Aktuelle Buchtipps

 

Chris Wickham, Das Mittelalter. Europa von 500 bis 1500

andreas.markt-huter - 17.08.2022

chris wickham, das mittelalter„Dieses Buch handelt vom Wandel. Die Epoche, die wir als »Mittelalter« bezeichnen, dauerte tausend Jahre, von 500 bis 1500; und Europa, das Thema dieses Buches, sah nach dieser Periode völlig anders aus als zu deren Beginn. […] Ich möchte mit diesem Buch zeigen, wie sich dieser Wandel und viele andere Wandlungsprozesse vollzogen und inwiefern sie von Bedeutung sind.“ (S. 7)

Ausgehend von der Teilung der europäischen Welt in einen vom römischen Imperium beherrschten und bestimmten Teil und einen außerhalb des römischen Einflusses gelegenen Teil wird die Entwicklung Europas zu einem komplexen Staatensystem gegen Ende des Mittelalters aufgezeigt, das bis heute die europäische Welt bestimmt.

Felix Kucher, Vegetarianer

h.schoenauer - 12.08.2022

felix kucher, vegetarianerEin Messias erscheint meist zweimal: Einmal als Guru mit Haut und Haar in der Zeitgeschichte und ein zweites Mal als literarische Figur eines Religionsstifter-Romans.

Felix Kucher kümmert sich mit seinem Roman „Vegetarianer“ um den Meister und Religionsstifter Karl Wilhelm Diefenbach, der in den 1880er Jahren als kultischer Maler halb München mit seiner Mission auf den Kopf gestellt hat.

Der Ausdruck „Vegetarianer“ ist zu dessen Lebzeiten noch halbwegs unbelastet zu verwenden, die beiden ihm zur Seite gestellten Lebensformen „Nudismus“ und „freie Liebe“ fordern freilich schon damals die Gerichte heraus. Der Maler muss betrübt feststellen, dass er die eine Hälfte seines Lebens am Gericht und die andere auf Wohnungssuche verbringt.

Patrick Hertweck, Tara und Tahnee

andreas.markt-huter - 10.08.2022

patrick hertweck, tara und thanee„Am Abend stand Tahnee Fitch am Fenster der vom Ofenfeuer nur dürftig erwärmten Blockhütte und knetete ungeduldig die Hände. Tahnee war elf Jahre alt und wartete auf ihren Vater. Allmählich machte sie sich Sorgen. Schon vor Sonnenaufgang war er in die Wälder aufgebrochen und eigentlich wollte er spätestens am frühen Nachmittag zurück sein. Nun dämmerte es bereits und noch fehlte jede Spur von ihm.“ (S. 7)

Die Geschichte spielt im amerikanischen Wilden Westen im Jahr 1856, knapp nach dem Ende des kalifornischen Goldrausches. Es ist eine Zeit der Gesetzlosigkeit, in der das Recht auf der Seite steht, der mehr Geld hat oder schneller zur Waffe greifen kann. Mitten drin wird das Leben zweier elfjähriger Mädchen auf eine harte Probe gestellt.

Georgi Gospodinov, Zeitzuflucht

h.schoenauer - 08.08.2022

georgi gospodinov, zeitzufluchtWenn es sich von dieser Welt schon nicht horizontal-geographisch fliehen lässt, vielleicht sollte man es vertikal-chronologisch versuchen. Warum nicht in die Zeit selbst fliehen, statt aus ihr heraus?

Georgi Gospodinov erzählt in seinem über den Kontinent gespannten Roman „Zeitzuflucht“ von der Magie der Vergangenheit als der eigentlichen Zukunft. Es ist wahrscheinlich alles nur eine Frage der Richtung, „wer sich in der Vergangenheit umdreht, sieht die Zukunft“.

Lena Raubaum, Oma Klack macht Schabernack

andreas.markt-huter - 05.08.2022

lena raubaum, oma klack macht schabernack„Es gibt viele Omas auf dieser Welt. Sehr viel. Große und kleine, riesige und winzige. Und natürlich eine Menge dazwischen. Solche, die auf dem Land leben. Solche, die in der Stadt leben, und solche, die ab und zu am Land und ab und zu in der Stadt leben.“ (S. 5)

Zunächst einmal wird auf überaus amüsante Weise abgeklärt wie unterschiedlich Omas doch sein können und das nicht nur vom Aussehen. Auch ihre Vorlieben, Hobbys, Lieblingstiere können höchst unterschiedlich sein genauso wie sie sich am liebsten kleiden, oder ob sie lieber mit dem Auto, dem Bus, der Bahn oder gar mit dem Motorrad fahren.

