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Buch-Cover„hau ab sage ich zum mond der bleibt“ (80). Wenn man Julia Rhombergs Gedichte erst einmal neugierig durchstreift, kitzeln einen solche kleinen trotzigen Sätze wie eben vom Mond, der aller Stimmungslagen zum Trotz nie verschwindet.

Schon der Titel des Buches schmiegt sich auf Anhieb ans Leserherz. Die Grashalme, steif, brüchig, hart, biegsam und windangepasst sind oft nur Statisten einer Landschaft, und trotzdem prägen sie jedes Bild durch Farbe und Konsistenz.

Buch-CoverLandpfarrer sind aus der Literatur nicht wegzudenken. In Vorabendserien tummeln sie sich als exotische Hochwürden über den Screen, im Unterhaltungsregal schmachten sie als Dornenvögel dahin, und im gestandenen Nachkriegsroman versuchen sie sich selbst, die Leser und das Abendland zu retten.

Bei Günther Loewit heißt der Landpfarre schlicht „Krippler“, das ist wohl eine volkstümliche Bezeichnung für jemanden, der mit der Krippe herumhantiert. Mit etwas schräger Hörlage hört man freilich auch einen Krüppel heraus und dankt dabei an eine feste Kartoffelsorte, die Kipfler genannt wird.

Buch-CoverManchmal sind Texte eingespannt in entgegen gesetzte Zugkräfte. Eine kühle, dokumentarische Stimme kommentiert ein Drogenschicksal bis zum logisch letalen Ende, eine zärtlich besorgte Erzählhand hingegen unterbricht diesen Ablauf und stellt immer wieder die fassungslose Frage, warum das alles so kommen musste. Dazwischen liegt der Text, der Autorin und Leser beinahe zerreißt.

Christine Losso hat für den tödlichen „Abenteuerroman“ über ihre Schwester Dolores jene literarisch dokumentarische Mischform gewählt, die einerseits das einmalige Schicksal ihrer Schwester und andererseits die allgemeine Moral aus der Geschichte für die Leserschaft daraus zur Verschmelzung bringt.

Buch-CoverDie Steigerung von Provinz ist österreichische Provinz. Harland ist ein diffuses urbanoides Nest, über dem sogar die Monde erkalten, während sie auf das irdische Desaster glotzen. Marek Miert schlägt sich als derangierter Privatdetektiv durch, manchmal wird er wegen seiner Diskontpreise zu einem Auftrag geholt.

Das soziale Gefüge ist sehr streng am flachen Land, der heruntergekommene Detektiv muss seine Auftraggeber in deren Büros aufsuchen, weil er selbst sich keine Kanzlei leisten kann. Der ekligste Name, den man sich denken kann ist Heider. Marek Miert kotzt beinahe, als ihn die Visitenkarte erreicht: Horst Heider, Parlamentarischer Mitarbeiter.

Buch-CoverManche Buchtitel schleichen sich wie ein Ohrwurm in den Kopf und man kann dann erst wieder geordnet weiter leben, wenn man das Buch gelesen hat. Der Titel des neuen Erzählbandes von Jürg Amann weckt natürlich Erinnerungen an den Film „Das Fenster zum Hof“ (Alfred Hitchcock, 1954). Und tatsächlich hat der verfilmte Schrecken im Hinterhof auch Eingang in den Suspense der Titelerzählung gefunden.

In Jürg Amanns Geschichte vom „Zimmer zum Hof“ steigt ein Kongressbesucher in einem billigen Quartier ab, wie eben sonst jeden Tag tausende Dichter in ihren Lesequartieren absteigen, wenn sie ihre Vortragstätigkeit beendet haben.

Buch-Cover„Präservativ am Stammplatz“ / „Christus ohne Kopf“. - Wie passen diese Dinge zusammen? Und wodurch unterscheiden sie sich?

Nun, Präservativ am Stammplatz ist ein Gedicht über eine zum steifen Ritual gewordene Liebe und Christus ohne Kopf ist ein raffiniert aufgenommenes BildGedicht der Christusstatue aus Rio de Janeiro.

martynova, romSeit jener berühmten Ingeborg-Bachmann-Zeile „Böhmen liegt am Meer“ gilt das Verrutschen der Geographie als beliebtes Mittel der Lyrik, um schräge Gefühls- oder Erkenntnislagen auszudrücken.

Im Kombi-Band der beiden russischen Dichterinnen Olga Martynova und Jelena Schwarz steht Rom als Ort der lyrischen Kernspaltung im Mittelpunkt, aber die Auswirkungen dieser Fusion schlagen heftig nach Russland zurück.

Buch-CoverWas lässt uns freiwillig in ein Kino gehen, um dort einen Katastrophenfilm anzuschauen? – Wohl die Lust, etwas bislang Verborgenes über uns und unser Ticken in der Gesellschaft zu erfahren.

Der so genannte Katastrophenfilm zeigt recht genau den Zustand der jeweiligen Gesellschaft auf, denn angesichts der inszenierten Katastrophe laufen öffentliche und private Empfindungen nach einem verborgenen Muster der Solidarität ab. Unsere privaten Gefühle können wir in das Drehbuch schmuggeln und im allgemeinen Desaster reinigen und updaten lassen.

Buch-CoverMit halb gekniffenem Auge durchgeblättert wirken die Gedichte vorerst graphisch ruhig wie vor dem Sturm, und die Lithographien sind so etwas wie Gebrauchsanleitungen für dynamische Prozesse.

Manchmal gleichen diese Bilder einem Fax, dessen Übertragungsmodus mitten in der Sendung in einen andern Zustand gewechselt hat, einige Bilder sind Dünen der Gegenwart, die sich beim Anblick über das Blatt hinaus verschieben, andere Skizzen wiederum sind Reibspuren eines längst über die Zeichenfläche gestrichenen Windes.

Buch-Cover„Nein“ ist so das wichtigste Wort, das ein Kind während seiner Ersterziehung hört, kaum streckt es seine Finger irgendwohin aus, ruft schon jemand dieses penetrante Nein. Und später, wenn dieses Kind zu einem kaputten Erwachsenen geworden ist, sagt der Psychologe meist in der ersten Beratungsstunde: Sie müssen einfach lernen, nein zu sagen.

In Günter Eichbergers Nein geht es um ein literarisches Nein sagen, man muss während des Erzählens die Helden fallweise ausblenden, ihnen eine neue Erlebnisfläche schaffen und mit dem raffinierten Wort „nein“ eine ganz andere, nein völlig andere Richtung geben.