Ursula Poznanski, Aquila
„Mit dem flauen Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war, kehrte sie ins Bad zurück. Starrte auf den Spiegel, auf diese beiden Worte. LETZTE CHANCE.“ (9)
Die junge deutsche Studentin Nika Ruland studiert seit kurzem in Siena, wo sie in einer Wohngemeinschaft mit der gleichaltrigen Jenny Kern lebt. Eines Morgens wacht sie mit vollkommen verdreckter Kleidung und mit einer Kopfverletzung in ihrem Bett auf. Ihr ist übel und sie kann sich an nichts mehr erinnern.
Zuerst glaubt sie am Vorabend völlig abgestürzt zu sein, dann entdeckt sie am Spiegel ihres Bades eine Aufschrift aus Zahnpaste: „Letzte Chance“. Als sie die Wohnung zu verlassen versucht, muss sie feststellen, dass merkwürdigerweise auch die Haustür versperrt ist und der Schlüssel nicht wie sonst im Schloss steckt. Ihre Freundin Jenny ist nicht zu Hause, ihr Pass ist verschwunden und ihr Handy nicht auffindbar.
In ihrer Wohnung eingesperrt, entdeckt sie im Bad ein zerrissenes blutbeflecktes Männershirt und in der Tasche ihrer Jeans einen Zettel mit merkwürdigen unverständlichen Notizen, die in ihrer eigenen Handschrift geschrieben worden sind:
Weihnachten voller Angst. Halte dich fern von Einhorn und Adler. Cor magis tibi sena pandit Das Blut ist nicht deines. GR32?ZZ … (19)
Mit Hilfe von Jenny Freund Lennard und dem Hausmeister gelingt es Nika endlich die Tür zu öffnen, wobei sie feststellen muss, dass ihr die Erinnerung zweier ganzer Tage fehlt. Von Lennard erfährt sie, dass es am Samstagabend zu einem Streit mit Jenny gekommen war, die eifersüchtig auf Nika gewesen sei und sie geschlagen habe.
Verzweifelt versucht Nika ihr Gedächtnis wachzurufen und den Spuren ihrer letzten Erinnerungen nachzugehen. Auf ihrer Suche nach Jenny, erfährt sie von der Kellnerin Paola, dass auch ihre Kollegin Gloria Di Canio verschwunden sei und bei diesem heißen Wetter viele spontan ans Meer fahren.
Über eine deutsche Studentin lernt Nika den Italiener Stefano Lombardo kennen, der eine Zeitlang in Deutschland gelebt hat und ihr bei ihrer Suche nach Jenny und dem verlorenen Gedächtnis als Dolmetscher aushilft. Doch allmählich beginnen die Dinge aus dem Ruder zu geraten und aus einem nächtlichen über die Strenge hauen beginnt sich ein Kriminalfall zu entwickeln. In ihre Wohnung wird eingebrochen und das blutverschmierte Männershirt gestohlen. Bei ihrer weiteren Suche bemerkt sie, dass sie von einem Mann mit einem Skorpion-Tattoo verfolgt wird.
Gemeinsam mit Stefano gelingt es Nika mit Hilfe der Hinweise auf dem Zettel aus ihrer Hosentasche den Ereignissen der letzten Tage immer näher auf die Spur zu kommen, wobei ihr zunehmend klar wird, dass etwas Schreckliches passiert sein muss. In Jennys Zimmer entdeckt sie eine Mappe mit brutalen und grausamen Zeichnungen, die ihr zeigen, dass ihrer Mitbewohnerin psychisch stark gestört sein muss. Dann wird plötzlich eine Tote in den Bottini, den unterirdischen Wasserleitungen Sienas entdeckt und Jenny von Kommissar Fiorese auf die Polizeistation gerufen.
Ursula Poznanski geht von einem Gedanken aus, der schon viele beschäftigt haben dürfte: was wäre, wenn einem plötzlich die Erinnerung für ein paar Tage verloren gehen würde. Wie soll es gelingen, die eigene Unschuld zu beweisen, wenn man sich plötzlich mitten in einem Verbrechen wiederfindet.
Die Leserinnen und Leser machen sich gemeinsam mit der Heldin auf die rätselhafte Suche nach der Wahrheit, wobei lange Zeit offenbleibt was überhaupt passiert ist und welche Rolle sie selbst und die anderen Protagonisten bei den Verbrechen spielen. Die Lösung des Rätsels wird zu einem Spießrutenlauf quer durch die alten Straßen und Gassen Sienas, wobei das italienische Flair und das wundervolle Ambiente der Stadt nicht zu kurz kommen. Ein überaus spannend erzählter Roman, der durch zahlreiche Wendungen und ein packendes Finale zu überzeugen weiß.
Ursula Poznanski, Aquila. Ab 14 Jahren
Bindlach: Loewe Verlag 2017, 432 Seiten, 17,50 €, ISBN 978-3-7855-8613-6
Weiterführende Links:
Loewe Verlag: Ursula Poznanski, Aquila
Wikipedia: Ursula Poznanski
Andreas Markt-Huter, 19-03-2018