Dietmar Wachter, Das Mädchen Dori

Seit die österreichischen Krimis nahezu genormt und uniform geschrieben und publiziert werden, empfindet man es geradezu als Sensation, wenn eine Krimiserie an ihr Ende kommt und sich noch dazu weiterentwickelt.

Dietmar Wachter schickt am Ende des letzten Falles „Das Mädchen Dori“ seinen bewährten Inspektor Matteo in den Ruhestand. Normalerweise darf das Ende eines Krimis nicht verraten werden, wenn es sich aber um eine flächendeckende Frohbotschaft handelt, muss sie zitiert werden. „Dann zwölf Schläge. Mitternacht. / Ich bin in Pension. / Endlich!“ (291)

Bis zu diesem befreienden Glockenschlag spielt sich freilich ein bemerkenswerter Krimi ab, worin ein Rom-Mädchen seine Geschichte erzählt und dabei eine Sozialgeschichte des „fahrenden Volkes“ abliefert.

Matteo frisst in den langen Ermittlungspausen immer wieder alte Schlagzeilen in sich hinein und stößt dabei auf einen ungeklärten Fall, als ein betuchter Bonze aus dem heimatlichen Landstein verschwunden ist. Zur gleichen Zeit hat es am Flussufer gebrannt und ein Rom ist in seinem Wohnwagen ums Leben gekommen. Dunkel erinnert sich der Inspektor, dass ein kleines Mädchen dabei gewesen ist.

Dieses Mädchen Dori berichtet nun in „Erinnerungswolken“ von ihrer Wanderschaft mit ihrem Vater aus Rumänien quer durch den Kontinent. Bemerkenswert dabei sind zwei Dinge: Überall gibt es Verwandte, Bekannte oder ein Netz von Geschäftsträgern, und für jeden Anlass gibt es ein passendes Überlebenssprichwort.

Heimat ist der Schmerz der Sesshaften,
oder
Eine Kartoffel im Wald schmeckt besser als das Fleisch im Gefängnis. (33)

Je nach Gegebenheiten muss Dori taubstumm sein, sich einschleichen oder wieselflink einen Coup erledigen, wenn sie erwischt wird passiert ihr nichts, weil sie minderjährig ist. Aus dieser Sicht entwickelt sich ein Geschäftsmodell, das nicht weniger korrupt oder verwerflich ist wie das Bankwesen oder der Tourismus.

Freilich nehmen sich die Besitzenden allerhand Rechte heraus und zwei besonders fiese Typen, Dick und Doof genannt, vergewaltigen am Gardasee das Rom-Mädchen. Dori freilich rächt sich, bringt die beiden um und schneidet ihnen das Zumpferl ab.

Inspektor Matteo plant seinen Familienausflug zuerst einmal an den Gardasee, wo er in leichter Entspannung wertvolle Spuren aufnimmt. Schließlich lässt er sich noch zu einem Kraftakt hinreißen, und stellt logische Verknüpfungen zwischen dem Mädchen her, das inzwischen in einer Psychiatrie sitzt, und den heimischen Schweinehunden, die längst ohne Zumpferl bestattet worden sind. Obwohl ein Inspektor immer verbrechensneutral auftreten muss, entwickelt Matteo doch ein gewisses Verständnis für das Mädchen, zumindest deutlich mehr als für die amorphen Geldbonzen.

Das Verbrechen macht alle müde, vor allem, wenn es sich über Jahre hinzieht. Jetzt um Mitternacht, fällt die schwere Büro-Last endgültig von den Schultern des sympathischen Matteo.

Dietmar Wachter, Das Mädchen Dori. Inspektor Matteo beginnt zu reisen. Sein letzter Fall, Kriminalroman, ill. v. Ivana Vlahusic
Landeck: Eigenverlag 2015, 292 Seiten, 12,50 €, ISBN 978-3-200-04286-5

 

Weiterführende Links:
Amazon: Dietmar Wachter, Das Mädchen Dori
Krimi-Couch: Dietmar Wachter

 

Helmuth Schönauer, 04-12-2015

Bibliographie

AutorIn

Dietmar Wachter

Buchtitel

Das Mädchen Dori. Inspektor Matteo beginnt zu reisen. Sein letzter Fall

Erscheinungsort

Landeck

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Eigenverlag

Reihe

Inspektor Matteo

Seitenzahl

292

Preis in EUR

12,50

ISBN

978-3-200-04286-5

Kurzbiographie AutorIn

Dietmar Wachter, geb. 1962 in Zams, ist Polizeibeamter in Landeck.