Astrid Schönweger u.a., Die Kraft der Kräuter nutzen
Bei Kräutern denkt man sofort an etwas Wertvolles, Wahrhaftiges und Wohltuendes, und trotz der Üppigkeit, mit der sie einem entgegentreten, muss man ihnen schon beim ersten Anblick maßvoll begegnen. Das Maß der Kräuter sind Drei-Finger-voll, eine Handvoll und ein Bund Kräuter.
Die drei Haupt-Expertinnen Astrid Schönweger, Irene Hager und Alice Hönigschmid wissen, dass die Welt der Kräuter fast genauso groß ist wie die sogenannte große Welt, denn selbst an den kleinsten Vegetationsritzen vermögen Kräuter noch zu gedeihen. Das nützliche Wissen über diese Welt wird daher von gut fünfzig Frauen zusammengetragen, die im hinteren Drittel des Buches zu Wort kommen.
Die Fachfrauen erklären dabei nicht nur ihren Zugang zu den diversen Anwendungen, sondern erzählen auch jeweils, woher ihr Wissen stammt. Dadurch unterscheiden sie sich von der sogenannten akademischen Welt, in der einfach das Wissen behauptet aber nicht nachgewiesen wird.
Generell fällt auf, dass der Kräuterfluss über Jahrhunderte angewachsen und persönlich von Großmutter auf Mutter und Kind übergeben worden ist. Wegen dieses Wissens sind immer wieder Kräuterfrauen in die Schusslinie der offiziellen Politik geraten. Nach dem Weltkrieg reißt das Wissen jäh ab, es gilt als unmodern, sich mit scheinbar alten Rezepten zu befassen. Den Südtiroler Autorinnen dieses Buches ist es zu verdanken, dass das an das alte Wissen wieder angeknüpft wird. „Wer hilft, hat recht“, lautet so eine Beweisformel.
Wie in einem satt machenden Handbuch sind die Kräfte der Kräuter beschrieben nach Anwendungsbereichen, nach Gebieten, in denen sie gedeihen, und nach botanischen Gesetzmäßigkeiten. Penible Verknüpfungshinweise ermöglichen es, rasch und zielgenau das entsprechende Rezept oder die passende Botschaft einer Pflanze aufzufinden. So gilt etwa der gelbe Enzian als die bitterste Pflanze des Alpenraums und seine Substanzen lassen sich nur durch gigantische Verdünnungen aushalten.
Gerade das sogenannte Grundwissen verblüfft am meisten und zeigt, wie weit sich mancher Lebensstil schon von der gesunden Kräuterwelt entfernt hat. Für einen ordentlichen Tee etwa braucht es vier Typen: Hauptkräuter, Geschmackskräuter, Schmuckkräuter und Stabilisierungskräuter. Nach dieser Viererformel sind auch viele nützliche Angelegenheiten unseres Lebens aufgebaut, ein gutes Essen hält sich daran, ein gelungenes Gedicht ebenso.
Die Kräuterwelt berührt uns mannigfaltig als Hausapotheke, Körper- und Schönheitspflege und durch die Küche. Wenn etwa die Mixtur für ein Kräuter-Roll-On vorgestellt wird, merken wir erst, dass wir alles, was uns auf die Haut und in den Magen kommt, schon längst der Industrie überlassen haben.
In dieser industriellen Medizin- und Hygienewirtschaft sind übrigens kaum heimische Kräuter vorhanden, weil die Kosten für die entsprechenden Heilnachweise nur von großen Konzernen geleistet werden kann. Aber die Kräuterwelt punktet ohnehin mit der eigenen Logik, denn „Kräuter sind für alles da und ideale Lebensbegleiter“.
Wer einmal versucht hat, in einer städtischen Wohnanlage einen Holunder zu pflanzen, wird jetzt aufatmen und mit dieser Kräuterfibel die ganze Wohnanlage überzeugen.
Der Holunder nämlich galt schon im Mittelalter als die vollständige Hausapotheke. (383)
Augenzwinkernd könnte man zusammenfassen, dieses Buch hilft schon durch bloßes Berühren, wenn man es in die Hand nimmt!
Astrid Schönweger / Irene Hager / Alice Hönigschmid, Die Kraft der Kräuter nutzen. 350 Rezepte für Wohlbefinden, Schönheit, Küche, Haus und Garten. Über 600 Fotografien
Innsbruck: Löwenzahn Verlag 2016, 455 Seiten, 29,90 €, ISBN 978-3-7066-2562-3
Weiterführende Links:
Löwenzahn Verlag: Astrid Schönweger / Irene Hager / Alice Hönigschmid, Die Kraft der Kräuter nutzen
Kräuterkraft: Astrid Schönweger / Irene Hager
Helmuth Schönauer, 10-10-2016