Belletristik und Sachbücher

Christl Greller, bildgebendes verfahren

h.schoenauer - 02.02.2010

Buch-CoverChristl Greller zieht den Leser mit dem Titel bildgebendes verfahren in eine Zone, wo eigene Gesetze herrschen. Schon im ersten Gedicht tönt dieser fröhliche Trotz hervor, wenn eine Lyrikerin in der Großstadt schwer lenkbar durch die Motive und Gedanken huscht, ehe sie schmunzelnd ein Motto für sich selbst ausgibt: "muss ich meine buchstabensuppe / alleine auslöffeln..." (7)

Dieses lyrische Ich wird an manchen Tagen gebeutelt von Kälte, Frost und fernen Frostbeulen, die man auf den ersten Blick einer Stadt und in ihr erträumten Gegenden gar nicht zumutet.

Robert Huez / Anne Zauner, laut lauter lyrik

h.schoenauer - 29.01.2010

Buch-CoverEs gibt in der Lyrik Haltegriffe, da fragt im Verlaufe des Zeitstroms niemand mehr, worum es geht, wenn man nur diesen Haltegriff in Händen hält.

Eine wunderschöne Rettung in Sachen Politik, Liebe und Leben ist Erich Fried, seine Lyrik ist unbestechlich überzeugend, gerade weil sie sich so bescheiden protokollarisch zeigt.

Doris Rüdisser, Fuchsgesicht

h.schoenauer - 29.01.2010

Buch-CoverDie wildesten Geschichten, das wissen wir seit Michael Kohlhaas, wuchern immer aus sogenannten Chroniken hervor. In den Chroniken nämlich wird das Leben beinhart, klar und schroff dargestellt.

In Doris Rüdissers Erzählung Fuchsgesicht wird gleich zu Beginn eine Chronik zum Anklingen gebracht, damit alles klar ist.

Ewa von Ecky, Die Albträumerin

h.schoenauer - 24.01.2010

Buch-CoverNormalerweise kann es eine Schriftstellerin / Schriftsteller der Leserschaft ja nie recht machen. Einerseits soll immer etwas Neues passieren, andererseits dürfen aber eingefräste Lesepfade nicht verlassen werden.

Und meist entscheidet ohnehin die Tagesverfassung der Rezipienten; wenn da jemand schlecht drauf ist, kommt auch das beste Buch nicht an.

Walter Grond, Der gelbe Diwan

h.schoenauer - 24.01.2010

Buch-CoverSeit dem west-östlichen Divan wissen aufmerksame Leser, dass der Diwan nicht nur etwas zum Sitzen, sondern auch eine persische Gedichtsammlung meinen kann.

Walter Grond lässt mit dem gelben Diwan diese Mehrdeutigkeit anklingen, sein Roman handelt von der Abschottung und Verschmelzung von Ost und West, seine Figuren haben ständig mit Literatur zu tun, und der Plot ist ein modisch gelb gestalteter Diwan, auf dem der Hauptheld seinen Roman aussitzt.

Martin Kubaczek, Sorge Ein Traum

h.schoenauer - 21.01.2010

Buch-CoverEin Spion ist letztlich nichts anderes, als ein begnadeter Erzähler. Er muss die feindlichen Aktivitäten auskundschaften und sie geheim seinen Hintermännern vermitteln.

Genau so geschieht es in der Literatur, der Autor kundschaftet feindliche Dinge aus und übermittelt sie streng geheim dem Leser.

Kurt Fallnbügl, Wo Gott wohnt

h.schoenauer - 18.01.2010

Buch-CoverJede Literatur ist letztlich Reiseliteratur, denn es gibt nichts anderes auf der Welt zu erzählen, als wie Menschen zu sich, zu anderen oder sonst wohin unterwegs sind.

Kurt Fallnbügl erzählt wild und wüst von der ganzen Welt, weshalb er seiner Literatur die Struktur von Reisebeschreibungen unterlegt. In Wirklichkeit ist dieser Essay ein phantastisches Stück Text über Gott und die Welt, weshalb das Erzählunternehmen auch augenzwinkernd heißt: Wo Gott wohnt.

Xu Lu, Dida

h.schoenauer - 14.01.2010

Buch-CoverChinesische Romane schaffen es spielend, die Lesegewohnheiten jedes europäischen Lektüre-Freaks aus den Angeln zu heben.

Irgendwie muss man beim Lesen eines chinesischen Romans immer ganz von vorne anfangen und sich fragen: Was macht ein chinesischer Roman eigentlich, wie lässt er sich mit einem europäischen vergleichen, was ist individuelle Strategie und was ist staatlich vorgegebener Usus?

Gerd Graenz, Zahnlos

h.schoenauer - 13.01.2010

Buch-CoverMeist werden historische Ereignisse mit großen Armbewegungen erzählt, je weiter jemand beim Texten ausholt, umso mehr Luft wirbelt er damit auf.

In Gerd Graenzs kleinem Roman Zahnlos geht es geradezu irdisch unhistorisch zu. Der Protagonist ist noch zu DD-Zeiten im Anflug auf Ost-Berlin, als es mit dem Gebiss nicht mehr ganz hinhaut. Obwohl er sich eigentlich ein paar harmlose Urlaubstage machen will, wird er jetzt zum Getriebenen, denn irgendwo muss eine zahnärztliche Hilfe her.

Waltraud Seidlhofer, Tage, Passagen

h.schoenauer - 12.01.2010

Buch-CoverNach einer intensiven Reise wird das Informationsmaterial meist in einer Schachtel abgelegt und Jahre später wird alles umgestülpt und neuerlich zum Vorschein gebracht. Die wahre Ordnung einer Reise aber bestimmt stets der Reisende.

In Waltraud Seidlhofers poetischer Materialschachtel betritt vielleicht jemand ein Museum, umkreist es, geht hinein und legt sich eine Ordnung der ausgestellten Dinge zurecht. Ähnlich geht man ja auch beim Erkunden einer Stadt vor, man reist an, umkreist sie und durchschreitet sie mit aufgerissenen Augen.