Alexandra Flint, Silent Secrets
„»Wir haben alle gehofft, dass es noch etwas länger dauert. Dass wir mehr Zeit haben.« Dabei war es lächerlich. Alle Zeit der Welt hätten nicht gereicht, um etwas an der Tatsache zu ändern, dass Cassandra Hyde die Letzte ihrer Art gewesen war. Die letzte Ripari. Und dass wir ohne sie wortwörtlich vor einem unlösbaren Problem standen. Ein Problem, das nicht nur meine Familie betraf, sondern, so dramatisch es auch klingen mochte, die ganze verdammte Menschheit.“ (S. 39)
In einem Vorspann befinden sich Jeanne und André mit ihren beiden Kindern auf der Flucht aus Paris. Sie wissen sich verfolgt, als es schließlich zu einem dramatischen Autounfall kommt, bei dem nur das Baby Genevieve von einem Panther gerettet werden. 19 Jahre später wird die jugendliche Aramena Benoit, kurz Remy genannt, von ihrer besten Freundin Nenette gedrängt, mit ihr Technik an der Pariser Sorbonne zu studieren, um ihre außergewöhnlichen technischen Fähigkeiten weiter zu fördern. Doch eine innere Stimme hält Remy vom Besuch der berühmten Universität ab.
„Die meisten Hexengeschichten beginnen mit einem Blick in eine magische Kugel, mit dem Ritt auf einem Zauberbesen oder mit einem bösen Fluch. Manche dieser Geschichten nehmen auch durch das Quaken eines verwunschenen Prinzen, das schrille Kichern einer buckligen Althexe oder das Schnurren einer nachtfarbenen Katze ihren Lauf. Diese Geschichte jedoch beginnt mit einem mächtig müden Paketboten – auch wenn ein schwarzer Kater in ihre durchaus eine Rolle spielen wird. (S. 7)
„Es war einmal ein kleines Land, das hieß Schlaraffien und wurde seit Jahrhunderten von einer langen Reihe von Königen mit blondem Haar regiert. Zu der Zeit, von der ich hier schreibe, herrschte König Fred der Furchtlose.“ (S. 11)
„Bis du auch schon einmal mitten in der Nacht aufgewacht, ohne zu wissen warum? Einst, und das ist noch gar nicht so lange her, ist das einem Mädchen passiert, Lina war ihr Name. Ihre Augen öffneten sich und sie sah sich um. Ein seltsames schimmerndes Licht ließ die Wände ihres Zimmers aufleuchten.“ (S. 5)
„Der Sturm heulte schaurig um das alte, vergessene Haus. Die Fensterscheiben bebten, morsche Balken knarzten. Die dichten, hohen Bäume, die das Haus mit der geheimen Bibliothek umstanden, ächzten im Wind. Immer wieder schlugen die Zweige heftig gegen die vermoosten Mauern. Im großen Lesesaal huschten unruhige, kugelrunde Lichter zwischen den meterhohen Regalen umher.“ (S. 5)
„Das morgendliche, vor allem das frühe Aufstehen liegt den Hexen nicht, müsst ihr wissen. Hexen hexen nämlich ganz besonders gern im Schutz der Dunkelheit. Deswegen bleiben sie oft bis tief in die Nacht wach. Und somit gibt es landaus, landein so gut wie keine Hexe, ob alt oder jung, die es mag, früh aufzustehen.
„Juva zog am Hebel und hörte, wie die Armbrust mit beruhigendem Klicken aufklappte. Sie drückte den Kolben an die Brust, bereit zu reagieren. Lauschte. Das Totenhorn ließ seine düstere Warnung über Náklav erschallen, und direkt hinter ihr kamen Männer wieder zu Atem, aber ansonsten war es beunruhigend still auf der Straße. Kein Weinen, keine entsetzten Schaulustigen, keine Rufe aus den Fenstern.“ (S. 7)
„Der Tempel des Verderbens ist seit Jahrhunderten verlassen, doch eine unausgesprochene Regel besagt, dass keiner die hochaufragende Pagode betreten darf. Denn den Legenden nach lauern finstere, furchtbare Dingen in ihren Tiefen – Kreaturen mit Reißzähnen, die aus dem Dunkel hervorstürzen und ahnungslose Sterbliche in eine albtraumhafte Unterwelt verschleppen.“ (S. 11)
„In diesem Buch geht es um unmögliche und wundersame Ereignisse, die sich nie zugetragen haben, inmitten von unmöglichen und undenkbaren Ereignissen, die allesamt wahr sind.
„Den meisten Menschen fällt es schwer, sich ihrer frühesten Erinnerungen zu entsinnen. Es kostet sie Mühe, so als streckten sie sich nach ihren Zehen. Joe aber ging es nicht so – was daran lag, dass diese Erinnerung eine Woche nach seinem dreiundvierzigsten Geburtstag entstand. Er stieg aus dem Zug. Das war es: das Allererste, woran er sich erinnerte.“ (S. 11)