Natasha Friend, No Game - Jetzt ist Schluss mit Schweigen!

natasha friend, no game„Sie lag im Gras, Arme und Beine von sich gestreckt. Es roch nach Erde. In ihrem Mund war ein widerlicher Geschmack, metallisch und irgendwie nach Oliven. Sie drehte den Kopf zur Seite und würgte. Allein beim Gedanken an Oliven wurde ihr schlecht. »Langsam dürfte wohl alles draußen sein«, sagte jemand. Wer war das? Sie wollte sich umdrehen, aber irgendein grelles Licht stach ihr in die Augen.“ (S. 7)

Die 15-jährige Nora Melchiondas findet sich nach einer Party halbnackt auf einem Golfplatz wieder, wo sie von ihrem Schulkollegen Adam Xu entdeckt wird. Dieser informiert über Noras Handy sofort deren beste Freundin Cam, die Nora drängt sich untersuchen zu lassen und eine Anzeige zu erstatten.

Nora leidet unter einem vollkommenen Blackout und kann sich nicht mehr erinnern, was geschehen ist. Adam Xu ist es gelungen vier Personen zu verjagen, bevor schlimmeres passieren hat können, hatten diese Nora doch bereits die Unterhose ausgezogen. Bei der ersten Selbstuntersuchung, zu der ihre Freundin Cam sie gedrängt hat, kann Nora nichts finden. Später macht sie eine mysteriöse Entdeckung, als sie einen dunklen Punkt an ihrem Schritt als kleine, mit einem Permanentstift geschriebene Zahl Neun bemerkt, die sie sofort abzuwaschen beginnt.

Während Cam darauf drängt, den Übergriff zu melden und aufzuklären, schämt sich Nora dafür und will die Angelegenheit vergessen und auf sich beruhen zu lassen. Adam Xu, der den Angriff zufällig mit seiner Nachtsichtkamera gefilmt hat, lädt die beiden zu sich ein und zeigt ihnen vier Typen, die unerkannt vom Tatort entkommen können.

Die Freundschaft zwischen Nora und Cam wird auf eine harte Probe gestellt, weil Nora den Übergriff aus Scham vergessen will, während Cam sie dazu drängt, die Sache öffentlich zu machen, um die Täter nicht ungeschoren davonkommen zu lassen. Außerdem verliebt sie sich ausgerechnet in Noras 18-jährigen Bruder Asher, was die Angelegenheit für sie nicht gerade unkomplizierter macht.

Obwohl Nora Adams Video gelöscht wissen will, speichern Adam den Film als Beweis heimlich in der Cloud. Als die Jugendlichen mit Nachforschungen beginnen, gelangen sie bald zu einer erschreckenden Erkenntnis.

Natasha Friend thematisiert in ihrem Jugendbuch das wichtige Thema „sexueller Übergriff“ und zeigt auf realistische Weise die inneren Kämpfe, die Selbstbeschuldigungen und die Scham der Opfer und stellt dabei auch immer noch verbreitete Rollenbilder kritisch in Frage. Dabei kommen auch die zahlreichen Schwierigkeiten zur Sprache, die ein offenes Auftreten gegen Übergriffe in der Familie und im Bekanntenkreis mit sich bringen kann.

Der aus der wechselnde Sicht von Nora, Cam, Adam und Asher erzählte Jugendroman spiegelt die unterschiedliche Betroffenheit und die Interessen und der verschiedenen Protagonisten anschaulich wider und bietet den jugendlichen Leserinnen und Lesern viel Identifikationspotential. Ein überaus empfehlenswerter und spannender Jugendroman der betroffen macht und zum Nachdenken anregt.

Natasha Friend, No Game - Jetzt ist Schluss mit Schweigen! Übers. v. Jessika Komina / Sandra Knuffinke [Orig. Titel: The Wolves Are Waiting], ab 14 Jahren
Bamberg: Magellan Verlag 2022, 368 Seiten, 19,60 €, ISBN 978-3-7348-5064-6

 

Weiterführende Links:
Magellan Verlag: Natasha Friend, No Game - Jetzt ist Schluss mit Schweigen!
Wikipedia: Natasha Friend (engl.)

 

Andreas Markt-Huter, 05-06-2023

Bibliographie

AutorIn

Natasha Friend

Buchtitel

No Game - Jetzt ist Schluss mit Schweigen!

Originaltitel

The Wolves Are Waiting

Erscheinungsort

Bamberg

Erscheinungsjahr

2022

Verlag

Magellan Verlag

Übersetzung

Jessika Komina / Sandra Knuffinke

Seitenzahl

368

Preis in EUR

19,60

ISBN

978-3-7348-5064-6

Lesealter

Altersangabe Verlag

14

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Eigentlich hat Natasha Friend es ihren Eltern zu verdanken, dass sie heute Autorin ist – immerhin wuchs sie in einem Haus ohne Fernseher auf. Kein Wunder also, dass sie von der Leseratte zur Schriftstellerin mutierte und ihrem Vater schon bald Geschichten diktierte, damit er sie auf der Schreibmaschine abtippte. Heute, drei Kinder und neun Bücher später, vermisst sie den Fernseher gar nicht mehr.

Jessika Komina (rechts) arbeitet gemeinsam mit Sandra Knuffinke als Übersetzerin. Sie träumen seit ihrem Studium in Düsseldorf von einem gemeinsamen Büro, bislang sitzt allerdings noch jede an ihrem eigenen Schreibtisch.