Tiroler Faschingsbräuche zum Lesen auf Sagen.at

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Die Tiroler Internet-Site Sagen.at bietet eine große Sammlung an älteren und neueren Texten über Faschingsbräuche in Tirol. Manche der Bräuche sind heute noch immer Bestandteil der regionalen Faschingstradition, andere wiederum sind bereits seit längerem in Vergessenheit geraten.

Der Volkskundler Ludwig von Hörmann beschreibt in seinem 1909 veröffentlichten Buch Tiroler Volksleben zahlreiche Faschingsbräuche, wie sie im 19. Jahrhundert in Nord-, Süd- und Osttirol gepflegt worden sind. Im Tiroler Oberinntal war Beispielsweise das so genannte Blochziehen überaus beliebt, bei dem Junggesellen einen Baumstamm durch den Ort ziehen müssen.

Dieses Fastnachtsspiel wird gewöhnlich nur dann aufgeführt, wenn während des Faschings niemand im Dorf geheiratet hat, doch ist es auch an manchen Orten, z. B. in Landeck, fast alle Jahre gebräuchlich. Einige Tage vor dem unsinnigen Pfinstag gehen die Dorfburschen in die Gemeindewaldung und suchen sich dort den größten und stärksten Fichtenstamm aus, der als Block oder Bloch, wie er auch heißt, den Mittelpunkt des Spieles bilden soll, hauen ihn um und bringen ihn auf den Kirchplatz oder in die Nähe des Dorfes, wo er einstweilen liegen bleibt.

Am Spieltag ziehen sie sich dann reine weiße Hemden an, kurze schwarze Lederhosen mit grünen Hosenträgern und weiße Strümpfe, doch keine Joppe. Auf den Hüten stecken Federn und künstliche Buschen. Auch der Block wird mit Bändern, Kränzen und Blumen ausstaffiert. Hierauf laden ihn die Burschen auf einen Wagen oder Schlitten, spannen sich paarweise davor und ziehen das Fuhrwerk unter beständigem Jauchzen und Schreien durch das Dorf. Der älteste Junggeselle geht voraus. Auf dem Blocke läuft mit allerlei wunderlichen Grimassen ein Schalksnarr hin und her, ruft den Begegnenden Spitznamen zu und bespöttelt in Knittelversen das Tun und Treiben der Dorfbewohner, besonders der Mädchen.
Sagen.at: Ludwig von Hörmann, Tiroler Volksleben - Fasching

Beim so genannten Grätziehen im Vinschgau wird ein Karren von Burschen in Masken durch das Dorf gezogen.

Darin sitzen einige ihrer Kameraden als alte Mädlen vermummt, die auf dem armseligen Fuhrwerk nach dem Sterzinger Moos geschafft werden sollen, wohin der Volkswitz die alten Jungfern nach ihrem Tode verbannt. Dem Karren folgt eine Schar Masken, welche verschiedene Stände vorstellen. Hinterher aber schleicht das tückische Krautweibele und taucht bald hier bald dort auf, dass die Zuschauermenge scheu auseinanderstiebt.
Sagen.at: Ludwig von Hörmann, Tiroler Volksleben - Fasching

Neben mehr als 19.000 Texten mit Sagen und Märchen gibt es auf Sagen.at eine interaktive Fotogalerie mit mehr als 11.000 Fotos. Im Bild: Einer der Wilden beim Telfer Schleicherlaufen, deren Bärte aus Kuhschwänzen gefertigt werden. Foto: © Wolfgang Morscher

Recht ausführlich beschreibt Hörmann das Schemenlaufen in Imst, das bereits im 19. Jahrhundert mit seinem Maskenumzug ein Ausmaß erreicht hat, dass eigens gewählte Vorstände mit der reibungslosen Vorbereitung und Durchführung beauftragt worden sind.

Für die Stadt Hall beschreibt Hörmann den Brauch mit dem Fasserrötzl, bei dem es sich um ein aus Holz geschnitztes rossähnliches Ding handelt.

Ein junger Fassbindergesell setzt sich als Reiter darauf und schiebt seinen etwas schwerfälligen Gaul durch die Gassen der Stadt. Ihn begleiten mit Gejohl und Geschell die Schemen oder, wie sie hier heißen, Huttler, die unter Peitschengeknall herumrennen und die Begegnenden mit kotigen Besen tüchtig abkehren. Vor den Wirtshäusern, an denen sie vorbeikommen, wird ihnen Wein und Schnaps geboten.
Sagen.at: Ludwig von Hörmann, Tiroler Volksleben - Fasching

Abschließend erwähnt Hörmann noch das Perchtenlaufen im Pustertal und in Lienz sowie die Aufführung des Egerthansel oder Strohmann im Etschtal.

Der Tiroler Volkskundler und Namensforscher Christian Schneller beschreibt in seinem 1867 erschienenen Buch Märchen und Sagen aus Wälschtirol auch Faschingsbräuche im italienisch-sprachigen Teil Alttirols wie z.B. theatralische Reimspiele, das Verbrennen des Faschings oder das Trienter Faschingsspiel Ciusi gobbi.

Als echt nationales Faschingsspiel ist jenes der sogenannten Ciusi gobbi  [Einer alten Ueberlieferung zufolge soll dieses Maskenspiel den Sieg feiern, den die Trientiner einst unter dem Ostgothenkönige Theodorich über Bewohner des Gebietes von Feltre errangen, als diese beim Bau der Stadtmauern jenen ihre Vorräthe wegnehmen wollten.
Christian Schneller, Märchen und Sagen aus Wälschtirol

Eine umfangreiche Fotogalerie z.B. über den Fasching in Telfs mit  Impressionen vom Schleicherlaufen sowie Sagen zur Faschingszeit wie etwa Der Teufel als Maskenzugführer runden das ausführliche Informations- und Lesematerial zum Thema Fasching auf Sagen.at ab.

 

Andreas Markt-Huter, 13-02-2009

 

 

Weiterführende Links:
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