsanwalt in Innsbruck.