„Dieses Buch möchte erklären, wie es dazu kam, was die Alten dazu trieb, die Grenzen des Vertrauten zu durchbrechen, wie weit sie kamen und welche Konsequenzen die stete Erweiterung des Welthorizonts für die Entwicklung von Politik, Gesellschaft und hatte.“ (S. 9)“
Was wussten die Menschen der Antike von der Welt und welche Länder und Regionen hatten sie bereist? Anhand antiker Quellen geht Raimund Schulz den zahlreichen Nachrichten von der Bronzezeit bis in die Spätantike nach. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem die Entdeckungen und Reisen der Griechen und Römer, aber auch die Reisen der Phöniker, Karthager und Chinesen sind Teil der ausführlichen Monographie.
In der Einleitung wird auf die unterschiedlichen Beweggründe und Grundlagen für die Entdeckungen und Reisen in der Antike ebenso hingewiesen wie auf die zugrundeliegenden technischen Voraussetzungen und Mittel sowie das nötige geographische Weltwissen. Die folgende Darstellung gliedert sich in acht Kapitel chronologisch von der Bronzezeit bis ins 2. Jhd. n Chr.
Das 1. Kapitel „Eine Welt in Bewegung – Herrscher, Händler und Helden der Frühzeit“ beschäftigt sich mit der Reisetätigkeit der frühen Seefahrer in Ägypten, Kreta und Mesopotamien zeigt ihre regionale Vernetzung auf. Anschließend werden die See- und Handelswege der Phöniker und Euböer vorgestellt und gezeigt, wie Geschichten über Seeungeheuer und ferne Insel in den Mythen die Reisen beeinflusst haben. Als eine zentrale Quelle für das geographische Wissen des 8. Jhds. v. Chr. wird Homers Odyssee analysiert.
Im 2. Kapitel „Jünger Apolls – Fernerkundungen im 7. und 6. Jh. v. Chr.“ werden die weiträumigen Entdeckungen der Griechen in diesem Zeitraum aufgezeigt, nach Westsibirien, in den Fernen Osten ins Altai Gebiet bis hin zur Bernsteinroute in den Norden. Weitere Entdeckungsreisen der kleinasiatischen Griechen führten weit in den Westen bis zu den Gebieten der Kelten. Zudem wird geistige Verarbeitung und Reflektion der Reisen in der Kosmologie und Philosophie der Griechen dargelegt.
Kapitel 3 „Jenseits des Mittelmeers – Karthago und Persien erkunden Afrika und Indien“ wendet den Blick zunächst auf die phönizische Kolonisation und die karthagischen Entdeckungsreisen nach Westafrika und über die Sahara in das Reich von Mali. Anschließend kommen die persischen Expeditionen und Handelsrouten nach Indien zur Sprache. Ein abschließender Abschnitt geht auf die antiken Betrachtungen fremder Kulturen in den griechischen Quellen näher ein.
Kapitel 4 „Neue Welterkenntnis und das Ausgreifen in den Okeanos“ zeigt die neue Dimension antiker Entdeckungen auf, die auf neuen Weltkonzepten und Kartenwerke antiker Geographen beruhen und Vorstöße in den Nordwesten Europas bis nach Britannien und Skandinavien sowie in den Nahen und Fernen Osten eröffneten. Eine Analyse von Alexanders Indienfeldzug und den Forschungen der hellenistischen Zeit schließen das Kapitel ab.
Kapitel 5 „Die Erkundungen des Ostens und die Forschungen der Hellenistischen Zeit gehen den Kontakten der Seleukiden mit Indien und Zentralasien nach und zeigen wissenschaftliche Leistungen wie die Messung des Erdumfangs durch Eratosthenes sowie geografische Klassifikationen auf.
Im Kapitel VI. „Die Erschließung des Nordens durch die Römer“ werden frühe Erkundungen der Römer zu Inseln wie Thule und den Kanaren sowie deren Vorstöße nach Mitteleuropa und den Norden Germaniens entlang der Elbe bis zur Ostsee.
Das Kapitel VII „Die Globalisierung Eurasiens im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr.“ stellt den zunehmenden Handelsverkehr zwischen dem Römischen Reich und Indien, Arabien und Afrika in den Mittelpunkt. Außerdem wird den Berichten über die Besiedlung Sri Lankas und die Verarbeitung des Weltwissens bei den antiken Autoren nachgegangen.
Kapitel VIII „Wie die alte Welt in die Neue kam“ zeigt auf, wie antike Ideen, Weltwissen und Entdeckergeist die Expeditionen der portugiesischen und italienischen Entdecker in die Frühen Neuzeit beeinflusst und ermöglicht haben.
Schulz gelingt es ein übersichtliches Gesamtbild über die antiken Entdeckungen, das geographische Wissen und die Reisen der Antike zu erstellen. Mit Hilfe zahlreicher Verweise auf antike Quellen und einem übersichtlichen Kartenwerk bietet er den Leserinnen und Lesern einen eindrucksvollen Überblick über das Weltverständnis der antiken Welt. Dabei wird verständlich aufgezeigt, dass die Antike keineswegs eine isolierte Welt, sondern durch Handelsrouten, Expeditionen und Wissen tief vernetzt war.
Eine überaus faszinierende und empfehlenswerte Globalgeschichte antiker Entdecker, in der die Dimensionen antiker Seefahrt, Geographie, Kosmologie und interkultureller Begegnungen eindrucksvoll aufzeigt werden.
Raimund Schulz, Abenteurer der Ferne. Die großen Entdeckungsfahrten und das Weltwissen der Antike, mit zahlr. Karten
Stuttgart: Klett-Cotta Verlag 2025, 656 Seiten, 20,60 €, ISBN 978-3-608-98879-6
Weiterführende Links:
Klett-Cotta Verlag: Raimund Schulz, Abenteurer der Ferne
Wikipedia: Raimund Schulz
Andreas Markt-Huter, 17-06-2025