Constantin Schreiber, Inside Islam

constantin schreiber, inside islam„Es ist eine Schwelle, die die wenigsten Deutschen überschreiten: die in eine der zahlreichen Moscheen in unserem Land. Wir wissen sehr wenig über das, was sich in diesen Moscheen wirklich abspielt, und spekulieren doch so häufig darüber – etwa dann, wenn verstörende Videos und Predigten uns aufschrecken.“ (S. 11)

Constantin Schreiber geht in seinem Moschee-Report der Frage nach, was in den Moscheen geschieht, was dort gepredigt wird und wer die Moscheen besucht. Der Autor hat acht Monate lange verschiedene Moscheen in Deutschland besucht und seine Erfahrungen dazu anschaulich dargestellt.

Constantin Schreiber besucht dreizehn Moscheen besucht, von denen vier in Wohnhäusern, vier in ehemaligen Industriegebäuden, vier in eigens errichteten Gebäuden und eine in einem Tropen-Erlebnispark. Einig von ihnen sind unscheinbar, andere wieder auch von außen klar als Moschee erkennbar. Für den Autor überraschend erhält er in allen Moscheen Zutritt und fühlt sich nirgends abgelehnt.

Im Gegensatz zu Studien macht der Autor die Erfahrung, dass die Freitagspredigten um 12 Uhr 30 intensiv von Jugendlichen zwischen 14 und 30 Jahren besucht worden sind. Ebenfalls überraschend zeigt sich, dass nur ein Imam imstande war, auf Deutsch ein Interview zu geben. Auch die Reaktionen der Imame auf die Recherche erweisen sich als durchaus unterschiedlich und reichen von großer Gesprächsbereitschaft mit offenen Antworten bis hin zur Ablehnung von Gesprächen. In acht Fällen wurde zwar ein Gespräch vereinbart, das aber nie zustande gekommen ist.

Zu den zentralen Themen der Predigten gehörte die Kritik an fehlender Religiosität und Glaubensfestigkeit sowie und Aufrufe zu einem religiösen Leben, manchmal aber auch Aufrufe zur Missionierung. Im Gegensatz zu manchen Studien spielen Warnungen vor dem Leben in Deutschland eine wichtige Rolle, wobei ganz besonders die „Weihnachtsgefahr“ in manchen Predigten besonders hervorgehoben wird. Die Reize des Lebens in Deutschland werden dabei als große Gefahr dargestellt, die den Muslim verleiten, vom rechten Weg abzukommen und seine Identität zu verlieren.

Wenn es um politische Themen der Predigten geht, zeigt die Reportage klare Unterschiede zwischen türkischen und arabischen Moscheen, wobei die DITIB-Imame der türkischen Moscheen durchwegs politische Predigtschwerpunkte gesetzt haben. Die Inhalte der arabischen Predigten setzten sich dagegen vielmehr mit religiösen Themen auseinander. Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen spielte hingegen in den Predigten eine durchaus untergeordnete Rolle.

Als Fazit hält Constantin Schreiber fest, dass die von ihm besuchten Moscheen durchaus als politische Räume zu betrachten sind, die sich mehrheitlich gegen die Integration von Muslimen in die deutsche Gesellschaft wenden. Fast alle Predigten rufen die Gläubigen auf sich abzukapseln und unter sich zu bleiben.

„Inside Islam“ bietet überraschende Einblicke in den Alltag von dreizehn unterschiedlichen Moscheen in Deutschland, die sich wahrscheinlich auch mit so manchen österreichischen Verhältnissen vergleichen lassen. Ein überaus lesenswertes Buch zu einem wichtigen gesellschaftlichen Thema, das in vielen Bereichen wenig Beachtung findet.

Constantin Schreiber, Inside Islam. Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird
Berlin: Ullstein Verlag 2018, 256 Seiten, 10,30 €, ISBN 978-3-548-37766-7

 

Weiterführende Links:
Ullstein Verlag: Constantin Schreiber, Inside Islam
Wikipedia: Constantin Schreiber

 

Andreas Markt-Huter, 30-06-2020

Bibliographie

AutorIn

Constantin Schreiber

Buchtitel

Inside Islam. Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird

Erscheinungsort

Berlin

Erscheinungsjahr

2018

Verlag

Ullstein Verlag

Seitenzahl

256

Preis in EUR

10,30

ISBN

978-3-548-37766-7

Kurzbiographie AutorIn

Constantin Schreiber arbeitete nach Abschluss seines Jura-Studiums mehrere Jahre als Reporter in Beirut und Dubai und moderiert heute die „Tagesschau“ und das ARD „Nachtmagazin“. Er spricht fließend Arabisch und setzt sich mit seiner 2019 gegründeten Deutschen Toleranzstiftung für interkulturellen Austausch im In- und Ausland ein.