Gerd Busse, Typisch belgisch - Belgien von A bis Z

h.schoenauer - 03.08.2022

gerd busse, typisch belgischWenn die EU sich Brüssel als Hauptstadt unter den Nagel gerissen und ihre Nationen als austauschbares Ganzes eingebracht hat, ist dann noch etwas übrig für „typisch belgisch“?

Und wenn die Globalisierung alles verschiebbar oder universal-kompatibel gemacht hat, muss dann nicht jedes Land erst recht aufstehen, um sich mit ein paar typischen Dingen eine Restidentität zu verschaffen, ohne gleich in den Nationalismus überzuschwappen?

Malene Sølvsten, Ansuz - Das Flüstern der Raben

andreas.markt-huter - 01.08.2022

melene sölvsten, ansuz„Ich konnte schon immer die Vergangenheit sehen. Und gerade befand ich mich in einer Vision. Obwohl ich barfuß war und spürte, wie die Winterkälte meine Beine hinaufkroch, wusste ich, dass ich eigentlich nicht dort war. Ein Mädchen ging dicht an mir vorbei. Ihr Gesicht war hinter einem Vorhang aus verfilzten Haaren verborgen, die im schwachen Mondlicht hellgrau aussahen. Normalerweise fürchte ich mich nicht, wenn ich Ereignisse aus der Vergangenheit sehe. […] Doch diese Vision ließ mein Herz gegen die Rippen hämmern, und ich bekam kaum Luft vor Angst.“ (S. 9)

Die 17-jährige Anne Sakarias hat ohne Eltern bei verschiedenen Pflegefamilien aufwachsen müssen. Nachdem sie einem Schulkollegen, der sie überfallen hat, mit seinem eigenen Baseballschläger die Nase gebrochen hat und für kurze Zeit im Jugendgefängnis gelandet ist, wird sie vom Jugendamt betreut. Als das dänische Städtchen Ravnssted plötzlich von grausamen Morden an rothaarigen Mädchen heimgesucht wird, ahnt Anne nicht, in welchem Zusammenhang die Verbrechen mit ihr stehen.

Peter Paul Wiplinger, "Schachteltexte III"

h.schoenauer - 29.07.2022

peter paul wiplinger, schachteltexte3Damit die Literatur aus dem Leben heraustreten und sich Luft verschaffen kann, braucht es zwei Beobachtungsschlitze: Durch den einen blickt man auf den anstehenden Tag, durch den anderen auf das verflossene Leben.

Peter Paul Wiplinger führt die beiden Suchbewegungen mit seinen Schachteltexten elegant und eindringlich zusammen. Seit fünfzehn Jahren arbeitet er an diesem einmaligen Dokument, wobei auf ausgeklappte und ausgerissene Verpackungsteile mit der Füllfeder Texte komponiert werden. Ein Auge blickt auf den aktuellen Zustand des schreibenden Ichs und das andere setzt sich den historischen Gezeiten von Kindheit bis zur Reife aus.

Jörg Steinleitner, Die Barfuß-Bande und die Reise über alle Berge

andreas.markt-huter - 27.07.2022

jörg steinleitner, die barfussbande„Die Barfuß-Bande gibt es seit Anfang der Sommerferien. Und obwohl sie den perfekten Namen hat und auch schon richtige Bandenabenteuer bestanden hat, ist Corvin sich gerade nicht sicher, ob die Barfuß-Bande wirklich noch eine Bande ist. »Wenn wir schon wieder ein Mitglied verlieren, ist das echt peinlich. So was hab ich noch nie von anderen Banden gehört!«“ (S. 6)

Nach dem letzten Abenteuer der Barfuß-Bande muss Quentin am Ende seines Urlaubs die Freunde verlassen und mit seinen Eltern wieder nach Hause fahren. Als nun auch noch das jüngste Mitglied der Bande, der neunjährige Taio, abreisen soll, wird es Corvin zu viel. Er schlägt vor Taio zu entführen.

Selma Mahlknecht, "Berg and Breakfast"

h.schoenauer - 25.07.2022

selma mahlknecht, berg and breakfastTourismus ist wie Sex: Wenn du anfängst, darüber nachzudenken, ist er kaputt.  Durch das Format Essay werden derlei Gefährdungen minimiert. Im Essay darf nämlich auf gesicherten Fakten subjektiv nachgedacht werden.

Selma Mahlknecht verbindet im Titel ihres Essays das Sehnsuchtselement Berg mit dem handfesten Frühstück, das Hardcore eingenommen wird. Im Tourismus geht es nämlich immer um Bilder, die als luftige Vorstellung vorausreisen, ehe der Körper handfest hinterher reist, um sie zum Platzen zu bringen – wie die sprichwörtliche Seifenblase.