Die Literaturzeitschrift Podium stellt in verlässlicher Folge Poeten und Poetinnen vor, die nicht in den Bestsellerlisten des literarischen Alltagsgeschehens aufscheinen.

In der jüngsten Serie wird Bosko Tomasevic vorgestellt, der erste Stadtschreiber Innsbrucks. Sein umfangreiches Werk ist nur in Ansätzen ins Deutsche übersetzt, das Hauptwerk schlummert in der serbischen Sprache, wie wir Sprachunkundigen zu sagen pflegen.

Das weite Feld der Lyrik wird oft mit einem Meer verglichen, auf dem die Wellen jeweils gleichmäßig und dennoch individuell auf und ab tanzen. Gute Seeleute erkennen einzelne Wellen oft nach Jahren wieder, weil sie ihnen einst einen persönlichen Namen gegeben haben.

Ähnlich verhält es sich mit den Gedichten, als Leser erkennt man sie oft nach langer Zeit wieder, auch wenn sie sich in der großen Menge versteckt gehalten haben.

Beat-Lyrik kümmert sich nicht nur um die Geschlagenen und Verdroschenen, sie schaut auch im Schriftbild oft zerknittert, mehrphasig und unvollkommen aus.

Im anspruchsvollen Würdigungsband für Ruth Weiss werden daher die Texte im Faksimile dargeboten, ehe es eine Übersetzung von Jürgen Schneider gibt.

Im Idealfall ist Lyrik eine Projektion ohne Leinwand und Beamer, das Bild zerfällt, während es entsteht in unendliche Lichtteile.

Gerard Malanga, in der Hauptsache Fotograf und Filmemacher, stellt die Projektion in den Titel seiner Gedichte-Auswahl. Mit den Begriffen unvollendet und Arkaden ist auch gleich das Konzept dieser Lyrik festgeschrieben. Alle Zeilen, Abbrüche, Einschübe und Leerstellen entsprechen dem Aufbau eines Bildes, das von einem unruhigen Auge abgetastet wird. Die Gedichte sind ausgebaut als Bauwerke der Erinnerung, ständig neu abgelichtet und nie fertig.

Wenn Menschen der Gegenwart aktuelle Nachrichten empfangen, wischen sie gerne mit den Zwicke-Gliedmaßen Daumen und Finger über die glatte Fläche des Smartphones, um dann eine Portion Glück unter der Glätte des Displays zu empfangen.

Ähnliches Glück verspricht die sogenannte Handpresse. Darin werden in exquisiter Technik sorgsam ausgewählte Texte für ein erlauchtes Publikum aufbereitet.

In North Beach San Francisco lebt seit Jahrzehnten eine literarische Künstlerschar, die sich vor allem den Life-Auftritten, dem Poetry Slam oder dem Langgedicht Marke Beatniks verschrieben hat.

Äußeres Zentrum ist die Buchhandlung Ferlinghetti, innerer Versammlungspunkt ein Künstlerhaus, in dem die Literatinnen zusammen wohnen und fallweise die Bewältigung des Alltags diskutieren.

Manchmal schwirrt ein seltsamer Begriff wie eine Zauberformel aus einem versteckten Reich durch die Literatur und lässt dem Leser keine Ruh, bis nicht die Lösung gefunden ist.

Roberta Dapunt überschreibt ihren Gedicht-Band mit Bildern mit der Zauberformel „Nauz“. Und was wie ein Märchenwort aus einer verspielten Kindheit klingt, ist nichts anderes als das ladinische Wort für Futtertrog.

Manchmal muss das Erinnern zu einer unerhörten Begegnung kommen, damit es sich gegen das allgemeine Vergessen durchsetzt.

Am 6. Mai 1945 sind freigelassene politische Häftlinge des Gefängnisses Stein an der Donau auf dem Weg nach Wien, als sie bei Hadersdorf am Kamp vom Ortsgruppenleiter der NSDAP als „Flüchtlinge“ gestellt, neuerlich verhaftet, der SS übergeben und am nächsten Tag ermordet werden.

Buch-Cover

Gegrillte Gedichte sind vielleicht eine ideale Zutat zu gewissen Grillanlässen im Freien, sie besingen die geschlachtete Materie, die auf dem Grill bruzzelt, sie verweisen auf das Irdische allen Fleisches und die verfressenen Lüste der Menschheit.

Axel Karner verweist in einem Kommentar zu seinen gegrillten oder gerösteten Gedichten auf die Entstehungsgeschichte seiner poetischen Feinschmeckereien. Angeregt von einer Lithographie des Mexikanischen Malers Francisco Toledo ?Ein Grashüpfer kämpft mit dem Tod hat der Autor ein Alphabet des Schlachtens verfasst.

Buch-Cover

Im Idealfall gräbt sich der Titel eines Gedichtbandes beim Vorübergehen so in das Gedächtnis des Lesers, dass man einen Schritt zurückgeht, das Buch nimmt und es wissen will: Was hat es mit diesem Titel auf sich?

Gregor M. Lepka stellt seinen Gedichten dieses ?An der Zeit vorbei voran, ein Programm, das einerseits zeitlos ist, weil es auf die Zeit keine Rücksicht nimmt, andererseits programmlos ist, weil seine Zeit schon abgelaufen ist.