Annette Neubauer, So was von fies!
„Es gibt einen wichtigen Grundsatz in der Rechtsprechung: Niemand muss beweisen, dass er unschuldig ist“, erklärt Thomas weiter. „Das heißt: Jemand ist so lange unschuldig, bis andere seine Schuld beweisen, nicht umgekehrt.“ (38)
Sven kommt aus armen Verhältnissen, beide Eltern gehen zur Arbeit, während er immer wieder auf seine kleinen Geschwister aufpassen muss. Er ist der klare Außenseiter der Klasse, für den sich niemand interessiert und mit dem keiner was zu tun haben will. Vor allem Paul, Finn und Kärim haben es auf Seven abgesehen und verlangen von ihm, sie bei der nächsten Schularbeit in Mathematik abschreiben zu lassen. Als eines Tages Lauras Handy aus ihrer Tasche verschwindet, fällt der Verdacht sofort auf Sven.
Laura glaubt jedoch nicht daran, dass es sich bei dem Dieb um Sven handelt, auch wenn sie ihn sonst für einen merkwürdigen Einzelgänger hat, mit dem sie nicht gerade viel zu tun haben möchte. Nach Schulschluss geht Laura zu Sven, um mit ihm über das Handy zu sprechen, als Paul, Finn und Kärim dazu kommen und ihn wieder einmal bedrohen. Mit einem geschickten Trick kommt Laura Sven zu Hilfe und ermöglicht ihm die Flucht.
Laura findet es ungerecht wie alle Sven ablehnen und verdächtigen und überlegt, wie sie sich verhalten soll. Dabei hilft ihr ein Gespräch mit ihrem älteren Bruder Thomas, der selbst einmal in der Schule unschuldig verdächtigt worden war, gestohlen zu haben. Sie kommt zum Schluss, dass der wahre Dieb gefasst werden muss, um Svens Unschuld zu beweisen.
„Was soll das heißen? Soll ich heimlich die Sachen meiner Mitschüler durchwühlen?“ Sven bleibt vor Erstaunen der Mund offen stehen. „Und was heißt wir? Hast du vor mir zu helfen?“ (45)
Sven fasst einen Plan, mit dem er sich selbst in Schwierigkeiten bringen wird. Er entwendet den Schlüssel für die Umkleidekabine zum Sportunterricht, um heimlich während der Sportstunde die Kleidung von Paul, Finn und Kärim nach Lauras Handy zu durchsuchen. Laura lenkt währenddessen den Sportlehrer Brockmeier und die anderen Mitschüler ab, indem sie einen Ohnmachtsanfall vortäuscht.
Nach der Schule bittet sie Sven bei ihr zu Hause vorbeizuschauen und erfährt von ihm, dass er bei der Suche nach ihrem Handy in der Umkleidekabine von Finn erwischt worden sei. Dieser hat die Gelegenheit genutzt, um Sven zu erpressen. Laura und Sven fühlen sich zunächst am Boden zerstört. Aber Laura ist nicht bereit aufzugeben und fasst einen neuen Plan, mit dem sie Finn und seinen Freunden endgültig das Handwerk legen wollen.
Annette Neubauer erzählt die Geschichte eines Außenseiters an einer Schule, wie sie vielleicht gar nicht so selten vorkommt. Meist braucht es nicht viel, um in einem Klassenverband unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft zum Außenseiter gestempelt zu werden. Und auch der Weg vom Außenseiter zum Sündenbock ist dann meist nur mehr kurz.
Das spannend erzählte Kinderbuch zeigt auf, wie ein Mädchen, mit einem guten Gespür für Gerechtigkeit, den Teufelskreis aus Ablehnung und Demütigung durchbricht, indem sie ihre Haltung gegenüber dem „Außenseiter“ Sven nach und nach verändert, bis sie den Menschen hinter dem vorgezeichneten Bild des Außenseiters entdeckt.
Dabei erleben die jungen Leserinnen und Leser das zunehmende Spannungsverhältnis aus Lauras Verhältnis zu ihren alten Freundinnen und der beginnenden Freundschaft mit Sven hautnah mit. Ein spannender und empfehlenswerter Kinderroman, der geschickt eine Kriminalgeschichte mit einem Aufruf zu Mitgefühl und Zivilcourage verbindet und uns auffordert, hinter die eigenen Vorurteile zu blicken.
Annette Neubauer, So was von fies! Ill. v. Isabelle Dinter, ab 10 Jahren
Berlin: Ueberreuter-Verlag 2012, 118 Seiten, 9,95 €, ISBN 978-3-8000-5665-1
Weiterführende Links:
Ueberreuter-Verlag: Annette Neubauer, So was von fies!
Homepage: Annette Neubauer
Andreas Markt-Huter, 13-02-2013