Hans K. Stöckl, Es ist alles ganz vielfach

Hans K. Stöckl, Es ist alles ganz einfachEndlich hat ein Autor in einem klaren Satz zum Ausdruck gebracht, was einen ehemaligen Bundeskanzler wegen der Komplexität der Dinge in den schieren Wahnsinn getrieben hat.

Der Karikaturist und Satiriker Hans K. Stöckl bringt sein Erklärungsmodell der Welt auf die Kurzformel: Es ist alles ganz vielfach.

In einer Eingangsgeschichte wird der Wahrheitsgehalt dieser Behauptung gleich ausgetestet, indem sich Autor und Verleger darauf einigen, dass man die Welt nicht mit einem einzigen Buch beschreiben kann. Als Gegenmodell zur üblichen Erzählweise entsteht schließlich ein computerunterstütztes Werk, das vom Titel „Zwatsch ex Qumrü“ angefangen, über Umfang und Publikationsweise alle überrascht.

Einen Schwerpunkt dieser knapp dreißig Ausreißer aus einem geordneten Leben stellt der pure Alltag dar. Anregungen für die Selbstverarschung, wohlwollend Selbstpflanzerei genannt, die Leiden eines Sammlers, der dem Unsinn zugetan ist, und die ewig sinnlosen Zwangsdiäten bringen das erzählende Ich ständig in einen schwankenden Zustand, worin nichts mehr glaubwürdig ist.

Die Heimtücke des Alltags wird auch nicht dadurch besser, dass ihn politische Maßnahmen zu zähmen versuchen. Im Gegenteil, oft entsteht das Unglück des kleinen Mannes erst, wenn sich der Politik seinem Schicksal angenommen hat.

In diesem Wettstreit um die Meinung entwickeln sich undurchschaubare Regeln, die vor allem eines verhindern: das direkte Aussprechen der Wahrheit. So benützen die Protagonisten einen Floskelhaufen, der sich zwar auf alles anwenden lässt, nirgendwo aber Spuren einer Aussage hinterlässt.

Als Aufdeckungsjournalist steht man, wie wendig man auch ist, seit der Wende täglich mit einem Fuß im Häfen. (64)

In einem Zukunftsblick ins Jahr 2031 wird deutlich, auf welch hohlen Phrasen Europa gebaut ist. Um jene Zeit ist das Konstrukt aus Sätzen und Absichten bereits passé, eine amorphe Masse namens Globalisierung hat alles an sich gerissen und aufgesogen. So ist es auch kein Wunder, dass Wähl-Automaten jegliche Form von Demokratie ersetzt haben.

In den Zeichnungen und Cartoons wird das Schlamassel eines überschwappenden Alltags auch graphisch deutlich sichtbar. Auf einer Autobahn Richtung Süden ist der Stau so heftig, dass er sich unter die Asphaltdecke hineinfrisst.

In einer anderen Skizze stoßen Trachtenpärchen und No-Future-Duo in der gleichen Parade aufeinander, werden aber von marschierenden Fliehkräften in entgegengesetzte Richtungen getrieben.

Ein beruhigendes Bild, das aus jedem Büro stammen könnte, zeigt einen Menschenhaufen, der sich in einem Hamsterrad zu Tode läuft, indem er die Trommel motorisiert sausen lässt, um ihr hintennach zu rennen.

Es ist alles ganz vielfach, einfacher lässt es sich nicht sagen.

Hans K. Stöckl, Es ist alles ganz vielfach. Satirisches von einem staatsbekannten Querulanten, ill. v. Hans K. Stöckl
Graz: Edition Keiper 2017, 103 Seiten, 17,60 €, ISBN 978-3-902901-61-3


Weiterführende Links:
Edition Keiper: Hans K. Stöckl, Es ist alles ganz vielfach
Homepage: Hans Karl Stöckl

 

Helmuth Schönauer, 17-04-2017

Bibliographie

AutorIn

Hans K. Stöckl

Buchtitel

Es ist alles ganz vielfach. Satirisches von einem staatsbekannten Querulanten

Erscheinungsort

Graz

Erscheinungsjahr

2017

Verlag

Edition Keiper

Illustration

Hans K. Stöckl

Seitenzahl

103

Preis in EUR

17,60

ISBN

978-3-902901-61-3

Kurzbiographie AutorIn

Hans K. Stöckl, geb. 1945 in Großebersdorf, lebt in Hohenruppersdorf.