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stecher_fern.jpgDie ferne Geliebte, ferngesprochen, Fernziel, im fernen Chile, das nahe Ende ? diese Begriffskonstellationen ziehen quasi automatisch einen Aphorismus nach sich. Ein guter Aphorismus nämlich deutet auf etwas hin, ohne es direkt auszusprechen. So gesehen sind Nähe und Ferne, Annäherung und Entfernung die besten Anlasswörter für einen Aphorismus.

Was scheinbar lapidar klingt, ist beim zweiten Hinlesen gar nicht so blöd, scheinbar fixe Erkenntnisse flüchten in schlichte Behauptungen und so rutschen allmählich ganze philosophische Hanglagen ab.

Buch-CoverAus manchen Romanen erfährt man als Leser die Hauptbotschaft direkt aus dem Text, aus anderen wiederum aus der Begleitmusik, die diesem Text untergelegt ist.

Arno Geiger hat mit seiner österreichischen Kleinbürger-Saga "Es geht uns gut" genau jenen Sound getroffen, den Preismacher und Buchpromotoren offensichtlich momentan so lieben. Die Lobeshymnen über diesen Roman reißen nicht ab und somit gibt der Roman fürs erste einmal Auskunft darüber, was etwa fünfzig- bis siebzigjährige Literaturmanager gerne heutzutage für förderungswürdig halten.

Buch-CoverDer Buchtitel sagt es ja schon messerscharf, worum es geht. Die Zeit lässt sich nicht zähmen, gebärdet sich wie wild, sticht wie ein Messer gleichmäßig auf Beteiligte und Unbeteiligte ein und lässt sich nur vom Rand der Anteilnahme aus in Verwundungen und Einstichen messen.

Die sechsundzwanzig Geschichten handeln von der Liebe, von rasenden Herzensbewegungen, verwundeten Wesen, welche wie Tiere im Zeitkäfig herumirren, zeitlos ortsungebunden. Katharina Faber sticht mit hastigen Abwehrbewegungen in das Thema, kaum noch, dass die Geschichte erkennbar ist, meistens sind es lyrische Attacken, welchen die Figuren ausgesetzt sind.

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Am besten stellt man sich die Texte in einer Gesteinstrommel vor, die Thomas Ballhausen ausdauernd in Bewegung hält. Die Texte werden dabei gemahlen, gebrochen und in das jeweilige Format gerüttelt.

Vom Textkies über feinen Schotter, vom Hardcore bis zur Fetz-Schrift Marke unplugged ist auf der Geröllhalde alles säuberlich aufgeschichtet und wird dem Leser in artigen Portionen serviert.

Buch-CoverLiteratur dient oft der Aufklärung, sei es, dass vergangene Zeiten, die Kindheit oder das Leben am Lande erhellt wird, sei es, dass versteckte Kabel frei gelegt werden, welche zeigen, wie Schaltungen wirklich funktionieren und wie die Dinge im Leben wirklich zusammenhängen.

Im Roman "Paul Beers Beweis" geht es um all diese Dinge und so steht auf der Tagesordnung Aufklärung mit Esprit. Die Hauptfigur hat offensichtlich die erste Identität abgelegt und ist zu einem Helden wie aus dem Bilderbuch geworden. Im Leben gibt es manchmal diese Punkte, an denen man so gut wie alles verändern muss, also wird aus einem erfolglosen Urbewohner des Burgenlandes, der noch dazu täglich in der Zeitung steht, weil seine Frau auf seltsame Weise gestorben ist, ein arbeitsloser Fußballfan in Wien.

Buch-CoverSüdtiroler Anthologien erkennt man leicht daran, dass sie meist auf ein Gedicht von N.C. Kaser antworten. Auch bei den frechen Weihnachtsgeschichten ist es so, die Zeile vom frisch gefallenen Schnee stammt naturgemäß aus einem Kaser-Gedicht.

Als Vorüberlegung zum Weihnachtsfest stellt Nina Schröder die These auf, dass wir alle an Mangel leiden und zu Weihnachten schließlich das Hochamt des Mangels stattfindet. Alles, was wir an Gefühlen, Konsum und Ideen das Jahr über vermissen, soll an diesem Fest rasch und flutschig nachgeholt werden. Kein Wunder also, wenn Weihnachten manchmal etwas unrund abläuft.

k%C3%B6gl_mutterseele.jpgDas Leben der Erzählerin, einer Mutter von drei Kindern, ist gelaufen, viele Dinge sind abgelaufen wie die sprichwörtliche Sanduhr ihre Körner ablaufen lässt, und letztlich sind auch noch die Wünsche davongelaufen. Die Frau geistert mit sich selbst durch das steirische Hinterland, nicht einmal nach Graz wird sie noch kommen, weil man ja ein gutes Bezirkskrankenhaus ins Land gebaut hat, und da wird die Mutterseele wohl auch eines Tages sterben.

Die Gedanken gehen in losem Zickzack nach vorne und nach hinten, vom Blumenschmuck am eigenen Grab ausgehend geht es zurück in die Jugend, wo einst der Haustyrann gestorben ist, nachdem er alle im Haus schikaniert hat. Die Nachbarn beargwöhnen diesen Tod und sind neidig, dass dieser Tyrann gestorben ist, während sie den ihrigen noch pflegen müssen.

Buch-CoverKalendergeschichten sind verlässlich, weil sie in prägnanter Form wieder kommen wie die Jahreszeiten, und sie sind aufregend wie die Monate, in denen sie geschehen.

Otto Licha hat quer über das ganze Jahr Geschichten ausfindig gemacht, in welchen sogenannte Zuagroaste einen Durchbruch oder Niederschlag in der neuen Umgebung erleben.

Buch-CoverEs gibt Jahre, die dicht sind. Und es gibt Jahre, die durchlässig sind. Immer wieder läutet diese Weisheit der Chronisten ein neues Kapitel in der Lebensgeschichte eines zum Katholizismus konvertierten Vinschgers ein.

Salomon Glauber hat in der Identitätsleere Südtirols nach 1918, als das Land zwischen Koma, Saint Germain, Italien und verblichener Habsburger Monarchie zu verschwinden droht, seine Konfession gewechselt, der Liebe willen. Als Jude ist er Katholik geworden, obwohl das irgendwie nicht geht, und auch Südtirol ist italienisch geworden, was scheinbar auch nicht geht.

Buch-CoverNot, nötig, genötigt. - Irgendwo in diesem semantischen Umfeld spielt die Erzählung Simone Schönetts. Eine Frau, völlig unauffällig nach außen hin, übernimmt erotische Aushilfsdienste, um die eigene finanzielle Unterzuckerung und die sexuelle Not der Männer zu befriedigen. Mal sehen, heißt ihre Devise, die Kontakte werden über den Chat im Internet angebahnt.

Dann tauchen sie realiter auf, diese Phantomtiere aus dem sexuellen Netz. Wolf hat ziemlich ausgefallene Wünsche der Befriedigung, Zähmung und Erniedrigung, sein Samen liegt noch wochenlang im Magen, irgendwann gehen selbst die sexuellen Abzählreime aus dem Leim.