Erika Pluhar, Paar Weise
Kaum etwas ist in seiner Gewöhnlichkeit so ungewöhnlich wie ein einzelnes Paar. Jedes Paar glaubt, ein Unikat zu sein, und doch ticken alle Paare letztlich ziemlich ähnlich, sie kommen zusammen, schauen sich in die Augen oder machen sonst etwas Filmreifes, und trennen sich.
Erika Pluhar schickt in ihren Geschichten und Gedichten jede Menge Paare auf die Bühne. Bereits der Beginn ist fulminant trivial, zwei lebenserfahrene Passagiere treffen sich im Speisewagen und sind ziemlich verstört, weil sie das Flirten verlernt haben.
Die wahren historischen Ereignisse handeln alle vom Sterben der Menschen. Erzähle mir was vom Tod und ich weiß alles über die Zeit.
Manche Lebenskulturen lassen sich auf einen einzigen Sager zusammenfassen: 17 Jahre ohne Sex! - diese Lebensbeichte der Balletteuse Daggi Koller lässt auch ihren Mann Helmut Zilk wonniglich nicken.
"Die Sehnsüchte von Frauen:/ Flügelschlag von Faltern gegen / Decken, die blaubemalt wie Himmel sind …". –Dieser wunderschöne Vers über Sehnsucht, Freiheit, Illusion, Himmel und Zimmerdecke ist einem gigantischen Kosmos vorgespannt, der sich über siebenhundert Seiten schwer als psychisches Soufflé vor der Leserschaft ausbreitet.
Landschaften werden meist deshalb aufgesucht, besungen und abgemalt, weil sie in ihrer Mannigfaltigkeit eindeutig sind. Voll in einer Landschaft aufgehen heißt so ein Gefühl, bei dem das Subjekt in einen klaren Zustand eintaucht.
Klug gefragt ist halb gewonnen. Nicht nur Talkshows mit Quizcharakter boomen bis in die späte Sendenacht hinein, auch tagsüber wird der zeitgenössische Mensch ununterbrochen mit mehr oder weniger sinnvollen Fragen durchlöchert.
Ah, das ist ein idealer Roman für germanistische Seminare! Eine Dissertantin Johanna hockt über dem Thema Johanna, und plötzlich fließen die Welten ineinander.
Ganz Rom ist ein Palimpsest, Geschichten, Gebäude, Kulturen und Wetterlagen sind dermaßen in einander verschachtelt, dass man nie die einzelnen Schichten als Ganzes los lösen kann. Wie wenn man ein Stück Wurzel aus der Erde zieht, ist immer noch etwas von früher und von woanders dran.
Nichts lässt die Vergangenheit so alt aussehen wie hohe Geburtstage von Revolutionären. So feierte am Jahresende 2006 Franz Josef Degenhardt seinen fünfundsiebzigsten und Wolf Biermann seinen siebzigsten Geburtstag.
Meistens entsteht Literatur, weil eine Autorin oder ein Autor eine Lücke zwischen Realität und Vorstellungskraft sieht, und diese dann mit Text auskittet. Und dann gibt es noch die bestellte Literatur, wenn jemand aus Feierlichkeit, wegen eines Jubiläums oder einfach wegen einer statistischen Unausgewogenheit eine Literatur bestellt.