Belletristik und Sachbücher

Rudolf Lasselsberger, Willi auf Kur

andreas.markt-huter - 09.04.2007

Buch-CoverIn der klassischen österreichischen Literatur tauchen in Kurorten meist angesoffene Kurärzte auf, die sich schwermütig durch die Geographie jammern und im Morgengrauen bei einem Duell abknallen lassen.

Nicht so in Rudolf Lasselsbergers Bericht ‚Willi auf Kur‘, der das Zeug hat, zu einem literarischen Meilenstein der Kurgeschichte zu werden.

Angelika Reitzer, Taghelle Gegend

andreas.markt-huter - 05.04.2007

Buch-CoverEs gibt wirklich diese lichten Romane, die vom Titel weg bis zur letzten Zeile etwas Speedig-Helles ausstrahlen.

In Angelika Reitzers Roman wird es schon auf der ersten Seite in einem Innenhof hell, die Bäume sind zwar für diese Saison am Ende der Blüte, aber zu ihren Füssen steht in einer Sandkiste bereits das Spielzeug bereit, um bei Bedarf jederzeit ein Stück Kindheit in den Sand zu spielen. Und diese Kindheit kann überall aus der Hüfte heraus einsetzen und bringt die Protagonistin in eine optimistische Stimmung.

Johann-Günther König, Die Lobbyisten

andreas.markt-huter - 02.04.2007

Buch-CoverIrgendwie sind sie ja die geborenen Geheimagenten, halb im Schatten sitzend, halb auf dem Sprung zu einer Türklinke eines Mächtigen. Die Lobbyisten sind immer da, wenn auch meist unsichtbar. Und wenn bei ihrer Arbeit die Vordertüre versperrt ist, nehmen sie den sprichwörtlichen Hintereingang des Mandatars.

Ihr Name leitet sich von der Lobby eines Hotels ab, worin seit Jahrhunderten diverse Interessensvertreter warten, bis der Mächtige vorbeikommt, um ihm dann die eine oder andere Entscheidung abzuringen.

Clemens Berger, Die Wettesser

andreas.markt-huter - 01.04.2007

Buch-CoverBei einem echten Leser ist das Auge immer schneller als der rezipierte Begriff, der skurrile Titel „Wettesser“ verleitet zu optischen Abgleitungen, Wettleser, Wettmesser, Wet-desert, alles schwingt mit, ehe es klar ist: Hier geht es um das Fressen.

Clemens Berger hat seine skurrile Fabel von der Sinnlosigkeit aller Wettbewerbe an einem perversen Plot festgemacht. Zwei Japaner und zwei Amerikaner haben die Weltvormachtsstellung im Wett-Fressen inne, im entscheidenden Fress-Down siegt ein eher zierlicher Japaner mit kulturellen Schraffuren vor einem Ami-Ekel und Weltherrschaftsfettwanst par excellence.

Dimitri Prigow, Moskau-Japan und zurück

andreas.markt-huter - 01.04.2007

Buch-CoverWenn ein ehemaliger Untergrund-Autor so großen Wert darauf legt, dass sein Roman „non-fiction“ ist, dann spricht daraus bereits eine gewisse Lebenserfahrung im Umgang mit der so genannten Wahrheit.

Vordergründig handelt es sich bei Dimitri Prigows Text um einen Reisebericht. Der Ich-Erzähler landet in Japan und hat den starken Wunsch, das alles niederzuschreiben. So gibt es einen Start, der schlicht ‚Beginn’ heißt und die Lebensweisheit aus der Sowjetunion für Jugendliche zusammenfasst: Wenn Schlägertypen auftauchen, sagt man einfach geht weg, und die Typen gehen weg.

Thomas Schäfer-Elmayer, Der Business Elmayer

andreas.markt-huter - 01.04.2007

Buch-CoverLängst wissen wir, dass in der Wirtschaft die Etikette mindestens so wichtig ist wie die Zahlenkolonnen auf den diversen Transaktionspapieren.

Eine gute Dienstleistung wird erst durch professionelles, gepflegtes Auftreten der handelnden Personen zu einem angenehmen Ereignis, harte Sätze erfordern oft einen dämpfenden Filter der Diplomatie, und ab und zu brauchen die erfolgreichen Wirtschaftstiere auch einen passenden Laufstall, worin sie ihre hart arbeitenden Körper in schönen Gewändern dramaturgisch einwandfrei ausführen können.

Carlos Maria Dominguez, Das Papierhaus

andreas.markt-huter - 25.03.2007

Buch-CoverUnter dem Papier, auf dem die Literatur gedruckt ist, tut sich offensichtlich eine ganz andere Welt auf, in der es von besessenen, papierenen und ausgeklinkten Menschen nur so wimmelt.

Das Papierhaus erzählt von einer Welt, in der Menschen vollends abtauchen können, und in der letztlich alles in Vollendung endet, auch wenn dies mit den Maßstäben der normalen Welt etwas Verrücktes und Irres sein kann.

Hanno Millesi, Wände aus Papier

andreas.markt-huter - 25.03.2007

Buch-CoverVielleicht sind Kinder in Wirklichkeit Erlebnismonster und erleben sich, die Eltern und die fröhliche Kindheit als gigantisches Experiment skurriler Gegebenheiten.

Hanno Millesi geht in seinen zehn Erzählungen immer von der Überlegung aus, dass Kinder alles ganz anders erleben, als wir es wahr haben wollen. Ein überdimensioniertes Erlebnis-Kind findet sich in alltäglichen Situationen wieder, aber die Welt tickt ganz anders.

Uwe Bolius, Der lange Gang

andreas.markt-huter - 25.03.2007

Buch-CoverDie so genannte „00-Nummer“ eines neuen Verlages ist immer aufschlussreich, gibt doch das erste Buch so etwas wie ein Programm vor.

Und für ein aufklärend essayistisches Programm, wie es der Innsbrucker Limbus Verlag in Zukunft betreuen will, bietet sich der Roman „Der lange Gang“ von Uwe Bolius geradezu von selbst an.

Annette Mingels, Der aufrechte Gang

andreas.markt-huter - 23.03.2007

Buch-CoverVielleicht muss man die richtige Liebe immer kalt und unauffällig halten und an extremen Figuren festmachen, damit sie langfristig funktioniert. Nichts ist nämlich schwieriger, als im aufrechten Gang durch die Slalomstangen der Gefühle zu wandeln.

Die Hauptfigur Ruth greift daher mit einem Arm ins reife Alter ihres Mannes, mit dem anderen in die Jugend des Sohnes ihrer besten Freundin.