Wolfgang Schwentker, Geschichte Japans

wolfgang schwentker, geschichte japans„Das vorliegende Buch […] betont das Spannungsverhältnis von «Außen» und «Innen» und stellt Japan damit zum einen stärker als andere Gesamtdarstellungen in den Kontext der asiatischen bzw. Weltgeschichte, und das auch dort, wo sich Japan explizit von Asien bzw. der Welt abwendet. Das hat Konsequenzen auch für die Epocheneinteilung. Sie ist einerseits konventioneller, weil sie den Wandel von einer Außen- zu einer Binnenperspektive mit Herrschaftswechseln in Verbindung bringt. Die politischen Wendemarken treten dadurch wieder deutlicher hervor.“ (S. 43)

Wolfgang Schwentker lässt in seiner „Geschichte Japans“ die besondere geographische Lage, den insularen Charakter aber auch die geologisch-klimatischen Besonderheit des Landes wie einen unsichtbaren Leitfaden durch den Lauf der Zeiten ziehen. Damit erklären sich die ausgeprägten Eigenheiten der japanischen Geschichte, in der die sich konservativen Kräfte als besonders wirksam und nachhaltig gezeigt haben.

Einleitend verweist Wolfgang Schwentker auf die Besonderheiten der japanischen Geschichte und Geschichtsschreibung, die sich durch einen ausgeprägten Blick von Innen charakterisiert. Aufgezeigt werden die japanische Topographie eines Inselreichs, die drei Dimensionen der „japanischen Zeit“ und die Gliederungsprinzipien der japanischen Geschichte.

In zehn Kapiteln werden die großen Epochen der japanischen Geschichten präsentiert, beginnend mit der Ur- und Frühgeschichte, die in vier Zeitabschnitte unterteilt wird, beginnend mit dem Jung-Paläolithikum bis in die „Kofun-Zeit“ von ca. 250 – 700 n. Chr. Gezeigt werden die Wanderbewegungen im Paläolithikum, die Erfindung der Keramik, die Siedlungs- und Staatenbildung der Yayoi-Zeit ab ca. 300 v. Chr. sowie die Zeit der Hügelgräber ab dem 4. Jhd. n. Chr.

Die weiteren Kapitel setzen sich mit Japan unter dem Einfluss der chinesischen Zivilisation in der Asuka- und Nara-Zeit zwischen dem ausgehenden 6. und ausgehenden 8. Jahrhundert ebenso auseinander, wie mit den Anfängen des Buddhismus, dem Aufbau eines Zentralstaats und politischen Reformen. Dabei kommen auch die Bevölkerungsentwicklung und Wirtschaftsentwicklung zur Sprache sowie die Bildende Kunst, Historiographie und Poesie dieser Zeit.

Das Kapitel „Im Glanz der Aristokratie. Die «höfische Gesellschaft» behandelt u.a. den kaiserlichen Hofstaat, die Reform des Zentralstaats im 9. Jhd. sowie die verschiedenen Herrschaftsepochen, Wirtschafts-, Kultur und religiösen Entwicklungen bis in späte 12. Jhd. In der Zeit des europäischen Mittelalters steht in Japan die Macht der Samurai sowie Krieg und Kultur zwischen 1185-1568 im Mittelpunkt. Im Kapitel „Die zweite Reichseinigung“ kommt auch der Kontakt Japans mit den ersten Europäern zu Sprache und im „Pax Tokugawa“ wird die Abschottung Japans gegenüber Europa sowie der Wandel in der ständischen Ordnung thematisiert.

Die „Anfänge der japanischen Moderne, 1840-90“ beschreibt die politische Neuordnung, die ökonomische und soziale Mobilisierung sowie die beginnende Modernisierung Japans nach europäischen Vorbild in dieser Epoche. Mitten ins 20. Jahrhundert führt das Kapitel „Japan als Großmacht in Asien, 1890-1945“, in dem die Industrialisierung, der japanische Imperialismus, die Entstehung einer Massengesellschaft mit politischen Parteien und sozialen Bewegungen sowie Japan im Zweiten Weltkrieg gezeigt wird.

Das vorletzte Kapitel „Japans lange Nachkriegszeit, 1945-89/90“ beschäftigt sich mit den Besatzungsjahren, den Veränderungen in den Parteien sowie in Wirtschaft und Verwaltung aber auch der Entwicklung der Kultur in der Wohlstandsgesellschaft. Das letzten Kapitel „Japan nach dem Boom. von 1989/90 bis in unsere Zeit“ bietet einen Einblick in den politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Status der Gegenwart und einen Ausblick in die drängendsten Fragen und Bedrohungen der Zukunft.

Wolfgang Schwentkers umfassende Darstellung der Geschichte Japans bringt den Leserinnen und Lesern auf mehr als 1.000 Seiten die Besonderheiten der japanischen Entwicklung im Laufe mehrerer tausend Jahr näher, die sich ganz besonders durch seine geographische Lage als Inselreich und das wechselhafte Verhältnis mit seinen Nachbarn, vor allem China kennzeichnen. Dabei werden die großen gesellschaftlichen Umbrüche und politischen Veränderungen anschaulich und verständlich aufgezeigt, die in der Bandbreite von einer totalen Abschottung bis hin zur Globalisierung gegen Ende des 20. Jahrhunderts zum Ausdruck kommen.

Das überaus empfehlenswerte und lesenswerte Sachbuch überzeugt durch sein fundiertes Hintergrundwissen, eine klare Struktur und Darstellung sowie ein informatives Kartenmaterial, das hilft, die komplexe und fremde Geschichte Japans leichter zu verstehen.

Wolfgang Schwentker, Geschichte Japans. 44 Abbildungen und 8 Karten: Peter Palm
München: C.H. Beck Verlag 2022, 1050 Seiten, 52,90 €, ISBN 978-3-406-75159-2

 

Weiterführende Links:
C.H. Beck Verlag: Wolfgang Schwentker, Geschichte Japans
Wikipedia: Wolfgang Schwentker
Homepage: Peter Palm

 

Andreas Markt-Huter, 14-12-2022

Bibliographie

AutorIn

Wolfgang Schwentker

Buchtitel

Geschichte Japans

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2022

Verlag

C.H. Beck Verlag

Illustration

Peter Palm

Seitenzahl

1050

Preis in EUR

52,90

ISBN

978-3-406-75159-2

Kurzbiographie AutorIn

Der Historiker Wolfgang Schwentker ist Professor Emeritus an der Universität Osaka. Dort lehrte er - nach seiner Habilitation an der Universität Düsseldorf und Forschungsaufenthalten u. a. in Tokyo, Oxford und Wien - von 2002 bis 2019 vergleichende Kultur- und Ideengeschichte. International bekannt geworden ist er mit seinem Buch „Max Weber in Japan. Eine Untersuchung zur Wirkungsgeschichte, 1905 – 1995“.

Peter Palm wurde in einer kleinen Stadt an der holländischen Grenze geboren. Nach dem Abitur absolvierte er eine Buchhändlerlehre bei der renommierten Carolus Bücher GmbH in Frankfurt am Main. Seit 1990 lebt er als freier Grafiker in Berlin.