Henrik Hitzbleck / Kerstin Wacker, Das Mädchen in unserem Badezimmer

henrik hitzbleck, das mädchen in unserem badezimmer„Das Mädchen zögert. Ziemlich lange. »Eine Dusche, ich würde gerne mal duschen«, antwortet es schließlich leise. Meine Mutter überlegt. Auch ziemlich lange. »Klar, kann ich verstehen. Bei der Hitze!« Fragend schaut das Mädchen meine Mutter an. Ich auch. »Also, wenn du magst, kannst du bei uns duschen.« Mir fällt die Kinnlade runter. »Wirklich?« Das Mädchen ist genauso baff wie ich. Meine Mutter nickt.“ (S. 8)

Die 14-jährige Amra lebt in Berlin-Charlottenburg, einem der reichsten Stadtviertel der deutschen Hauptstadt. Bei einem ihrer regelmäßigen Joggingübungen mit ihrer Mutter im Preußenpark trifft sie auf ein verwahrlostes Mädchen, das nur ein paar Jahre älter ist als sie.

Die erste Begegnung verläuft für Amra recht unangenehm, weil sie das Mädchen im ersten Augenblick überrascht anstarrt.

„Is was?“, raunzt sie mich an. (S. 7)

Umso unangenehmer wird die Sache, als Amras Mutter die Obdachlose anspricht und sie einlädt, am nächsten Tag bei ihnen Duschen zu dürfen. Das Mädchen, das sich als Coco vorstellt erscheint tatsächlich am nächsten Tag und belegt für mehr als vier Stunden das Bad. Amra, ihr Vater und selbst ihre Mutter beginnen zunehmend nervös zu werden, weil Cocos Duschabenteuer kein Ende mehr zu nehmen scheint.

Mit einem Gefühl der Erleichterung verabschiedet die Familie Coco, die sich für die Waschgelegenheit bedankt. Amra entdeckt nach einem Familienurlaub in Paris auf ihrem Schreibtisch Cocos Tagebuch, das sie ihrer besten Freundin Louise zeigt. Sie möchte Coco das Tagebuch, das diese für ihre Halbschwester geschrieben hat, wieder zurückgeben und sucht nun mit ihrer Freundin darin nach Hinweisen.

Amra und Louise erfahren sie von den Familienverhältnissen, in denen Coco und ihre Halbschwester aufgewachsen sind, von ihrem liebevollen Stiefvater Carlos der plötzlich stirbt und ihre Mutter, deren Leben durch Alkohol immer mehr aus den Fügen gerät. Nach zahllosen Rückfällen verschwindet sie schließlich nach Tunesien und lässt ihre Kinder zurück. Während Cocos Stiefschwester bei einer Pflegefamilie unterkommt, wird sie selbst in eine Wohngruppe in einer ländlichen Gegend gesteckt. Als sie schließlich wieder in die Stadt zurückkehrt, landet sie nach unglücklichen Erfahrungen schließlich auf der Straße.

Amra und Louisa versuche nun verzweifelt Coco zu finden, weil sie Angst haben, dass ihr etwas Schlimmes zugestoßen sein könnte.

„Das Mädchen in unserem Badezimmer“ liest sich wie ein spannender Jugendkrimi und gibt Einblicke in das Leben von Menschen, die nicht das Glück hatten, in einer geborgenen Familie aufwachsen zu können. Die realistischen Schilderungen vom Leben auf der Straße, von Jugendarmut, Alkoholsucht und vernachlässigten Kindern regt zum Nachdenken an und macht betroffen.

Ein überaus lesenswertes Jugendbuch mit einer spannenden Handlung, das den Leserinnen und Lesern tiefen Einblicke in unbekannte Milieus vermittelt. Die künstlerisch beeindruckenden Illustrationen und das Layout machen das Buch auch zu einem sinnlich ansprechenden Lesevergnügen.

Henrik Hitzbleck / Kerstin Wacker, Das Mädchen in unserem Badezimmer. Ill. v. Kerstin Wacker, ab 12 Jahren
Berlin: Wacker und Freunde Verlag 2022, 272 Seiten, 15,30 €, ISBN 978-3-00-071776-5

 

Weiterführender Link:
Wacker und Freunde Verlag

 

Andreas Markt-Huter, 16-05-2023

Bibliographie

AutorIn

Henrik Hitzbleck / Kerstin Wacker

Buchtitel

Das Mädchen in unserem Badezimmer

Erscheinungsort

Berlin

Erscheinungsjahr

2022

Verlag

Wacker und Freunde Verlag

Illustration

Kerstin Wacker

Seitenzahl

272

Preis in EUR

15,30

ISBN

978-3-00-071776-5

Lesealter

Altersangabe Verlag

12

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Kerstin Wacker arbeitete als Illustratorin für zahlreiche, nationale und internationale Agenturen und Verlage, bis sie ihren eigenen Verlag gründete. Nach langjährigen Aufenthalten in Hong Kong, Paris und Istanbul arbeitet und wohnt sie nun in Berlin.

Der Autor Henrik Hitzbleck lebt und arbeitet in Berlin.