Buch-Cover

In Gedichten wird der wahre Blick manchmal durch Ironie oder andere Ablenkungen etwas beiseite gekrümmt, um den Weg auf die Wahrheit frei zu legen.

Erich Schirhuber verwendet oft bekannte Sequenzen, um sie durch ein paar raffinierte poetische Handgriffe lyrisch zu tunen und unvergessliche Gedichte daraus zu machen. Schon der Titel ?Im Herbst fast weiß zeigt diese Methode. Der Lebensabend, im Haar vielleicht vollkommen weiß, wird euphemistisch noch Herbst genannt, und auch die offensichtlich vom Winter schon geweißelte Szenerie suggeriert noch die Sattheit des Herbstes.

Buch-Cover

Lyrik besteht einerseits aus einzelnen Gedichten, die jeweils wie ein optisches Gerät einen anderen Blick auf die Gegenwart ermöglichen, andererseits ist Lyrik ein Universum, worin die einzelnen Texte sich bis zur Größe einer Milchstraße entfalten.

Christoph W. Bauer schickt in seinem Gedichtband ?mein lieben mein hassen mein mittendrin du in einzelnen Gedichten ein lyrisches Ich auf die Reise mit und zur Geliebten, andererseits kippt er die Zeitachse, indem er nahtlos an der erotischen Lyrik Catulls ansetzt, diesen mit Zeilen aus der Gegenwart umgarnt, übersetzt, spiegelt.

Buch-Cover

Manche Gedichte sind wie verwachsene Liegenschaften, um die der Leser herum streicht, angezogen durch magische Musik, die daraus hervor dringt, abgeschreckt durch die Ahnung, dass vielleicht wilde Hunde darin herum rennen.

Stefan Schmitzers Gedichte sind voller Musik, gleichzeitig haben sie Schutzzäune um sich aufgebaut, so dass man nur an gewissen Stellen zu ihnen vorzudringen mag.

Buch-Cover

Biblisch wie die "Früchte des Zorns" von John Steinbeck sind auch die "Früchte der Heimsuchung" von Bosko Tomasevic.

In einem Ton voller Leidenschaft, an manchen Tagen wild wie eine Prophezeiung, an anderen leidenschaftlich klar wie ein Psalm ausformuliert, durchquert ein lyrisches Ich sein eigenes Schicksal, das von Sehnsucht, Gottesfurcht und Enttäuschung gekennzeichnet ist.

Buch-Cover

Es gibt Literaturen, die sind so klein, dass sie fast ausschließlich sich selbst zum Inhalt haben. In der Serie Kleine Literaturen Europas stellt Rut Bernardi quasi im Alleingang das Ladinische in Lyrik und Prosa vor.

In den Texten taucht immer wieder die Frage auf, wie eine kleine Sprache überleben kann, was man auf Dauer mit dem Konzept Einweg-Übersetzungen anfängt und wie die aktuelle Gegenwart sich auf die Semantik einer archaischen Sprache auswirkt.

Buch-Cover

Manche Städte entwickeln kraft einzelner Künstler ein unverwechselbares Kulturambiente, das sie jeweils von anderen Habitaten unterscheidet.

In der Silberstadt Schwaz gibt es etwa ein markantes Klima des urbanen Universums. Dabei atmen die Künstler einerseits den großen Weltgeist aus, andererseits verlassen sie die Stadt nur noch zu ganz seltenen Anlässen.

Buch-Cover

Das soziale Gewissen lässt sich wie die wichtigsten Angelegenheiten des Lebens nicht durch Fachliteratur sondern höchstens durch Poesie darstellen.

Jack Hirschman gilt als sowohl als Sozialpoet als auch als poetischer Sozialist, je nachdem, als was seine Veranstaltungen angekündigt sind. In Langzeilen-Poems in der Art der Beatniks greift er aktuelle politische Situationen auf, um sie anhand der gequälten Seele darzustellen. In seinen Gedichten kommt oft der Endverbraucher zu Wort, der das alles auszubaden hat, was andere angerichtet haben.

Buch-Cover

Jede Gesellschaft, die halbwegs demokratisch funktioniert, hat ein stilles Gewissen, das aus abgeklärter Distanz die Geschehnisse poetisch in die Zeitlosigkeit rückt.

Für Südtirol gilt Maridl Innerhofer als dieses stille Gewissen, ihr Gedichtband zum Neunziger heißt treffend "Zukunftserinnerungen" und spielt auf jenes Zeitfenster an, wo die Geschehnisse der Gegenwart in das Boot der Historie verfrachtet werden.

Buch-Cover

Auf manche Gedichtbände fährt die Leserschaft schnurgerade ab, weil der Titel Aufmerksamkeit und Leselust erweckt.

C.H. Hubers Poesie der Waschstraße ist so ein verlockender Titel, der irgendwie an die Unendlichkeit der Milchstraße, das Plantschen in der Freizeit und das betuliche Putzen von kleinen Autos im aufgeräumten Milieu erinnert.

Buch-Cover

Literarische Epochen entstehen meist unerwartet und an den seltsamsten Orten, sie altern mit den Protagonisten und gehen dann als schlichter Datensatz der Erinnerung in die Literaturgeschichte ein, um sperrigen Stoff für Dissertationen zu liefern. Am Vorabend dieses Verlöschens freilich funkeln die Texte so einer Epoche noch einmal wild auf.

Die Noch-Beatniks stehen gerade im Funkel-Licht ihrer Poesie, ihre Werke sind wild und heftig, als ob sie sich noch Jahrzehnte lang nicht unterkriegen lassen wollten von den Archivaren.